Als regional verwurzelte Tageszeitung wollen wir Ihnen diese schönen und geschichtsträchtigen Orte näherbringen und Ihren Blick für unsere Region schärfen. Dazu haben wir in diesem Buch Berichte zusammengefasst, in denen unsere Mitarbeiter Schwerpunkte auf Stadt- und Ortsgeschichten sowie auf Geheimnisvolles und Sagenumwobenes gelegt haben. Erschienen sind diese Freizeittipps zumeist als thematische Serien in Mantel- und Lokalteilen.
Beim Lesen werden Sie feststellen: Es ging uns weniger um spektakuläre Ausflüge als vielmehr um Ziele, die einen Spaziergang zu einer kleinen Zeitreise machen können.
Ihr Ralf Geisenhanslüke
Chefredakteur, Neue Osnabrücker Zeitung
Einleitung: Geschichte(n) vor der Haustür
Von Sven Mechelhoff
Osnabrück trägt das berühmteste Kapitel seiner Geschichte schon als Untertitel auf dem Ortsschild: Friedensstadt. Die Unterzeichnung des Westfälischen Friedens 1648 ist aber nur ein kleiner Ausschnitt der Historie – auch geografisch.
Denn Osnabrück ist – genau wie das westliche Niedersachsen und das nördliche Nordrhein-Westfalen – von einer wechselhaften Vergangenheit geprägt. Davon zeugen Schlösser in Bad Iburg oder Sögel (Schloss Clemenswerth) genauso wie die Burg Bentheim oder das Gut Altenkamp in Papenburg. Außerdem sind wuchtige Steingräber wie in Ankum, Reste der Wittekindsburg in Rulle oder Funde keltischer Kultur bei Ostercappeln Beweise dafür, dass schon Hunderte und sogar Tausende Jahre vor dem Dreißigjährigen Krieg Menschen in der Region gelebt haben.
Stadtführer sind gute Wegbegleiter, um sich auf die Spuren dieser Geschichte(n) zu begeben. Für die meisten Beiträge im ersten Kapitel „Stadt- und Ortsgeschichte“ haben die Autoren an Touren teilgenommen und ihre Eindrücke notiert. Gelegentlich auch von historischen Nachtwächtern angeführt, reisten die Schreiber zurück in eine Zeit, in der Ratsherren in Osnabrück noch „Weinmänner“ hießen und in Lingen die ersten Kivelinge unterwegs waren. So werden die Mitglieder eines Junggesellenvereins der Stadt genannt, der sich im 14. Jahrhundert gründete.
Kapitel zwei widmet sich Schlössern und Burgen – den imposanten Schauplätzen zahlreicher Legenden. Und ebensolche bilden den Schwerpunkt des dritten Kapitels „Geheimnisvolle Orte“. Wer ihnen nachspürt, stößt auf die Namen von Karl dem Großen oder Klaus Störtebeker, erfährt von so geheimnisvollen Grüppchen wie den Sgönaunken und hört erstaunlich viele Legenden, in denen der Teufel eine Rolle spielt. Ein Teil dieser geheimnisvollen Orte verlangt Fantasie, wenn beispielsweise von ehemals eindrucksvollen Burgen nur noch Fundamente übrig sind. Doch alle laden dazu ein, eine andere Perspektive einzunehmen, um die Natur und Geschichte der Region neu zu entdecken.
1. Stadt– und Ortsgeschichte(n)
Mit den Nachtwächtern durch Papenburgs ältesten Stadtteil Aschendorf
Von Christoph Assies
Papenburg. „Hört ihr Leut und lasst euch sagen, die Uhr hat acht geschlagen“, hören Gäste in Papenburg von Heyo Strenge und Konrad Meyer. Die beiden Gästeführer sind im Auftrag der Papenburg Tourismus GmbH (PTG) als Nachtwächter unterwegs. Damit schlüpfen sie in einen Beruf, der mit den ersten größeren Städten im Mittelalter aufkam. In Papenburg gab es Nachtwächter im 19. Jahrhundert.
Im schwarzen Umhang, mit Hut, Laterne und Hellebarde, einer zwei Meter langen Hieb- und Stoßwaffe, sind Strenge und Meyer stilecht gekleidet und ausgerüstet. Vor einiger Zeit sind die beiden offiziell in die Deutsche Gilde der Nachtwächter, Türmer und Figuren aufgenommen worden. Der Verband hat es sich nach zur Aufgabe gemacht, Überliefertes zu bewahren.
Stilecht mit schwarzem Umhang, Hut, Laterne und Hellebarde drehen in Papenburg die Nachtwächter ihre Runden. (Papenburg Marketing / Ute Müller)
„Wir haben uns intensiv mit den Nachtwächtern von früher beschäftigt. Das Hintergrundwissen war uns wichtig, damit es nicht einfach nur Stadtführungen in einer Verkleidung sind“, sagt Strenge. Die Nachtwächter seien Vorbild für die heutige Polizei gewesen. „Sie haben die Stadttore geschlossen und die Menschen vor Gesindel, Landstreichern und Dieben geschützt. Gesellschaftlich besonders anerkannt waren sie deshalb aber nicht. Sie kamen gleich nach dem Henker“, erklärt Meyer.
Die „Anweisungen für die Nachtwächter in Papenburg“ von November 1874 werden im Osnabrücker Staatsarchiv aufbewahrt. Demnach waren die Wächter in der Winterzeit von Oktober bis April zwischen 22 und 4 Uhr und im Sommer zwischen 23 und 3 Uhr unterwegs. Ihre Route verlief dem historischen Dokument zufolge vom Ende des Hauptkanals bis zum Bahnhof. Die Friederikenstraße liefen sie bis zur Ortsgrenze von Bokel entlang.
Die Führungen mit den Nachtwächtern dauern eineinhalb Stunden und finden in Aschendorf donnerstags ab 20 Uhr in der Zeit von Juli bis Oktober statt. Mit ihnen geht es von der Amanduskirche durch den Ortskern bis zum Gut Altenkamp. „Wir möchten die Gäste in das Mittelalter entführen und begrüßen sie auch stilecht mit dem klassischen Sprechgesang der Nachtwächter. Im Verlauf der Führung werden die Gäste auch immer direkt mit einbezogen“, sagt Strenge.
Zu einem möglichen Nachtwächter in Aschendorf hat Strenge viel recherchiert. „Es soll hier in Aschendorf auch einen Wächter gegeben haben. Belegbares dazu habe ich aber nicht gefunden.“ Dennoch passe das touristische Angebot gut in den ältesten Papenburger Stadtteil. Gemeinsam mit seinem Kollegen Meyer ist Strenge auch Gästeführer im Besucherzentrum der Meyer Werft und leitet im Auftrag der PTG zudem Stadtrundfahrten und Stadtbummel entlang des Hauptkanals. „Mit dem Nachtwächter möchten wir allerdings den Gästen unserer Stadt etwas Besonderes bieten.“
Von Juli bis Oktober finden die Führungen immer donnerstags ab 20 Uhr statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich (Termine für Gruppen auf Anfrage). Kontakt: Papenburg Marketing GmbH, Telefon: 04961 83960, info@papenburg-marketing.de Kosten: 5 Euro pro Person Treffpunkt: St. Amanduskirche, Große Straße in Papenburg-Aschendorf
Aktivierung aller Sinne in Bad Essen
Von Carolin Hlawatsch
Bad Essen. In freier Natur die eigenen Sinne herausfordern, dabei zur Ruhe kommen und zugleich etwas über die Geschichte des Sole-Kurorts Bad Essen lernen – möglich ist das auf einer Führung über den Weg der Sinne mit 15 Erfahrungsstationen im westlichen Kurpark.
„Hier sollten Sie mal ganz tief durchatmen“, empfiehlt Ortsführerin Rixte Haro, als sie mit den Teilnehmern der Sinnesführung im Rund der Bad Essener Sole-Arena steht. Von den Wänden tropft und aus einem Brunnen in der Mitte sprudelt verdünntes Solewasser, und der aufsteigende Nebel umhüllt die Gruppe. Mit einem Salzgehalt von über 31,5 Prozent übertrifft Bad Essens Solequelle sogar das Tote Meer. Außerhalb der zur Landesgartenschau 2010 errichteten Sole-Arena warten noch weitere Stationen auf die Teilnehmer.
Zu Atemübungen in der Sole-Arena regt Gästeführerin Rixte Haro (links) an. (Carolin Hlawatsch)
Schon von Weitem leuchten sie einem entgegen, die knallbunten Farbsäulen, die das Auge mit Kalt-Warm- oder Hell-Dunkel-Kontrasten positiv beanspruchen. Durch ein Wasserprisma bestaunt die Gruppe, wie Licht in Regenbogenfarben zerlegt wird, und manch einem wird schummrig beim Betrachten der Drehscheiben der Sinnestäuschung. Gleichgewichtssinn ist auf der Balancierscheibe gefragt. Es verlangt viel Körperbeherrschung von den Teilnehmern, als sie sich auf die wackelnde Scheibe stellen und durch leichte Bewegungen versuchen, gerade zu stehen.
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