„Jederzeit. Jetzt ist es am wichtigsten, dass er rausgeht.“
„Gut, also lass uns auf volles Sorgerecht gehen.“
„Okay, let’s do it.“
Ich war froh, dass der Entschluss gefallen war. Zu diesem Zeitpunkt sah ich den Antrag als Backup–Mechanismus für den Fall, dass meine Frau tatsächlich mit den Kindern Schwierigkeiten machen würde. Ich hatte nun Zeit gewonnen und das Notwendige getan, für den Ernstfall gerüstet zu sein.
Ich erkundigte mich bei Nancy, wie hoch die Kosten für das Verfahren seien. Sie meinte, für das Antragsverfahren müsse ich mit sechstausend Dollar rechnen. Was den Prozess angehe, habe sie, weil er ein internationaler sei, wenig Erfahrung. Ich solle mich aber auf fünfzigtausend Dollar einstellen, wenn wir die Sache bis zum Ende durchziehen müssten. Mir wurde etwas mulmig. Doch irgendwie würde ich diesen Betrag schon auftreiben. Schließlich ging es um die Kinder. Die waren wichtiger als Geld.
Auf der Fahrt ins Labor spielte ich mit dem Gedanken, ob ich meiner Frau die fünfzigtausend Dollar einfach geben und mir so den Umgang mit den Kleinen erkaufen sollte. Ich verwarf den Gedanken schnell. Wie ich meine Frau einschätzte, würde sie dann noch gieriger werden, würde immer mehr haben wollen und dafür Max und Moritz als Druckmittel einsetzen. Ich kannte meine Gemahlin! Gerade mit einem derartigen Angebot würde ich ihr zeigen, dass ich erpressbar und ihre Strategie die richtige sei. Nein, was ich und die Kleinen brauchten, war eine zuverlässige Rechtsgrundlage.
Tags darauf musste ich nochmals wegen des Antrags bei Nancy vorbeischauen. Er bedurfte eines notariellen Siegels und einer Bestätigung meines Arbeitgebers. Beides hatte ich im Institut erledigen können. Als ich den „besiegelten“ Antrag in Nancys Kanzlei abgab, sagte mir ihre Sekretärin, der „Boss“ wolle mich sprechen.
Diesmal empfing mich Nancy in ihrem Büro, dessen zwei im rechten Winkel aneinanderstoßende Außenseiten aus Fensterwänden bestanden, was den Raum licht und nicht so überfüllt aussehen ließ, wie er tatsächlich war: einen Schreibtisch konnte ich nicht ausmachen, nur einen riesigen Berg Akten, und dahinter Nancys Haar. Sie kletterte hinter ihrem Berg hervor, rückte sich unter anheimelndem Wackeln ihrer mächtigen Brüste die Bluse zurecht, und kam auf mich zu. Mit freundlichem Lächeln packte sie mich an der Schulter und gab mir einige Verhaltensanweisungen.
Sie wusste, dass ich in einem Hotel wohnte, und riet mir, möglichst schnell ein Haus mit Garten in einem guten Schuldistrikt zu finden – idealerweise in dem Distrikt, in dem die Kinder vormals die Schule besucht hätten. Dort seien die zwei bereits eingelebt und hätten etablierte Sozialkontakte. Das mache bei Gericht einen guten Eindruck. Ein Miethaus genüge. Ich nickte.
Und dann sei es wichtig, fuhr Nancy eindringlich fort, dass ich momentan nicht auf mein Recht beziehungsweise das, was ich als mein Umgangsrecht ansähe, bestünde! Insbesondere solle ich nicht mit zu großem Nachdruck auf dieses bestehen. Das sei zwar schmerzlich für mich, aber eben dieser Nachdruck könne, besonders, wenn er vom Vater ausgehe, als Nötigung oder gar Neigung zur Gewalttätigkeit ausgelegt werden. Und dies bekäme unserem Vorhaben sicher nicht. Außerdem könne meine Frau dann Verdacht schöpfen, dass unser Antrag unterwegs sei, und das wollten wir doch auch nicht. Nicht wahr? Sie lächelte. Ich nickte erneut.
Und war erleichtert, dass ich mich in besagter Richtung bisher zurückgehalten hatte. Seinerzeit, während der Weihnachtsfeiertage, als meine Frau mich die Kinder nicht hatte sehen lassen, hatte ich – zugegebenermaßen – einige Male schon mit mir zu kämpfen gehabt, nicht auf mein „Recht“ auf Umgang zu pochen. Aber ich hatte mich zurückgehalten, wenngleich dies eher geschehen war, weil ich auf die frischen Traumata nach der Trennung hatte Rücksicht nehmen wollen. Hatte ich mich also richtig verhalten!
Nancy schloss diesen Teil ihrer Beratung mit den Worten, am besten würde ich mich auf einen regelmäßigen telefonischen Kontakt mit den Kindern beschränken, und eben in den sauren Apfel beißen, wenn es einmal nicht so laufe, wie ich mir das vorstellte.
Im Verabschieden drückte mir Nancy einen Umschlag in die Hand. Er enthalte eine Anleitung, wie man eine „History of Marriage“ erstelle. In dieser solle ich meine Ehe schildern, besonders die für eine Scheidung relevanten Punkte, und zwar ehrlich! Ich sah Nancy unwillig an. Sie erläuterte, sie benötige diese History, um sich angemessen auf unseren Fall vorbereiten zu können. Ich machte mich noch in der gleichen Nacht ans Werk.
32 Der fröhlich schnelle Kellner in den Schweizer Bergen
Waltensburg/Vuorz, im Spätsommer des Jahres 2049
Nach den famosen Trauungsfeierlichkeiten fuhr das Brautpaar über Konstanz in die Schweizer Berge zum Ficken. Es, das Brautpaar, hatte sich in Waltensburg/Vuorz ein Zimmer gemietet, und zwar in einem Hotel, dem „Zum Theokratius“, wie sich Bernd, der Brauterich, zu erinnern glaubte. Schließlich kamen Bernhardine (die Bräutigammin) und Bernd an, stiegen aus aus dem Wagen, rannten mit fliegenden Schleiern hinein in das Hotel, und dann nach oben, in das Zimmer, stellten dort die Gepäcke ab, fickten einander, fickten einander, fickten einander, und wieder, und wieder, und begaben sich hernach in die Schankstube.
Sie waren jetzt hungrig und durstig. Und da kam auch schon der Kellner und stellte sich vor den Tisch. Er, der Kellner, fragte:
„Sie wünschen?“
„Ich hätte Sie/sie gerne mal gefickt“, erläuterte Bernd.
„Wie meinen?“, wunderte sich der Kellner, und griff sich an den Hosenlatz. Er, der Kellner, überlegte einen Augenblick, und eruierte: „Oder wenmeinten Sie, bitte?“
„Wir hätten gern einen Silvaner und zwei Bockwürste, bitte, Sie Arsch“, erklärte Bernd, und:
„ Daslässt sich einrichten, Sie Wichser“, der Kellner, und zog sich zurück.
Bernhardine betrachtete den Raum. Schön ist es hier! , dachte sie, und schaute weiter. Zur Geselligkeit war eine Strippercombo geladen, bemerkte sie. Also bemerkte sie, Bernhardine:
„Sieh nur, mein Schatz, sogar die Gäste strippen.“
„Und manche von ihnen essen sogar!“, nickte Bernd.
Der Kellner kehrte mit der Bestellung zurück, stellte sie ab, und begab sich zu den anderen Gästen. Als er sich der Geselligkeit angeschlossen hatte, wandte sich Bernhardine erneut an Bernd:
„Oh, der Kellner fickt den Gast fröhlich!“
„War dieser vorher traurig?“, schaute Bernd verwundert.
„Das kann ich dir nicht sagen“, zuckte sie die Schultern, „Aber der Kellner fickt fröhlich den Gast.“
„Besser gesagt, nicht nur er fröhlich, sondern auch den Gast fröhlicher“, nickte Bernd, „Er lacht jetzt richtig, der Gast!“
„So sieht es aus“, auch Bernhardine.
Bernd hob seinen Zeigefinger und korrigierte seine vorherige Aussage mit den Worten:
„Jetzt hingegen nicht mehr. Nun fickt der Kellner fröhlich den Gast ohnmächtig.“
„Stimmt!“, nickte Bernhardine (erneut), „Folglich ist jetzt nur noch der Kellner fröhlich, der Gast derweilen nicht.“
„Darin, also in beidem, stimme ich mit dir überein“, wiegte Bernd den Kopf, und zwar den seinen.
Der Kellner wandte sich einer Gästin zu.
„Oh, die fickt er aber schnell!“, reckte Bernhardine ihren Hals.
„Wieso?“, wunderte sich Bernd, „Sie hält doch still.“
„Ich meine, er fickt schnell vom Ficken her, und zwar die Gästin“, korrigierte nun Bernhardine ihre vorherige Aussage.
„Ja, wirklich schnell fickt er die Gästin“, nickte Bernd nochmals.
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