Das wird in der Praxis vor allem die wirklich wichtigen, existentiellen politischen Themen betreffen. Volksabstimmungen sind insoweit als Korrektiv zu den Entscheidungen der Berufspolitiker zu verstehen. Denn es wäre nicht sinnvoll, das parlamentarische System komplett abzuschaffen und über jede politische Entscheidung eine Volksabstimmung zu machen. Dafür sind es einfach zu viele und die meisten Entscheidungen sind auch nicht so bedeutsam, als dass sich die Mehrheit der Menschen dafür immer die Zeit nehmen würde, um sich einzuarbeiten.
Die Berufspolitiker können und sollen deshalb auch in Zukunft standardmäßig die meisten politischen Entscheidungen treffen und die entsprechenden Gesetze erlassen. Denn nicht alle von den Berufspolitikern gemachten Gesetze sind schlecht. Die „einfachen“ Menschen sollen jedoch die Möglichkeit haben, bei Bedarf die von den Berufspolitikern verursachten schwerwiegenden Fehlentwicklungen zu korrigieren oder bereits im Vorfeld zu verhindern. Es spricht nämlich viel dafür, dass Volksabstimmungen im Bereich der existentiellen politischen Fragen aus Sicht der „einfachen“ Menschen das bessere Entscheidungsverfahren sind.
Historisch gibt es viele Belege dafür, dass die große Mehrheit der „einfachen“ Menschen in den existentiellen politischen Fragen intuitiv die richtige Entscheidung trifft. Man denke nur an die Einführung des Euro 1999. Die meisten Menschen in Deutschland waren gegen die Abschaffung der DM. Die Berufspolitiker haben das ignoriert. Zehn Jahre später „verschleudern“ die Berufspolitiker für die „Euro-Rettung“ hunderte Milliarden Euro deutscher Steuergelder.
Obwohl die meisten Menschen in Deutschland nicht für die Schulden anderer Staaten haften wollen, beschließen die Berufspolitiker immer neue milliardenschwere „Rettungspakete“, „Rettungsschirme“ und „Stabilitätsmechanismen“ (ESM). Sollten die Berufspolitiker tatsächlich dazu übergehen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten aufkauft, droht eine hohe Inflation. Dann werden nicht nur die Staatsschulden entwertet, sondern wieder einmal auch die Ersparnisse der „einfachen“ Menschen. Doch nicht nur in finanziellen Dingen haben die „einfachen“ Menschen häufig ein besseres Gespür als die Berufspolitiker.
Bislang wurde noch kein einziger Krieg im Rahmen einer Volksabstimmung beschlossen. Für Kriege und andere von Menschen verursachten Katastrophen sind und waren bislang immer Berufspolitiker verantwortlich. Es sind stets Berufspolitiker, die einen Krieg beginnen, nie die große Mehrheit der „einfachen“ Menschen.
Berufspolitiker schieben alle möglichen Begründungen und sogar Lügen vor, um Menschen in anderen Ländern anzugreifen und töten zu lassen: „Der Irak verfügt über Atomwaffen!“, „Die Freiheit Deutschlands wird am Hindukusch verteidigt!“, „Nie wieder Auschwitz!“ usw. Seit einigen Jahren versuchen die Berufspolitiker, Kriege als „humanitäre Interventionen“ zu verkaufen.
Aber wie in all den Jahrhunderten zuvor geht es letztlich immer nur um die wirtschaftlichen Interessen der „Reichen“ oder die persönlichen Eitelkeiten und Privilegien der Berufspolitiker.
Die große Mehrheit der „einfachen“ Menschen will keinen Krieg. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte sich nicht einmal 1914 eine Mehrheit der Deutschen im Rahmen einer Volksabstimmung für den Kriegseintritt des Deutschen Reiches ausgesprochen. Zwar gab es damals durchaus eine gewisse Kriegsbegeisterung, vor allem in der großstädtischen Mittel- und Oberschicht. Aber angesichts von 67 Millionen Einwohnern war das trotzdem nur eine kleine Minderheit. Dass die Bevölkerung keinesfalls geschlossen für den Krieg war, belegen schon die Anti-Kriegs-Demonstrationen, die es ab Ende Juli 1914 gab.
Die große Mehrheit der „einfachen“ Menschen wird im Rahmen einer Volksabstimmung nie dafür stimmen, einen Krieg zu beginnen oder einen Völkermord zu verüben – vorausgesetzt, es kommt zu einer fairen Abstimmung ohne massive Propaganda seitens der Berufspolitiker. Die meisten „einfachen“ Menschen haben gar kein Interesse daran, andere Länder zu überfallen oder andere Menschen auszurotten. Sie wollen einfach in Frieden leben.
Was nützt es einem Dorfbewohner, wenn „Lebensraum im Osten“ gewonnen wird? Was interessiert es einen Familienvater, ob sein Nachbar Schweinefleisch isst und Alkohol trinkt? Fragen über Krieg und Frieden oder Entscheidungen, die den Wohlstand, die Gesundheit und die Sicherheit der „einfachen“ Menschen extrem gefährden, sollten deshalb nicht länger vom Willen der Berufspolitiker abhängen.
Des Weiteren sind die Berufspolitiker in den wirklich wichtigen, existentiellen politischen Fragen gar nicht in der Lage, bessere Entscheidungen zu treffen, als die große Mehrheit der „einfachen“ Menschen. Solche Entscheidungen sind in der Regel viel zu komplex, als dass im Voraus das richtige Vorgehen durch rationale Analysen vorhergesagt werden kann. Trotz ihrer vielen Berater können die Berufspolitiker in diesen Fragen keine qualitativ besseren Entscheidungen treffen, als die „einfachen“ Menschen.
Es gibt daher keinen vernünftigen Grund, warum die Menschen in diesen Fällen nicht selbst bestimmen sollen, was gemacht wird. Wenn sich die Menschen für eine Alternative entscheiden, die später negative Folgen hat, dann müssen sie diese Folgen eben tragen. Aber dann weiß jeder, dass es auf einer eigenen Entscheidung beruht. Das ist wesentlich einfacher zu akzeptieren, als wenn einige wenige Berufspolitiker entscheiden, die in dieser Frage auch nicht kompetenter sind.
Das zeigt sich ganz deutlich im Zusammenhang mit der „Euro-Rettung“. Kein Berufspolitiker weiß, wie man die „Euro-Krise“ sicher oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit beenden kann. Stattdessen stochern sie alle im Nebel und probieren die unterschiedlichsten Maßnahmen aus. Kein Mensch kann heute sicher vorhersagen, welche Entscheidung die bessere ist. Alle Alternativen bergen Risiken.
Und deshalb sollten die 80 Millionen Menschen in Deutschland selbst entscheiden, ob sie den Euro retten wollen und dafür eine gigantische Staatsverschuldung und eine hohe Inflation in Kauf nehmen, oder ob sie lieber aus dem Euro aussteigen bzw. einzelne Krisenländer pleite gehen lassen wollen – mit allen dabei möglicherweise entstehenden Folgen.
Abgesehen davon gibt es noch mindestens drei weitere gewichtige Gründe, warum es rational sinnvoll und vernünftig ist, in Deutschland Volksabstimmungen einzuführen: (1.) Berufspolitiker handeln vor allem egoistisch. (2.) Eine rein parlamentarische Demokratie funktioniert nicht. (3.) Wahlen ändern daran nichts.
Berufspolitiker handeln vor allem egoistisch
Wenn man das Verhalten und die Entscheidungen der Berufspolitiker betrachtet, drängt sich der Eindruck geradezu auf, dass diese vor allem egoistische Motive verfolgen und deshalb nicht das Wohl des deutschen Volkes zum Maßstab für ihre Entscheidungen machen, sondern den eigenen Vorteil. Das hat zur Folge, dass Entscheidungen, die zwar das Wohl der „einfachen“ Menschen mehren würden, aber zugleich Nachteile für die Berufspolitiker mit sich brächten, von den Berufspolitikern im Bundestag nicht beschlossen werden.
Natürlich kann man nicht in den Kopf der Berufspolitiker hineinsehen. Aber es gibt eine ganze Reihe von Indizien, die darauf hindeuten, dass Berufspolitiker überproportional egoistisch veranlagt sind und deshalb in den entscheidenden Momenten nicht gemeinwohlorientiert handeln, sondern egoistisch. So führt zum Beispiel das geltende Wahlrecht dazu, dass hauptsächlich solche Personen als Abgeordnete in den Bundestag einziehen, für die Politik nicht Dienst am Gemeinwohl ist, sondern die Chance, sich persönlich zu bereichern.
Nach dem Grundgesetz kann prinzipiell jeder volljährige Deutsche Abgeordneter im Bundestag werden. Er oder sie muss nur gewählt werden. Und die wichtigste Voraussetzung um gewählt zu werden, ist, dass man von einer der etablierten politischen Parteien unterstützt wird. Man kann zwar auch als unabhängiger Einzelbewerber oder für eine kleine oder neue Partei antreten, aber in den letzten 60 Jahren zogen ausschließlich solche Kandidaten in den Bundestag ein, die von CDU, CSU, FDP, SPD, Grünen oder der Linken unterstützt wurden.
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