1 ...7 8 9 11 12 13 ...19 »Ja?«
»Halte dich dicht bei uns. Ich gehe voran, anschließend meine Schwester und du passt auf das du uns nicht verloren gehst. Hier kann man schnell in Schwierigkeiten geraten, sind einige zwielichtige Leute heute unterwegs, klar?«
»Klar.« Sagte Saibo hektisch nickend und kaum hatte er das ausgesprochen, marschierte Hermes auch schon los. Zügig preschte er durch die Menge, ständig mit einem prüfenden, rückwärtigen Blick auf seine Schwester, welche grazil zwischen den Menschen hindurch schlüpfte. Saibo hingegen hatte sichtliche Probleme an ihnen dran zu bleiben. Das Drängeln und Schubsen verringerte seine anfängliche Zurückhaltung, sodass er die im Weg stehenden immer grober und ruppiger zu den Seiten weg schubste um Hermes und Mai nicht zu verlieren. Krampfhaft versuchte er sich auf die Zwei zu konzentrieren, doch immer wieder lenkten ihn die Menschen und die Parade ab. Riesige feuerbetriebene Paradeballons, in den Formen von Pferden und mystischen Wesen, glitten an den Festwagen befestigten Leinen über den Himmel. Feuerspiele ließen Saibos Augen glitzern. Flammen in allen nur erdenklichen Farben blitzten auf und wirbelten über die Festivitätsbesucher hinweg, um dann im Nichts zu verschwinden. Auch wenn Saibo Gaia hasste, so musste er gestehen, dass diese Parade ein wunderschönes Schauspiel war. Nie in seinem Leben, hatte so etwas beeindruckendes gesehen. Gen Westen kämpften sie sich durch die Straßen, die engen, unübersichtlichen Gassen weiteten sich und die Parade schien kein Ende zu nehmen. Die gesamte Stadt war erfüllt von den Lichtspielen und den atemberaubenden Konstruktionen die in titanischer Manier die Häuserschluchten durchquerten.
»Es ist nicht mehr weit.« Rief Hermes von vorn und das anstehende Erreichen des Hafens beschleunigte seine Schritte. Urplötzlich stoppte er mitten im Gang, so abrupt das Saibo mit Mai zusammenstieß.
»Was ist los?« Fragte der Rebell Hermes, welcher wie eine Statue in der Menge stand.
»Ganz ruhig.« Antwortete er. »Geh ganz langsam rückwärts...«
»Warum? Was ist?«
»Tu es einfach!«
Als Saibo sich gerade umdrehen wollte, packte ihn Hermes an der Schulter.
»Lauf!«
Ein konfuser Blick in den Bereich hinter ihn beantwortete Saibos Frage.
»Ist das Hermes!?« Zuckte ein junger, kahl rasierter Mann auf und zwei weitere, richteten sofort ihren Blick auf die Drei. »Holt Aga! Wir haben ihn!« Befahl der Dritte und ehe Saibo sich versah, rannten Hermes und Mai an ihm vorbei durch die Menge.
»Verdammt!« Stöhnte er erschrocken und hastete den Dieben hinterher. Wendig wie Wiesel flitzten sie. Menschen glitten vorüber, Flammen zischten vorbei.
»Schneller!« Forderte Hermes.
»Bleib stehen du Ratte!« Die Verfolger.
Sie rannten durch eine dunkle Seitenstraße und hechteten über die Obdachlosenbehausungen hinweg, bis zur anderen Seite. An ihrem Ende wartete die gleiche Szenerie wie zuvor.
»Da!« Schrie jemand von der Seite und es war Aga, den Saibo dort unverhofft erblickte.
Hermes Blick blieb an einem der Festwagen kleben und seine Lider zogen sich nachdenklich zusammen. »Kommt mit!«
Er rannte durch die Zuschauer hindurch, auf die offene Straße.
»Was hat er vor?« Fragte Saibo Mai, doch sie zuckte nur mit den Schultern und lief zu ihrem Bruder.
»Hey! Runter von der Straße!« Alarmierte einer der Soldaten neben dem Festwagen und marschierte schnurstracks auf sie zu.
»Übernimm du den!«Rief Hermes Saibo zu. Entschlossen zog dieser sein Schwert. Die Soldaten richteten ihre Blicke auf ihn. Im Augenwinkel sah er, wie Hermes den Festwagen erklomm.
»Was zum Teufel...?« Murmelte Saibo, doch blieb ihm keine Zeit, um den Satz zu Ende zu sprechen, denn von hinten stürmten Aga und seine Gefolgsmänner aus der Masse hervor und von vorn kamen die Soldaten. »Hermes? Ich könnte hier etwas Hilfe gebrauchen!«
»Komm rauf!« Hallte es zurück.
»Rauf?«
Saibo brauchte eine Weile um Hermes zu lokalisieren und er staunte nicht schlecht, als dieser gerade Mai in einen Korb auf dem Festwagen half, über dem ein riesiger Ballon in Vogelform schwebte.
Agas Männer standen nun auf der offenen Straße. »Und was wollt ihr?« Fragten die Soldaten sie und hörten auf Saibo zu beachten. Er nutzte den Moment ihrer Unaufmerksamkeit und hechtete den großen Festwagen hoch. Hermes und Mai kappten die ringsherum befestigten Seile des Korbes und schnitten um so schneller, als sie bemerkten das sowohl Agas Männer, als auch die Soldaten auf den Festwagen zu preschten.
»Verdammt! Was soll das werden!?« Fuhr Saibo Hermes an.
»Kapp das Seil!« Entgegnete Dieser. Eine gigantische Stichflamme brannte über den Dieben auf und Saibo kappte das letzte Seil. Rasant stieg der Ballon an.
»Stopp!« Schrien die Soldaten und Saibo sah hektisch umher. Der Korb stieg in die Lüfte. Knapp grapschte er sich das gekappte Ende des Seils und der Ballon riss ihn in die Höhe. Er sah hinab auf die schimpfenden Soldaten, welche in rasantem Tempo immer kleiner wurden.
»Verdammte Scheiße!« Fluchte er, während der Ballon immer höher stieg.
Mit zu ihm ausgestreckten Armen flehten Hermes und Mai »Komm endlich rauf!« »Nimm meine Hand!«
Zähne knirschend zog sich der Rebell das Seil hoch und packte Hermes Hand. Angestrengt stöhnte Dieser auf und zerrte ihn mit Mais Hilfe hinauf in den Korb.
Kapitel 6: Über den Wolken
Saibo brauchte eine Weile, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Noch immer zitterten seine Hände.
»Kann nix schief gehen?« Fragte er Hermes scharfzüngig.
»Wir sind in Sicherheit in einem Transportmittel, auf dem Weg nach Osten. Was willst du mehr?«
Saibo verharrte einen Augenblick wortlos und dachte nach. »Auf dem Weg nach Osten? Weißt du überhaupt, wie man das Ding steuert?«
Hermes machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und grübelte einen Moment. Schließlich zuckte sein Gesicht in ein amüsiertes Lächeln. »Nicht so wirklich.«
»Na wundervoll. Wir sitzen in einem Korb hunderte Meter über dem Erdboden und schweben irgendwo ins nirgendwo...«
»Komm mal wieder runter. Ich hab eine Karte dabei, wir finden den Weg schon.«
»Ich soll runter kommen? Ich glaube das geht schlecht hier oben in den Wolken!«
Besänftigend streckte Mai ihre Hände zwischen die Beiden. »Wichtig ist jetzt erst einmal, dass wir in Sicherheit sind. Wir sollten uns einen Moment Ruhe gönnen. Ich versuche in der Zwischenzeit herauszufinden, wie man den Ballon lenkt. Streiten bringt uns auch nicht weiter, schließlich sitzen wir alle im selben Boot.«
»Du meinst Korb!« Korrigierte Hermes feixend.
Grummelnd überhörte Saibo Hermes gescheiterten Witzversuch, spitzte die Lippen und kapitulierte leise mit einem »Na gut...«
Verträumt sah Saibo in die nicht allzu weit über ihnen stehenden Wolken. Ein leichter, kühler Wind zog durch den Korb, doch die Hitze des Feuers, welches über Ihnen in einer metallenen Konstruktion brannte, wärmte ihn. Die Sonne war bereits am Horizont verschwunden und ein beruhigendes Abendblau färbte den Himmel. Er beobachtete die ersten Sterne, die sich am Himmelszelt blicken ließen und dachte zurück an die Zeit in dem Rebellenlager und die Worte des alten Mannes, kurz vor seiner Abreise. »Was ist die Größe der Sterne, verglichen mit der Größe des menschlichen Geistes?« Es ließ ihn in eine melancholische Stimmung fallen und er presste die Lippen aufeinander, als er an Zaim zurückdachte. Hier oben fühlte er sich ihm nahe, denn er war sicher, das Zaim von hier auf ihn herabblickte und er würde alles daran setzen Zaims Tod einen Sinn zu geben.
»Also ich werd beim besten Willen nicht schlau aus dem Ding...« Sagte Hermes, während er an der metallenen Flammenkonstruktion rumfummelte.
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