1 ...8 9 10 12 13 14 ...33 Esther gab zu bedenken: „Das weißt du ja nicht. Das Mädel hat dir doch erzählt, sie hätte durch vögeln. de so gut verdient. Das Risiko musst du eingehen oder nicht. Aber was willst du machen? So geht es doch auch nicht.“
„Ja, du hast recht. Mach ich auch. Versuch macht klug. Zeitungswerbung ist viel teurer. Kann ich ja notfalls immer noch machen. Ja- sag nix- ich weiß, ist zu riskant. Also zahl ich das gleich mal ein und dann fahr ich zur Bea. Hi hi, ich hab mir geile Unterwäsche gekauft, ich muss bessere Fotos machen. 2 Garnituren, weiße fast durchsichtige, und grüne mit Spitzenhöschen. Also, bis morgen, meine Süße.“ Freute ich mich schon auf die Abwechslung.
Das Wochenende verbrachte ich bei Rabea und Rubina. Wie so oft passte ich auf die Kleine auf weil mal wieder eine Ü30 Party in der nahegelegenen Disco angesagt war, zu der meine Tochter mit Freunden ging. Das kam so 2-mal im Monat vor und ich fühlte mich dabei sehr wohl an dem Aufwachsen der süßen Kleinen teilhaben zu können.
Den langweiligen Sonntagnachmittag konnten wir wegen der Kälte nicht mit meiner Lieblings-Sonntags-Beschäftigung, die Trödelmärkte der Umgebung zu durchstöbern ausfüllen, aber dafür mit den Aufnahmen in meiner neuen Unterwäsche. Damit hatten wir ausreichend zu tun.
Zum Schluss schickten wir noch einige der Fotos ins Netz, so dass ich mein Profil zusätzlich um ein paar neue Bilder erweitert hatte. In schwarzen halterlosen Strümpfen, Pumps und den Spitzendessous, mal liegend, sitzend oder stehend, jedoch immer ohne Kopf, fand ich das Ganze sexy und ansprechend. Nun musste doch jede Menge Kundschaft kommen.
Aber der Wochenanfang war eine Enttäuschung. Den Montagvormittag hatte ich wieder mit Behördenbesuchen und Wohnungsbesichtigungen ausgefüllt und den restlichen Tag schlug ich mit Hausarbeiten die Langeweile tot.
Abends jedoch bekam ich die ersten Emails auf meine Anzeige bei vögeln.de.
Ich amüsierte mich über die Nicknamen oder Fotos und wunderte mich teilweise darüber was Männer so alles wünschten, möglichst umsonst. Langsam machte ich mich mit der Handhabung dieses Forums vertraut, fand heraus, dass die Sache nicht uninteressant aufgebaut war. So konnte man in den Profilen das Alter- Sternzeichen- Familienstand, Körpergröße und Gewicht, die Haarfarbe und -länge, ja sogar die Penislänge und den Durchmesser, die sexuellen Vorlieben und Wünsche der Männer lesen. Auch der Wohnort war angegeben, und eine Beschreibung der eigenen Person, sowie was der jenige suchte. Mann oder Frau, Homos- Heteros- Paare oder Transsexuelle, sogar gleich mehrere Wünsche waren möglich. Selbst welche Art Kontakt man bevorzugte- ein One Night Stand, Affäre, Seitensprung, Partnertausch oder Beziehung, oder gar nur eine Begleitung in ein Pornokino oder Swingerclub? Nichts war unmöglich bekannt zu geben.
Man konnte genau sehen wann wer Interesse gezeigt und das Profil besucht hatte, denn sogar die letzten 150 Profilbesucher waren gespeichert um die Kontaktaufnahme noch zu einem späteren Zeitpunkt zu ermöglichen. Die Chatpartner konnte man sich aussuchen und wenn man keine Lust hatte eine Mail zu beantworten konnte man einen „Nein danke“ Button anklicken und die freundliche Erklärung dass man nicht interessiert war kam automatisch vom Provider. Praktisch.
Ich war fasziniert von der Vielseitigkeit dieses Werbe-Forums und beantwortete die ersten Anfragen, die sich den telefonischen Fragen auf die Zeitungsinserate ähnelten. Nach dem Preis, dem Leistungsangebot und zu welchen Zeiten man empfangsbereit war.
Es war witzig von einem „Ladyficker“ oder „Kuschelhase“ oder „Immernurgeiler“ angeschrieben zu werden, die unmöglichsten Namen gab es, was mich köstlich amüsierte. Allerdings war es gewöhnungsbedürftig wie direkt sich manche Männer ausdrückten. „Fickst du nur mit Gummi? Kann ich dir in den Mund spritzen und schluckst du auch? Ich liebe Analverkehr, du auch?“ waren nur einige der Anfragen, die ich nicht so prickelnd fand.
Freundlich lieb und nett schrieb ich den Interessenten zurück. Zwischendurch feilte ich noch ein wenig an meinem Profiltext und fand dass mir meine selbstgebastelte Werbung recht gut gelungen war. Zwar hätte ich gerne schon ein paar Termine vereinbart, aber trotzt der Interessenten ging ich, ohne ein Ergebnis zu erzielen spät nachts ins Bett. Die Zeit war verflogen.
Ein Norbert rief mich recht früh an und vereinbarte einen Termin für 14 Uhr. Erst nachdem ich ihm schon die Adresse genannt hatte fragte ich nach seiner Herkunft und erfuhr erschrocken dass er ein paar Straßen weiter wohnte.
Zu spät etwas zu ändern, war ich ärgerlich über meine eigene Oberflächlichkeit, denn aus meiner Heimatstadt wollte ich eigentlich keinen Kunden haben.
„Ach Quatsch!“ sagte Esther, als ich ihr telefonisch meine Bedenken erzählte. „Was soll das? Erst jammerst du, dass du nicht klar kommst und jetzt willst du nen Hunderter sausen lassen weil der in der Nähe wohnt? Blödsinn, warum? Meinst du der geht damit hausieren, dass er fürs Poppen bezahlt. Das kann der sich sicher nicht erlauben. Vermutlich hat er Familie oder vielleicht muss er auch aus beruflichen Gründen schweigen. Egal- da passiert nix. Du musst alles mitnehmen was kommt. Sei nicht dumm. Wer weiß wie viel oder wenig da kommt und auch wie lange es geht. Nimm jeden Euro den du kriegen kannst und bunkere dein Geld für schlechtere Zeiten.“ Mahnte meine Freundin eindringlich.
Einsichtig war ich zwar nicht, aber rückgängig konnte ich den Termin nun so wie so nicht mehr machen, deshalb gab ich ihr recht und wechselte das Thema. „Stell dir vor, ich war gestern wieder bei dem Amt, weil die immer noch nicht meinen Antrag bearbeitet haben. Ständig wollen die noch mehr Unterlagen haben. Jetzt den Rückkaufswert meiner Lebensversicherung, letztens noch die BWA vom Dezember, was soll da noch alles kommen? Verdammt bei mir wird es richtig eng. Gut dass ich die Miete nicht noch bezahle, sonst säße ich schon so auf dem Trockenen dass ich nix mehr zu beißen hätte. Und mit der Wohnung werde ich wohl am besten zu der Genossenschaft gehen, in Privathäusern sind die einfach zu teuer. Das pack ich nicht. Ich weiß ja nicht wie es finanziell weitergeht. Ich werde auch vorläufig gewerblich nichts mehr machen. Jetzt macht mir nämlich plötzlich die Frau von meinem Vermieter Probleme. So doof und unbeholfen wie der Schröder behauptet, scheint seine Olle doch nicht zu sein. Aber an mir beißt die Tussi sich die Zähne aus. Hab ihr geschrieben, dass es von mir kein Geld gibt, bis ich zumindest die Materialkosten von der Renovierung zurück habe und dass es bei mir in naher Zukunft nichts zu holen geben wird! Das wollen wir doch mal sehen, ob ich mein Recht kriege oder nicht!“
„Sieh zu dass du da raus kommst. Recht oder nicht. Die Wohnung ist zu teuer, jeder Monat den du sparst ist ein Gewinn. Auch wenn du momentan die Miete nicht zahlst, du weißt nicht wie die Sache ausgeht. Nimm dir besser einen Anwalt, den musst du doch nicht bezahlen, in deiner Situation kriegst du doch Prozesskostenhilfe.“ Riet sie mir sachkundig. „ Und wenn du Hilfe brauchst, für Essen und Trinken, du weißt ja, dass ich jederzeit für dich da bin. Verhungern wirst du sicher nicht. Und wenn irgendetwas anderes wichtiges anfällt, wenn du Geld für deinen Umzug brauchst, ich kann notfalls meinen Schmuck in die Pfanne bringen, schäm dich nicht mir bescheid zu sagen.“ Versicherte sie nachdrücklich.
„Danke Maus, das weiß ich doch. Aber das ist derzeit nicht nötig. Ich habe noch ein paar Euro und ein bisschen kommt ja auch durch die Kunden rein. Das muss doch jetzt besser werden. Danke für dein Angebot. Aber ich denke ich schaffe das schon alleine.“ Erwiderte ich und versuchte meine Rührung zu verbergen.
Den ganzen Dienstag verbrachte ich im Netz mit meinen beiden Werbeforen. Wobei miete-mich eine bescheidene Resonanz aufwies, aber bei vögeln.de eine Flut von Anfragen auf mich einstürmte.
Читать дальше