Frau Mahler schenkte ihm lachend nach. „Ja mei, bei uns hier draußen auf dem Land, da gibt’s die halt noch, des war sicher ein Uhu! Und Fledermais, ham ma a! Haben`s keine gesehen?“
„Fledermäuse?“, krächzte Jerry schockiert. Nein, Gott sei Dank nicht! Bloß keine Fledermäuse, dachte Jerry mit Grauen und leerte sein Glas mit einem Schluck.
„Und, ham`s was Guats zu essen bekommen?“, fragte sie gutgelaunt und Jerry nickte, schon wesentlich beruhigter.
„Ja, des Essen war schon gut, aber die Leut, also verstehen`s mich nicht falsch, die waren nicht gerade freundlich, zu mir.“
Nun nahm Frau Mahler ihren Kopf verdutzt zurück. „Wos? Des gibt’s doch net! Der Xaver ist doch immer recht freundlich, zu den Gästen! Des kann i gar net glauben“, meinte sie ungläubig.
„Ich weiß auch nicht, also, vielleicht lag es ja auch an mir“, erwiderte Jerry und zierte sich ein wenig.
„Gä! Schmarrn! Des glaub i net! Sie san doch so a netter, junger Mann“, sagte die Pensionswirtin daraufhin und schenkte nach.
Jerry atmete tief durch und drehte nachdenklich das kleine Schnapsglas in seiner Hand. „Ja zuerst war er das auch, also, wenn Sie den Wirt damit meinen. Aber dann, hab ich die Kellnerin nach jemandem gefragt und des haben die in der Wirtschaft nicht so gut aufgenommen“, versuchte er sich zu erklären und sah sie direkt dabei an. „Frau Mahler, kennen Sie vielleicht eine Lissy Baierl?“
Frau Mahler zuckte kurz zurück, als sie den Namen hörte, stand sofort auf, holte sich selbst ein Glas und schenkte es randvoll. Sie setzte sich, kippte den Schnaps auf Ex weg und schnaufte tief durch. „Ich sag Ihnen jetzt was, des is ein gut gemeinter Rat, fragen`s lieber niemanden mehr, nach ihr!“
„Dann kennen Sie sie!“, sagte Jerry fast erleichtert klingend, doch sie schüttelte plötzlich ziemlich abweisend ihren Kopf und erhob sich wieder.
„Es ist scho recht spät, ich muss Sie jetzt alleine lassen, hab noch viel zu tun“, murmelte Frau Mahler ablehnend und Jerry griff schnell nach ihrer Hand.
„Bitte, Frau Mahler, ich seh doch an Ihrer Reaktion, dass Sie den Namen kennen“, sagte er bittend.
Frau Mahler blickte kurz zu Boden. „Ja, i kenn den Namen, aber mehr kann i Ihnen net sagen! Des war eine sehr unschöne Sache, damals, mit der Annelies und i kann Ihnen nur noch a mal raten, fragen`s nicht weiter! Die Vergangenheit, soll ma ruhen lassen!“
Jerry ließ ihre Hand nicht los und stand ebenfalls auf. „Frau Mahler, ich, also ich hab Ihnen nicht ganz die Wahrheit gesagt. Ich bin nicht zum Wandern hier“, raunte er entschuldigend und sah ihr mit einem treuen Hundeblick in die Augen. „Ich suche jemanden, einen guten Freund, vielleicht mein einziger Freund, Niklas Brunner, heißt er und er ist seit über einer Woche spurlos verschwunden. Das einzige, was ich weiß, ist, dass er sich mit einer Lissy Baierl treffen wollte, hier, in der Gegend! Bitte, Frau Mahler, wenn Sie was wissen, dann helfen`s mir, ihn zu finden“, bat er und sie holte tief Luft.
„Des kann i net, tut ma leid, aber i weiß nix, über Ihren Freund! Der Name sagt mir nix und jetzt muss i ins Bett! Gute Nacht, Herr Anders“, murmelte sie unbehaglich, entzog ihm ihre Hand und ließ ihn einfach stehen.
*
Es war zum Haare raufen! Jerry wanderte ruhelos in seinem Zimmer auf und ab, nahm dann sein Handy und wählte Maliks Nummer an.
„Ja, servus Jerry, schön, dass du dich mal meldest! Geht’s dir gut? Schöne Bilder, hast mir da geschickt“, legte Malik gleich los.
„Malik! Ja, servus! Jetzt hör mir mal zu“, rief Jerry ihn unterbrechend, „ich bin da auf einer heißen Spur! Wegen meinem Freund und dieser Lissy! Anscheinend, bin ich in der richtigen Ortschaft gelandet, zumindest kennen die hier diese Lissy! Hörst du?“
„Ja, sicher, hör ich dich! Und?“
„Die sind hier alle ganz komisch geworden, richtig abweisend und unfreundlich, als ich nach ihr gefragt hab, sag ich dir! Die wissen was, über sie! Aber keiner will mir was sagen!“
„Vielleicht warst nicht freundlich genug? Du bist immer viel zu direkt und unfreundlich, des sag ich dir immer wieder“, antwortete Malik belehrend.
„So ein Schmarrn! Ich bin nicht unfreundlich gewesen, gar nicht!“, meinte Jerry aufgebracht und Malik lachte schnaubend auf.
„Also wenn`sd wie immer warst, schon! Du gehst immer wie ein Dampfhammer drauf los! Du musst a mal ein bisschen feinfühliger werden, besonders bei den Einheimischen! Auf dem Land muss ma anders vorgehen“, belehrte ihn Malik schon wieder und Jerry war kurz davor, zu platzen.
Warum war er bloß so blöd gewesen, ihn anzurufen! „Jetzt halt a mal die Klappe!“, rief er in sein Handy, „ich möchte nur, dass du was überprüfst! Machst du des, für mich?“
„Also weißt, du bist echt unmöglich! Kein Wunder, dass keiner mit dir redet“, moserte Malik mokiert.
„Ja oder Nein?!“, wollte Jerry genervt wissen.
„Ja, freilich, also was?“, murmelte Malik angesäuert und Jerry musste sich nun wirklich zusammenreißen.
„Irgendetwas, ist wohl mit dieser Lissy mal gewesen und ich möchte dich bitten, zu recherchieren, ob da vielleicht irgendwas über sie gemeldet ist! Schau bitte mal nach und überprüfe eine Anneliese Baierl, ja?“
„Ok, wenn`s dich glücklich macht“, raunte Malik noch, bevor sie ihr Gespräch beendeten.
Jetzt konnte Jerry nur hoffen, dass Malik endlich mal seinen Arsch hochbekam und wirklich seiner Bitte nachging, denn etwas anderes blieb ihm im Moment nicht übrig. Hier, würde er wohl kaum weiterkommen mit seinen Nachforschungen und das bekam er auch gleich am nächsten Morgen zu spüren. Frau Mahler ließ sich nämlich nicht bei ihm blicken und ging ihm wohl augenscheinlich aus dem Weg. Sein Frühstück stand schon bereit und außer ihm befand sich nur noch ein älteres Ehepaar, zwei Touristen aus Norddeutschland, im Frühstücksraum.
Was sollte er jetzt tun? Die einzige, die ihm weiterhelfen konnte, war seine Pensionswirtin und so musste er wohl oder übel erneut versuchen, mit ihr ins Gespräch zu kommen! Nur wie? Sollte er ihr die Wahrheit sagen? Oder erst mal so tun, als ob nichts gewesen wäre? Er musste wohl seinen ganzen Charme bei ihr einsetzen und in den sauren Apfel beißen! Hatte sie ihn nicht darum gebeten, sie in seinem Mustang mitzunehmen?
Jerry verzehrte grübelnd sein Frühstück, stand dann auf und ging hinüber in die angrenzende Küche. Lässig lehnte er sich gegen den Türstock und klopfte an die geöffnete Tür.
Frau Mahler stand mit dem Rücken zu ihm an der Spüle und werkelte an irgendetwas herum, doch als sie sein leises Klopfen hörte, drehte sie sich zu ihm um und sah ihn misstrauisch an.
„Guten Morgen, Frau Mahler“, begrüßte er sie honigsüß und setzte ein schüchternes Lächeln auf.
„Morgen!“, brummte sie zurück und drehte ihm wieder den Rücken zu.
„Frau Mahler, entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie irgendwie gestern beleidigt haben sollte“, fing er vorsichtig an, stieß sich ab und kam näher.
„Brauchen`s noch was?“, fragte Frau Mahler ungewohnt abweisend, während Jerry sich neben sie stellte und sich mit dem Hintern gegen die Anrichte lehnte.
Mit gesenktem Blick schüttelte er seinen Kopf. „Nein, danke, das Frühstück war sehr gut. Frau Mahler, ich hab mir gedacht, also wenn`s ein bisserl Zeit haben, dann könnten wir eine kleine Spritztour machen, mit meinem Mustang. Wollen`s mitfahren?“, fragte er liebenswürdig.
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