Jo hat die Szene noch lebhaft vor Augen. Er, so richtig schön stoned, kam im frühen Rot des Morgengrauens nach Hause, eine ebenso voll zugedröhnte, leidlich attraktive Braut im Schlepptau. Zum Runterkommen haben sie erst noch einen opulenten Joint inhaliert und dann beim diffusen Flimmerlicht der Glotze eine gemütliche Nummer geschoben. Ein Mann sieht rot, ja genau, so hieß der Streifen. Das wäre übrigens auch ein passender Titel für Tarzans Memoiren. In dem bluttriefenden Reißer nimmt Rächer Bronson das Gesetz höchstselbst in die Hand und macht dabei keine Gefangenen. Selbstjustiz und Lynchmobs, ja, darauf stehen diese waffengeilen Amis.
Und Tarzan auch. Wenn man den mal in Aktion gesehen hat, das vergisst man nie wieder. Es gibt Bilder, die wird man nicht mehr los, die prägen sich kratertief in die Hirnrinde ein, wie auf Lebenszeit ins Gedächtnis tätowiert.
Die Erinnerung an einen von Tarzans symptomatischen Ausrastern beschert Jo immer noch eine Gänsehaut. Sein von abgrundtiefem Hass verzerrtes Gesicht, als dieser rasend wie ein Berserker auf einen Bullen eindrosch, wird er mit Sicherheit niemals vergessen. Inmitten der eigentlich harmlosen Demo am 1.Mai, mit der die linke Szene alljährlich sich selbst und natürlich den sogenannten internationalen Kampftag der Arbeiterklasse feiert, befand sich Tarzan im Blutrausch. Er schien sich ganz in seiner eigenen, hermetisch abgeschlossenen Welt zu befinden.
In einem aberwitzigen Tempo schlug er immer wieder mit einer Eisenstange zu. Eine Szene, die surreal wirkte und Jo an einen dieser alten Schwarzweißfilme erinnerte, die damals mit weniger Bildern aufgenommen wurden und heute bei der Wiedergabe zu schnell laufen. In Jos Augen gebärdete sich Tarzan wie ein tobsüchtiger, aber äußerst gefährlicher Irrer, als er wie ihm Wahn und dennoch gezielt, sogar regelrecht systematisch, die wunden Punkte unter der Kampfmontur seines Gegners anvisierte. Er glich einem ferngesteuerten Kampfroboter, dem die Sicherung in dem Moment durchbrannte, als er gerade auf ein Maximum an zerstörerischer Effizienz programmiert war.
Auch im Nachhinein findet Jo seine auf das Wesentliche reduzierten Bewegungsabläufe in hohem Maße erschreckend. Als besonders unheimlich empfindet er die offensichtliche Tötungsabsicht. Es ging Tarzan nicht darum, jemanden Angst zu machen und ihn in die Flucht zu schlagen. Sein Handeln war geprägt von nackter Mordlust.
Als der Helm des Cops schließlich mit einem hörbaren Knacken in zwei Teile zersprang, zog einer seiner hysterisch schreienden Kollegen seine Dienstwaffe und schoss zur Warnung in die Luft. Aber Tarzans Hass war stärker als seine Angst. Völlig unbeeindruckt und brüllend wie ein wilder Stier, ging er zielstrebig auf den Typen mit der Knarre los und hat auf dessen Helm weiter gemacht, bis auch dieser in die Brüche ging. Eine Szene, die Jo stark an ein mittelalterliches Schlachtfeld erinnerte. Mann gegen Mann und kein Pardon.
Nach einer Weile hörte das Bullenschwein auf, zu quieken und lag mucksmäuschenstill, wie tot auf dem Boden. Doch selbst der regungslose Körper löste bei Tarzan keinerlei Mitgefühl aus. Dafür wurde es seinen militanten Kumpels aus dem schwarzen Block nun doch zu viel. Und die sind wahrlich nicht zimperlich in puncto Gewalt gegen die uniformierte Staatsmacht. Jedenfalls sind sie eingeschritten und haben das Massaker beendet. Sechs ganze Kerle mussten alles geben, um dem Springteufel Tarzan die Eisenstange zu entwinden und ihn zur Räson zu bringen.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.