10. Juli
Ein Arrestant stellte sich krank und ließ sich heute das heilige Abendmahl reichen, damit man ihn in ein zum Entlaufen bequemeres Gemach bringen sollte. Kaum ging der Diener ein wenig auf die Seite, so war der Kranke gesund und auf und davon. Seine Fesseln legte er eine halbe Stunde weit von hier auf den Weg. Nun lästert der Richter über den Arzt, der ihn für krank erklärte, über den Diener, der ihn entlaufen ließ, und über den Geistlichen, dass er den Betrug ebenfalls nicht merkte. Die Kinder der Welt sind und waren in ihrer Art schon lange klüger, als die Kinder des Lichts, und wenn jene diese mit ihrer Klugheit überlisten, so verwundert sich unser unser Pfleger und lästert.
11. Juli
Gott sind jene Leute, die von Ihm etwas haben wollen, lieber und willkommner, als die Ihm Etwas geben und bringen wollen. Der Pharisäer war in seinen Augen reich an Werken, und er wollte Gott auch davon bringen, opfern und geben. Aber Gott sagte: Ich mag nichts von dir. Der Zöllner kam arm und wollte von Gott Gnade, Verzeihung, Rechtfertigung; und Gott hatte Wohlgefallen an ihm. Er gab ihm, was er wollte und brauchte. Die Reichen gehen leer aus, die Armen voll. Die Reichen sind arm, die Armen reich. -
12. Juli
Es ist mir, als ob Gott immer freundlicher und herablassender gegen die Menschen würde. Im alten Testament schlug Gott immer gleich gewaltig drein, wenn die Menschen es oft nur ein wenig versahen. Im neuen sind die Schläge seltner, langsamer, bleiben oft gar aus. Im alten Testament machte sich Gott den Menschen nur als den Jehova, als den, der da ist, war und sein wird, als den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, bekannt. Im neuen lässt er sich Vater, Sohn, Bruder, heiliger Geist, Tröster nennen. Dies Alles ist ja viel freundlicher, herablassender. etc. -
14.Juli
Da haben sie (zwei Reisende) eben mein Geld gezählt. Aber, mein Gott! Es ist nicht mein Geld. Ich wünschte, ich hätte und brauchte es nicht, denn es ist ein elendes Ding um das mein Geld. Gott! Lass mich Dein sein; ich schenke dir heute noch all das Mein. -
15. Juli
Ich habe noch Etwas auf dem Herzen, sagte mir eben eine Person; aber ich darf es keinem Menschen sagen, auch Ihnen nicht und es drückt mich oft so sehr. So sag’s Gott! sagte Zobo; denn Gott darf man Alles sagen, Gutes und Schlechtes, Kleines und Großes, Alles... Jetzt sagte sie das Heimliche auch noch dem Zobo.
16. Juli
Die Pharisäer konnten dem Heiland auf die Frage: Was dünkt euch von Christo, wessen Sohn ist Er? keine rechte Auskunft geben, ob sie gleich immer von Ihm hörten und lasen. Es fehlte ihnen die überschwängliche Erkenntnis Christi (Phil. 3.). So gehts heute noch den meisten Christen, sie hören und lesen viel von Christo, sie lauten täglich dreimal den Englischen Gruß, sie lauten alle Wochen die Angst Christi, die Scheidung (Tod) Christi, sie hören und lesen alle Tage Messe, und doch können nur Wenige von und über Christum die rechte Auskunft geben. Es fehlt ihnen an der überschwänglichen Erkenntnis Christi; hätten sie diese, so würden sie mit Paulus alles Andere für Kot halten; da sie aber das Andere mehr freut, als Christus, so haben sie von Christo noch nicht die rechte Erkenntnis. -
17. Juli
Wenn ich an Sonn- und Festtagen bisweilen nach dem Gottesdienste in die Kirche komme, so sehe ich allerlei Leute, die einen Nachgottesdienst halten. Der betet den Kreuzweg, ein Anderer den Rosenkranz, wieder ein Anderer etwas Anderes. Da freut es mich, dass die Leute doch beten, und durchs Gebet gen Himmel steigen mögen, sei’s auf der Leiter des Kreuzweges, oder des Rosenkranzes oder einer andern Leiter, wenn nur hinaufgestiegen wird. -
18. Juli
Bei uns gibts Leute, die, wenn sie in eine geistliche oder leibliche Not kommen, nach Maria-Zell, nach Maria-Scharten, oder zu St. Roman oder zu einem anderen Heiligen laufen. Diesen Christenleuten muss ich zurufen: Lieben Leute! Was dünkt euch denn von Christo? Wessen Sohn ist Er? Euer Laufen verrät, dass ihr Ihn noch nicht kennt, dass ihr mehr Vertrauen auf seine Mutter und Heiligen setzt, als auf Ihn. Aber hat denn seine Mutter einmal gesagt: Kommt zu mir, ich will euch helfen, euch erquicken? (hat sie nicht gesagt: Gehet zu Ihm, was Er euch sagt, das tut?)
19. Juli
Wenn ein Gelehrter, ein Theolog bei seiner Theologie hoffärtig ist, so legt er dadurch an den Tag, dass er Christum noch nicht kenne. Denn wenn er Christum kennt, so weiß er, dass er ohne sich an Christum anzulehnen, weder gehen, noch stehen, weder etwas Gutes denken, noch wollen, noch tun könne. Folglich muss ihm alle Hoffart vergehen.
20. Juli
Das ist doch eine Narrheit, dass die Philosophen (Rationalisten) jene Obscuranten (Finsterlinge) heißen, welche die Sonne der Offenbarung (des Evangeliums) noch in der Hand und im Munde tragen. Das ist ja gerade so närrisch, als zu sagen: beim Nachtlämpchen sieht man besser, als bei der Sonne.
Philosophie - Nachtlampe.
Theologie - Sonne.
Was kann die Sonne dafür, wenn sie von den Wolken, was die Theologie, wenn sie von den Theologen verdunkelt wird?
21. Juli
Je früher sich ein Mensch bessert, desto besser für ihn. Aber besser spät, als gar nicht.
So sagte Zobo heute zu einem Menschen, der auf seinem Sterbebette wegen immer verschobener Buße verzweifeln wollte. Er fasste Mut und Vertrauen.
22 Juli
Christum im Herzen, und das Kreuz auf dem Rücken - heißt es bei allen wahren Christen.
22. Juli
Die Gnade von innen und die Schläge von außen ziehen, schlagen, treiben und tragen viele, ja fast alle Sünder zur Buße. Da fiel ein Nachtschwärmer, der eben seiner Lust nachlief, in den Brunnen. Halbtot heraufgezogen, erkannte und bekannte er seine Sünde, und die strafende und warnende Liebe Gottes.
Was das Gewissen und der Prediger nicht vermag, das vermag der Fall in den Brunnen.
24. Juli
Die Folgen der Sünde kommen öfter langsam, aber allemal gewiss. Der reiche Prasser praßte bis auf den Tag, wo er in die Hölle begraben ward. „Zwanzig Jahre lang habe ich schon so getrunken,“ sagte heut ein krank gewordener Vollsäufer, „und nie hat es mir etwas getan, als diesmal.“ -
25. Juli
Hätte man keine Leiden, so hatte man viel weniger Freuden. Hätte man keine Gemeinschaft der Leiden, so hätte man keine Gemeinschaft der Freuden. Dies empfand Zobo, als ihm die frohe Nachricht kam, dass (die verfolgten) S.**, B** und G**, wieder angestellt seien. Er empfand aber noch viel mehr.
26. Juli
Es ist eine Regel im Himmel und auf Erden: Wer bösen Samen aussäet, kann unmöglich gute Früchte ernten. Wer Böses denkt, redet und tut, kann unmöglich (dadurch) glücklich sein und werden. Das Weib Sünde zeuget dem Sünder allemal Kinder, die ihn stechen und martern werden.
27. Juli
Es gibt Weiber, die klagen und sagen überall, dass sie gar so liederliche Männer haben, welche immer nur spielen, saufen etc. Diesen sagt Zobo gewöhnlich: Lieben Leute! Dies Sagen und Klagen nützt euch und euren Männern nichts. Nehmet lieber eure Männer und traget sie, wie die Träger den Gichtbrüchigen alle Tage im Gebete dem Heilande vor; und wenn Jesus euren Glauben und eure Tränen sieht, so wird und muss er zuletzt sprechen: Sei getrost, meine Tochter! Ich will dir helfen und deinen Mann bekehren usw.
28. Juli
Weil ich einen schwachen und blöden Magen habe, so taugen die fettesten und nahrhaftesten Speisen gerade am wenigsten für mich; der Magen wird durch sie noch schwächer und blöder. Und weil ich ein Herz habe, das in der Demut nicht fest genug gegründet ist, so werden große Ehren, Titel und Ämter für mich auch nicht taugen.
30. Juli
Heute starb ein Windmacher plötzlichen Todes. Da machen die armen Menschen oft so viel Wind, und in drei Tagen liegt ihre äußere Herrlichkeit allemal im Gottesacker, - ihre innere (wenn sie sich nicht ändern) kann in puncto in der Hölle liegen. O wenn die Windmacher das bedächten!
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