Zügigen Schrittes wandelt die Gruppe weiter, vorbei an früheren Stadttoren und einem alten Stück Stadtmauer, das vermutlich die Zeit seit dem 14. Jahrhundert an der heutigen Ecke Wallgarten/Von-Behring-Straße überdauert hat. Doch das Melle aus dem Jahr 1818 ist nicht überall so deutlich sichtbar: Die kurzweiligen Beschreibungen des Lichtmachers regen die Fantasie an und lassen die Teilnehmer fragen: „Stand dort tatsächlich eine Burg? Stehen wir hier wirklich im früheren Wassergraben?“
Licht ins Dunkel bringt der Lichtmacher an einer alten Öllampe, die er mit dem Kienspan entzündet. Im flackernden Feuerschein erzählt Meyer über die ausgemusterte Straßenlaterne aus Oldenburg. Dort wurde Ende des 18. Jahrhunderts ein Gaswerk errichtet und somit die Straßenbeleuchtung von Öl auf Gas umgestellt. Durch geschickten Handel sei Melle an 16 der ausgemusterten Oldenburger Laternen gekommen, die bei Vollmond allerdings nicht angezündet wurden.
Nur wenige Häuser überstanden den großen Stadtbrand von 1720. An einem dieser Fachwerkgebäude legt der Lichtmacher mit der Gruppe eine Pause ein. (Carolin Hlawatsch)
Wem beim Blick in das heiße Feuer nicht warm wird, der freut sich über den Stopp an der alten Posthalterei. Das schöne Fachwerkgebäude überstand als eines der wenigen Häuser in Melle den großen Stadtbrand von 1720. Aus dem angrenzenden Gasthaus wird den Teilnehmern ein Kehlen-Wärmer gereicht. Nach dem Schnaps erfahren die Leute an weiteren Orten der Stadt Geschichten und Geschichtliches bis der Lichtmacher sie zurück zum Rathaus führt. Dort laden zahlreiche Restaurants rund um den Marktplatz ein, beim Abendessen die Führung mit all ihren Fakten und Anekdoten Revue passieren zu lassen.
Die Führung kann jederzeit auf Anfrage gebucht werden.
Kontakt: Stadtverwaltung Melle, Telefon: 05422 965311, info@stadt.melle.de, www.melle.infoKosten: je Gruppe bis 30 Personen 60 Euro Dauer: zwei Stunden Treffpunkt: am Rathaus in Melle am Markt 22. Nächste Parkplätze befinden sich an der Else-Allee und an der Straße Haus Walle.
Auf Erlebnistour mit dem Meppener Nachtwächter
Von Hermann-Josef Mammes
Meppen. Wer einmal auf den Spuren der Geschichte der Stadt Meppen wandern möchte, sollte nach Einbruch der Dunkelheit mit den Nachtwächtern die historische Altstadt erkunden.
Im Laternenschein werden die Gäste unterhaltsam an verschiedene Orte und Sehenswürdigkeiten geführt, die sie am Tag gar nicht oder vielleicht ganz anders wahrnehmen. Die Route führt vom historischen Marktplatz zur prachtvollen barocken Gymnasialkirche, der Probsteikirche und Rentei bis zum Zeughaus. Der jeweilige Nachtwächter weiß aber auch vieles Interessantes über berühmte Meppener Persönlichkeiten, wie zum Beispiel den „Petroleumkönig“ Wilhelm Anton von Riedemann zu berichten.
Unterwegs mit Hellebarde und Horn sind die Nachtwächter in Meppen. (Stadt Meppen)
Start des Rundgangs ist am historischen Rathaus – dem Wahrzeichen der Stadt. Es stammt aus dem Jahr 1408 und wurde auf großen Findlingen erbaut.1605 wurde der Bau um zwei weitere Stockwerke erhöht. Um eine größere Grundfläche für das zweite Geschoss zu erhalten, wurde dieses vorgezogen und auf vier Säulen gesetzt, die durch Rundbogen miteinander verbunden sind, sodass eine offene Laube entstand.
Auch darüber hinaus finden sich am Rathaus verschiedene Details, die Hinweise zur Geschichte der Stadt geben. So erinnert beispielsweise das Schiff auf der Turmspitze an die Zugehörigkeit zur Hanse und eine Marke unter den Arkaden an den Wasserstand während des Hochwassers im Februar 1946. Im Inneren befindet sich der historische Rathaussaal mit dessen bleiverglasten Fenstern.
Auf Wunsch reichen die Nachtwächter der Gruppe während des abendlichen Rundgangs durch Meppen ein „Moorwasser“ (emsländischer Kräuterlikör). Der Nachtwächterrundgang ist eine vergnügliche Tour in geheimnisvoller Atmosphäre durch die junge, moderne Stadt mit ihrer bewegten Geschichte.
Führungen sind täglich nach Voranmeldung möglich.
Kontakt: Tourist Information Meppen, Markt 4, Meppen, Telefon: 05931 153153, tim@meppen.deKosten: pro Person 5 Euro bei einer Mindestteilnehmerzahl von 8 Personen Dauer: rund 90 Minuten Treffpunkt :am historischen Rathaus
In Osnabrück werden Alltagsszenen aus der frühen Neuzeit lebendig
Von Almut Hülsmeyer
Osnabrück. Wie sah das Alltagsleben in Osnabrück vor 400 Jahren aus? Antwort auf diese Frage geben die Osnabrücker Stadtspieler auf einer rund zweistündigen Führung. Mit unterhaltsamen und humorvollen Theaterszenen entführen sie die Besucher ins ausgehende Mittelalter und in die frühe Neuzeit.
„Die Abwässer stinken absolument ekelhaft.“ Ein französischer Priester steht in brauner Kutte in der Osnabrücker Turmstraße. Neben ihm eine Nonne in Ordenstracht. Beide versuchen, sich in der für sie fremden Stadt zurechtzufinden. Ihr Urteil über Osnabrück, wo gerade die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden stattfinden, fällt alles andere als positiv aus. „Die Stadt ist schmutzig, und die Menschen leben mit den Tieren unter einem Dach“, kritisiert Abbé Joly, der als französischer Gesandter an den Verhandlungen teilnimmt und von der Nonne Émelie begleitet wird.
Die Stadtspieler Ralph Vorbach und Nicole Stahnke, die die beiden Figuren verkörpern, erinnern mit dieser Szene an das Ende des Dreißigjährigen Krieges und den Friedenskongress, der in Münster und Osnabrück stattfand. Den französischen Abbé Joly gab es tatsächlich. Seine Eindrücke der Friedensstadt hielt er schriftlich fest, sodass man heute noch nachlesen kann, dass der Osnabrücker Dom seiner Meinung nach „von gewöhnlicher Bauart“ war.
Vorbach und Stahnke gehören seit mehr als zehn Jahren zur 20 Mitglieder zählenden Gruppe der Stadtspieler. In bis zu fünf verschiedene Rollen schlüpfen sie während einer Führung. So spielt Stahnke nicht nur die Nonne Émelie, sondern auch die Schwester Karls des Großen, einen Soldaten, einen Trommler und die Frau eines Osnabrücker Bierbrauers. Ihr Job als Laienschauspielerin verlangt nicht nur Vielseitigkeit, sondern auch Schnelligkeit. Während die Teilnehmer nach jeder Szene Wissenswertes zur Stadtgeschichte und zum Alltagsleben der Osnabrücker erfahren, müssen sich die Stadtspieler in Windeseile ihr nächstes Kostüm anziehen.
Auf dem Heger Tor erwartet die Teilnehmer eine actionreiche Szene. Der Soldat und der Hauptmann des Bischofs liefern sich ein Gefecht mit dem Soldaten und dem Hauptmann des Rates. Am Ende des Kampfes liegen alle Männer tot auf dem Boden. Das Schauspiel ist eine Illustration aus der Zeit, als Franz Wilhelm von Wartenberg Bischof von Osnabrück war. „Er war ein Hardliner, der die Osnabrücker rekatholisieren wollte“, berichtet Stadtführerin Marion Hotfilter. Sie möchte Besuchern vor allem eine lebendige Führung bieten, die unterhält und Wissenswertes aus dem Alltagsleben der frühneuzeitlichen Stadtbewohner vermittelt.
Beispiel dafür ist die Episode, die Vorbach und Stahnke im Steinwerk spielen. Brauer Jakob versucht, ein vernünftiges Bier zu brauen, was ihm aber nicht gelingt. Ihm fehlt die Kräutermischung Grut, die im Mittelalter in Osnabrück zum Bierbrauen eingesetzt wurde und auf deren Vertrieb der Rat der Stadt ein Monopol hatte. Hopfen wurde von den Norddeutschen damals noch nicht zum Brauen verwendet.
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