Er hielt Mam wie mit einem Schraubstock am rechten Arm umklammert, sodass sie sich ihm unmöglich entwinden konnte. In ihrem Gesicht zeichneten sich Angst, aber auch Entschlossenheit, greifbare, spürbare Entschlossenheit, deren Quelle Charms nicht ausmachen konnte. Noch nie hatte er seine Mutter so gesehen.
„Ich habe nichts gesagt“, flüsterte Mam mit stählernem Trotz, der charakteristisch stark an Peter erinnerte. „Rein gar nichts.“
Sie versuchte, Joes Hand abzuschütteln, doch der war bedeutend stärker als sie und scheinbar fest entschlossen, das in diesem Augenblick auch mit aller Macht zu demonstrieren.
„DAS WILL ICH DIR AUCH, VERDAMMT NOCH MAL, GERATEN HABEN!“
„Onkel Joe!“ Charms sprang dazwischen. „Lass sofort meine Mutter los, hör auf damit!“
Zu seiner vollkommenen Verblüffung leistete Joe seiner Aufforderung Folge und löste seine verdickten Finger von Mams Handgelenk, konnte den giftigen spöttelnden Ausdruck, der sich in sein Gesicht gefressen zu haben schien, jedoch nicht abschütteln.
„Tut mir leid, Charms“, sagte er und ein klangvoller Hohnakkord schwang in seiner Stimme mit. „Natürlich lasse ich deine Mutter los. Wenn du es sagst.“
„Du Bastard“, flüsterte Mam kaum hörbar. „Du verfluchter Bastard.“
„Du gehst jetzt wohl besser“, sagte Joe forsch, ohne Hinweis, ob er sie gehört hatte oder nicht. „Und zwar gleich, sonst hole ich den Sicherheitsdienst.“
Kurz sah Mam aus, als wollte sie etwas erwidern, ließ es dann aber sein und schloss Charms ein letztes Mal lose in die Arme, bevor Joe reagieren konnte.
„Denk daran“, wisperte sie ihm ins Ohr. „Und sag Peter, dass es mir leid tut.“
„Was…“
„Maria!“, polterte Joe, und sie drückte Charms einen eiligen Kuss auf die Wange, löste sich von ihm und wurde von zwei schwarz gekleideten Gestalten unter Charms‘ entgeisterten Blick vom Set geführt.
Seine Mutter und Joe hatten in der Vergangenheit häufig gestritten, nie jedoch war er dabei so außer sich gewesen, niemals handgreiflich geworden. Und er kannte Joe schließlich sein ganzes Leben lang. Früher, als er und Peter noch jünger gewesen waren, war er tagein tagaus zu Besuch bei ihnen gewesen. Der alte Freund seiner Mutter, mit dem sie sich gerne zu einem nachmittäglichen Kuchen zusammengesetzt und in Ruhe ihren Kaffee geschlürft hatte. Charms verstand die Welt nicht mehr.
„ Versuch, zu entkommen“, hatte Mam gesagt. „Nimm Peter mit und versuch, zu fliehen.“ - „Sag Peter, dass es mir leid tut.“
Dass ihr was leidtat? Er sollte versuchen zu fliehen? Wovor? Wohin?
„Reizender Auftritt, hm?“, brummte Joe und durchschnitt damit die konfuse Spirale aus Fragen, die sich zunehmend in Charms‘ Kopf verflocht. Die hohngetränkte Maske der vergangenen Minuten hatte er abgelegt. Sie hatte Charms Angst eingejagt, auch, wenn er sich schwer eingestehen konnte.
Mit der Hand fuhr Joe sich über das aufgedunsene Gesicht und machte dabei einen zusehends erschöpften Eindruck. „Sie steht neben sich. Ich sollte mal wieder nach ihr sehen. Geht ihr offenbar an die Nieren, dass Peter und du weg seid.“
„Dann lass sie doch von Zeit zu Zeit vorbeischauen, wäre das wirklich so…“
„Es ist gegen die Vereinbarung!“, blaffte Joe, mäßigte sich wieder und glättete seine kraus gezogene Stirn. „Charms, wir bringen hier dein Leben auf die Leinwand und es soll deinem Leben auch entsprechen. Szenen, die nicht gefilmt werden, beeinflussen dich und verfälschen das Endergebnis. Sieh dich nur an, wie dich ihr Besuch aufgewirbelt hat! Gönn dir jetzt besser eine kleine Pause, du warst gut in dieser Szene. Peter wartet vermutlich schon auf das Action für seine nächste. Ruh dich aus, wir sehen uns später.“
Damit ließ Joe ihn stehen und stampfte vom Schauplatz, während das Team Charms deutete aufzubrechen, um möglichst zeitig wieder ans Set zu kommen.
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