1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 Ich lies das Schreiben von PHM Rund und einem weiteren Kollegen durchlesen. Änderte auf deren Rat einige Formulierungen und verschickte es am 17. Juli an den Sachbereich Personal.
In der Zwischenzeit hatte mir der Verbleib des Phantomschreiben keine Ruhe gelassen. Es musste doch in Erfahrung zu bringen sein, was es damit auf sich hatte. Ob es existierte und wenn ja wo es war. Dazu telefonierte ich am 15. Juli mit dem Justitiariat, an welches das Phantomschreiben angeblich weitergeleitet worden war. Mein Gesprächspartner dort, ein Regierungsamtmann (RA) Ton, wusste erstmal ebenso wenig wie Frau Hummel. Im Postverzeichnis des Justitiariats gäbe es keinen passenden Eintrag. Überhaupt habe er nichts vom Antrag mich oder sonst jemanden zu entlassen gehört. Was ich erzähle könne eigentlich sowieso nicht stimmen.
Er sei selbst längere Zeit im Sachbereich Personal gewesen. Dort würde regelmäßig geprüft bei welchen Beamten in den nächsten Monaten die Probezeit ablaufe. Dann würden deren Dienststellen gefragt, ob irgend etwas gegen die Anstellung spreche. Wenn ja müsse die Dienststelle die Verlängerung schriftlich beantragen und begründen. Der Antrag würde geprüft und gegebenenfalls eine Verlängerung der Probezeit verfügt. Welche anstatt der Anstellung, in der Regel schon Wochen vor Ablauf der Probezeit, an die Dienststelle geschickt und dem Beamten schnellstmöglich ausgehändigt würde. Wenn nichts gegen die Anstellung spreche würde die Anstellungsurkunde gefertigt, ebenfalls schon Wochen vor Ende der Probezeit an die Dienststelle geschickt und dem Beamten, bei Ablauf der Probezeit, ausgehändigt. Wenn, zwischen Versand der Anstellungsurkunde an die Dienststelle und Ablauf der Probezeit, etwas geschehe was der Anstellung im Wege steht müsse die Dienststelle den Sachbereich Personal unverzüglich informieren. Damit der kurzfristig eine Probezeitverlängerung verfügen könne. Solche Fällen seien sehr selten und es handele sich fast ausschließlich um kurzfristig bekannt gewordene Strafverfahren gegen den Beamten. So oder so hätte ich spätestens zum Ablauf der Probezeit am 14. Juni entweder meine Anstellungsurkunde oder eine Verlängerung der Probezeit erhalten müssen. Dass ich mehr als einen Monat überhaupt nichts erhalte sei geradezu unvorstellbar.
Die Ausführungen von RA Ton führten wieder zu der Frage, ob ich nicht vielleicht fantasierte. Da war nicht nur das Ausbleiben von Anstellung, Probezeitverlängerung oder Entlassung. Das Phantomschreiben war weder beim Sachbereich Personal noch beim Justitiariat bekannt. Existierte es am Ende gar nicht? Bildete ich mir nur ein, PK Stumm habe in einer Email etwas von einem Schreiben POR Fahles geschrieben? Hatte ich zum Ende der Probezeit etwas erhalten es aber, geringe Intelligenz geht ja oft mit einem schlechten Gedächtnis einher, wieder vergessen? War ich eigentlich schon entlassen? Allerdings war mein Gehalt für Juni und Juli 2009 pünktlich und in voller Höhe überwiesen worden. Was eigentlich die Hauptsache war. Die Lage konnte also nicht sonderlich ernst sein.
Zwar wusste ich immer noch nicht wo das Phantomschreiben war. Immerhin aber wo es wahrscheinlich nicht war. An sich war es auch nicht wichtig wo es war. Ich wollte nicht das Phantomschreiben, sondern meine Anstellungsurkunde. Dazu hatte mir ein Bekannter einen interessanten Vorschlag gemacht. Er war Jurist und als wir uns Ende Juni zufällig trafen kam die Auseinandersetzung um die Anstellung zur Sprache. Er meinte sich im öffentlichen Dienstrecht nicht auszukennen. Grundsätzlich könne POR Fahle mit der Anstellungsurkunde aber nicht machen was er wolle. Er habe sie lediglich bekommen um sie mir am 14. Juni auszuhändigen. Wenn er das nicht tue sei es möglicherweise eine Urkundenunterdrückung. Weshalb ich gegen POR Fahle eine Dienstaufsichtsbeschwerde anstrengen oder besser gleich Strafanzeige erstatten solle.
Tatsächlich stand im Strafgesetzbuch § 274 Absatz 1: „ Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. eine Urkunde oder eine technische Aufzeichnung, welche ihm entweder überhaupt nicht oder nicht ausschließlich gehört, in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt .“
Laut dem stellvertretenden Inspektionsleiters lag die Anstellungsurkunde seit Mitte Mai in der BPOLI S. Das passte zu RA Tons Aussagen über den normalen Ablauf einer Anstellung. Wonach die Urkunde in der Regel schon Wochen vor dem Anstellungstermin an die Dienststelle geschickt wurde. Dass die Urkunde immer noch in der BPOLI S war vermutete ich, weil sie ansonsten vermutlich an den Sachbereich Personal zurückgeschickt worden wäre. Laut Frau Hummel war dort im fraglichen Zeitraum aber kein Schreiben der BPOLI S eingetroffen. Gut ihr zu Folge war auch das Phantomschreibenn dort nicht angekommen. Der Leiter des Sachbereichs hatte es aber angeblich erhalten und vielleicht lag die Anstellungsurkunde dem Phantomschreiben bei. Für den Straftatbestand schien das ohnehin nicht wichtig. Die Urkunde gehört definitiv nicht POR Fahle. Nicht einmal „nicht ausschließlich“, sondern überhaupt nicht. Er hatte sie lediglich erhalten um sie mir nach Ende der Probezeit auszuhändigen. Gemäß RA Ton hätte POR Fahle, unmittelbar nachdem er Zweifel an meiner Eignung bekommen hatte, den Sachbereich Personal darüber informieren müssen. Der hätte dann eine Verlängerung der Probezeit verfügen und mir, statt der Anstellung, aushändigen lassen können. Das war nicht geschehen und der Verdacht, die Anstellungsurkunde würde ungerechtfertigt zurückgehalten, konnte da durchaus aufkommen.
Da ich eigentlich ein umgänglicher Mensch bin zeigte ich POR Fahle trotzdem nicht an. Deshalb und weil ich Schiss hatte, wenn ich POR Fahle wegen Urkundenunterdrückung anzeigte, würde das bei der BPOLD S keine Begeisterungsstürme auslösen. Sondern eher zur Verlängerung meiner Probezeit führen. Was die Anstellung anging war ich damals guter Dinge. Zwar war ich nicht angestellt. Aber mehr als sechs Wochen nach der Ankündigung mich zu entlassen oder zumindest die Probezeit zu verlängern war nichts dergleichen geschehen. So leicht wie POR Fahle sich das vielleicht vorgestellt hatte schien es nicht zu sein.
Das mögliche Vorliegen einer Urkundenunterdrückung lies die Ausbildungsschwerpunkte beim Grenzschutz in einem ganz anderen Licht erscheinen. Zumindest verglichen mit den Polizeien Bayern und Baden-Württemberg wurde in der Ausbildung sehr viel über die Strafprozessordnung und wenig über das Strafgesetzbuch gesprochen. Über die Gründe hatte ich mir bis dahin keine Gedanken gemacht. Es war halt so. Nun schwante mir, dass es dafür einen guten Grund gab. Eventuell sollten angehende Grenzschützer gar nicht alle Straftatbestände kennen. Damit sie nicht merkten wenn ihr Inspektionsleiter gegen einen davon verstieß. Was natürlich völliger Unsinn war. Schon weil Inspektionsleiter bei der BPOL keine Straftaten begingen. Allein dass ich auf so einen lächerlichen Gedanken kommen konnte bestätigte POR Fahles Vorbehalte gegen mich.
Weshalb ich über meine Bösartigkeit, schließlich hatte ich mir überlegt einen Oberrat anzuzeigen, über alle Maßen entsetzt war und am 16.07. den katholischen Seelsorger der BPOLD S, Pfarrer Kaufinger, verständigte. Vielleicht war ich ja vom Teufel besessen. Das sollte Pfarrer Kaufinger rausfinden und gegebenenfalls eine Teufelsaustreibung in die Wege leiten.
Ganz so war es nicht. Den Grenzschutzpfarrern wurde ein weit über ihre nominellen Befugnisse hinausgehender Einfluss nachgesagt. Einige gingen sogar so weit zu behaupten, wenn sich ein Pfarrer ausdrücklich gegen eine Personalmaßnahme ausspreche würde sie nicht verfügt werden. Das war umso bemerkenswerter weil die Pfarrer bei Personalentscheidungen nominell überhaupt nichts mitzureden hatten. Es war auch sicherlich eine Übertreibung. Allerdings gab es eine Reihe von Fällen in denen die Hilfe eines Pfarrer ausgesprochen nützlich gewesen war. Warum sollte der Pfarrer nicht auch mir helfen? Für Pfarrer Kaufinger entschied ich mich weil er direkt in der BPOLD S saß.
Читать дальше