1 ...6 7 8 10 11 12 ...22 Jedes Paar hatte eigentlich einen anderen Namen und sie waren nicht miteinander, wie Ihre Pässe falsch auswiesen, verheiratet. Aber sie hatten einen echten und unumstößlichen Entschluss zu eigen: Nämlich das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte seit der Ära von Hitler und Stalin in diesen drei Urlaubswochen so weit durchzuplanen, dass es binnen der nächsten 36 Monate durchgeführt werden konnte.
Ihre Ziele waren hierbei die USA, Russland, Deutschland, England, Spanien und Frankreich. Sie alle kannten sich seit fast 15 Jahren und hatten Geduld gelernt. Denn sie wussten, dass große Terrorakte immer enorm viel Zeit von der Planung bis zur Durchsetzung benötigten. Auch war stets ein hoher Einsatz von Finanzmitteln hierfür erforderlich.
Diese fünf Paare waren ein essentieller Teil des Masterplanes von Saddam Hussein. Dieser selbst war intellektuell eher schlicht strukturiert, aber er hatte die Fähigkeit, Intelligenz bei anderen zu erkennen. Deswegen hatte er sie ausgesucht. Und pathetisch und großmäulig wie dieser Despot war, hatte er persönlich den fünf Paaren den Code-Namen „Die zehn Trompeten des Israfil“, jenes islamischen Erzengels Israfil, welcher das Jüngste Gericht mit seiner Trompete ankündigen wird, gegeben.
Er hatte sich von ihnen bei ihrem Leben schwören lassen, nicht zu ruhen, bis das Reich Allahs endgültig über die Welt ausgebreitet war.
Diese zehn Trompeten waren ein Ausbund an Gefährlichkeit und menschlichem Dreck.
Sie alle waren in den Ländern ganz oben in den Führungsspitzen, welche sie binnen der letzten fünfzehn Jahre infiltriert hatten. Ihr Machtbereich war somit umfassend, ihre Finanzkraft unermesslich.
Sie wussten genau, wie alle Sicherungsmaßnahmen der Streitkräfte ihrer eigenen Länder umgangen werden konnten.
Diese fünf Paare ließen sich, erneut völlig unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeiten, am Nachmittag des 7. Januar im Hotel Reservierungen zum Abendessen für das ab 18:30 Uhr stattfindende traditionelle „Old Lāhainā Polynesian Lūʻau“ geben. Dieses Abendessen ist eine Kombination aus Hula-Tanz-Vorführungen und traditionellem, hawaiischen Essen, bei welchem ein ganzes Kalua-Schwein in Bananen- und Ti-Blätter eingewickelt in einer Grube auf heiße Steine gelegt, mit Erde zugedeckt und über fast 10 Stunden durchgegart wird.
Es waren sicherlich weit mehr zweihundert Hotelgäste aus allen Ländern der Welt, welche sich an diesem Abend zu dem berühmten Abendessen auf der Sunset Terrace einfanden. Der Alkohol floss in Strömen, jeder redete und lachte mit jedem, und am Ende des Abends saßen alle fünf Paare, die vorher jedes einen eigenen Tisch hatten, zusammen an einem Tisch.
Und sie gaben sich gegenseitig eine Runde Drinks nach der anderen aus und vereinbarten, am nächsten Mittag miteinander Golf zu spielen.
Die drei Kellner, welche vorher an den verschiedenen Tischen diese Paare bedient hatten, versprachen sich, die Trinkgelder dieses im Laufe des Abend entstandenen Gelages zu teilen und José, der Dienstälteste, ein Filipino, sagte „Jungs, wir sind ein Platz für den Weltfrieden.
Hier reden und lachen sogar die tief verfeindeten Völker miteinander und schließen Freundschaften.“
Der Kellner Joey, der immer einen guten Spruch drauf hatte und vor Jahren schon aus Wichita, Kansas, nach Maui geflohen war, „denn in Kansas sind die Kühe schöner als die Frauen“ grinste und sagte „Ich wusste nicht, dass das Alkoholverbot im Islam nur innerhalb der Spuckdistanz um eine Moschee herum gilt.“
Ein vergnügter José, auf dem Weg zur Bar, um eine Runde neuer Drinks zu holen, ging an dem hünenhaften, afro-amerikanischen Chef der Security des Hotels, welcher ein wachsames Auge auf die fünf ungleichen Paare gehalten hatte, vorbei und sagte „Bruder, rege Dich ab, da gibt es keinen Stunk, da haben sich verschiedene Welten in ewiger Freundschaft gefunden.“
Er konnte ja nicht wissen, um welche Art von Freundschaft es sich hierbei handelte.
Diese Freundschaft hielt dann auch in den nächsten drei Wochen. Die fünf ungleichen Paare hatten jedoch bereits an diesem Abend ihr erstes Ziel erreicht: Sie hatten - völlig unverfänglich für Dritte – die Grundlage geschaffen, ohne Misstrauen ständig ihre Zeit zusammen verbringen zu können.
Ja, sie fanden sogar die Bewunderung der Gäste sowie des Hotelpersonals, wie sie trotz ihrer doch so unterschiedlichen Rassen und Mentalitäten dennoch so freundschaftlich untereinander und mit dem Personal, den Gästen, beim Golfen, oder beim Frühstück, Abendessen und an den Bars umgingen.
Jeden Tag arbeiteten sie an ihrem zweiten Ziel weiter:
Während sie tagsüber Golf spielten, gediehen ihre Pläne an den Massenmorden weiter und weiter. Jeder einzelne Planungschritt wurde detailliert ausgefeilt, und für jeden Schritt wurden alle möglichen und vorstellbaren Abwehrmaßnahmen des Gegners durchdacht. Auf dem Golfplatz konnten sie frei reden, denn dort gab es kein Risiko, dass jemand unbefugt zuhörte.
Jeden Abend saßen sie zusammen und schrieben die Ergebnisse ihrer Tagesarbeit auf. Anschließend fotografierten sie diese Aufzeichnungen und vernichteten alle Papiere, indem sie diese in winzige Stücke zerrissen und dann jeweils in verschiedenen Gästetoiletten im allgemeinen Bereich des Hotels wegspülten.
Sie hatten in den ersten zwei Tagen auf dem Golfplatz die grundsätzliche Zielrichtung und Ausführung skizziert und dabei zehn Problemkreise definiert.
Als Code-Wort, und durchaus mit hintergründigem Humor, hatten sie für ihre Probleme das Wort „Trompete“, gewählt. Somit wusste bei Nennung einer Trompetennummer zwischen eins mit zehn jeder von ihnen sofort, welcher Problemkreis gemeint war.
Kapitel 5
September 1972
München
Während der Olympischen Spiele 1972 in München kletterten acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“ um 4:10 Uhr am Morgen des 5. September 1972, dem islamischen Festtag der Himmelsreise des Propheten Mohammeds, über den Zaun bei Tor 25A und betraten das Olympische Dorf dort, wo die israelischen Sportler wohnten.
Die mit Sturmgewehren vom Typ AK-47 bewaffneten Geiselnehmer hatten keine Mühe, die israelischen Sportler zu überwältigen, da diese die Türen ihrer Appartements nicht abgeschlossen hatten.
Die Terroristen verlangten bis 9.00 Uhr morgens die Freilassung und das freie Geleit von 232 Palästinensern, die in israelischen Gefängnissen ihre Haft verbüßten, sowie die Freilassung der deutschen Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof, ebenso des japanischen Terroristen Okamoto Kozo.
Generell wurden damals die Sicherheitsbedingungen während dieser Olympischen Spiele bewusst locker gehalten, um mit „heiteren Spielen“ die positive Veränderung zu demonstrieren, die sich in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1936 vollzogen hatte.
So waren zum Beispiel tausende Polizeibeamte aus unterschiedlichsten Bundesländern unbewaffnet und mit modischen Straßenanzügen bekleidet als zivil anmutende Sicherheitskräfte eingesetzt worden.
Deutschland, nein, man kann sagen, die ganze Welt, war auf einen so feigen, so hinterhältigen Anschlag nicht vorbereitet und die dann durchgeführten Maßnahmen der deutschen Behörden können im Nachhinein auch nur als dilettantisch bezeichnet werden.
Jedoch, unabhängig von diesen Maßnahmen und in enger Abstimmung zwischen der deutschen und der israelischen Regierung unter dem Kanzler Willy Brandt und Frau Golda Meir, wurde zur Vermeidung zukünftiger Präzedenzfälle binnen zwei Stunden nach dem ersten Kontakt beschlossen, den Forderungen der Terroristen keinesfalls nachzugeben und die Geiselnahme gewaltsam zu beenden.
Es wurden mehrere Zeitverzögerungen der jeweiligen Ultimaten mit den Terroristen, welche nach Kairo ausgeflogen werden wollten, ausgehandelt.
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