Jo Danieli - Willkommen im Exzelsior

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Eine Frau auf der Suche nach einer beruflichen Chance, Gloria, gründet einen Call-Boy-Ring und beglückt damit unzählige Frauen und dienstwillige Männer, bringt aber Moralapostel und Geschäftsneider gegen sich auf, weil das neue Verhalten von Seiten der sexuell befriedigten Frauen sich auf Familienstrukturen, Scheidungsraten, das Gesundheitswesen, die Politik und gar die Religiosität auswirkt. Gloria, mit ihrem Unternehmen im Hotel «Exzelsior», zahlt den ultimativen Preis für ihren Aufstand gegen das männerdominierte Geschäft mit der Prostitution.

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“Warum nicht? Wie ist es mit Selbstbefriedigung?” Gloria holt Bernie ein, der tief seufzt und bergauf zeigt. “Hab’ gehört, dort oben auf der Anhöhe gibt es ein nettes Gasthaus. Zum Entspannen.”

“Ich entspanne mich beim Reden! Aber natürlich, wenn du einkehren willst?!”

“Will ich. Und ein Bier.”

“Sicher.”

Sie wandern einige Momente schweigend weiter. Bernie wirft einen vorsichtigen Blick auf Gloria, die gedankenverloren nach kleinen Steinen kickt. “Was meinst du ...”

Bernie schaut schnell wieder weg und rollt die Augen, aber Gloria spricht unbeirrt weiter. “... soll unsereins lieber in Lokalen herumhängen und irgendwelche Besoffenen abschleppen, wenn wir Lust auf Sex haben?”

“Ich kann dir ja nicht gut raten, zu einer Nutte zu gehen.” Bernie brummt unwillig und hält nach dem Gasthaus Ausschau.

Gloria fuchtelt aufgebracht. “Genau! Eine weit offene Marktlücke!”

Bernie muss grinsen, und Gloria bemerkt es, begreift den Doppelsinn ihrer Aussage und rempelt ihn leicht an. “Du hörst also doch zu!”

“Natürlich. Und ich hoffe, das war’s jetzt auch schon.”

Sie gehen Arm in Arm den Wanderweg entlang. Bernie saugt die frische Luft ein. “Herrlich.”

Gloria macht eine ausladende Geste. “Oh, ja, ich hör’ schon The Sound of Music. The Hills are alive ...” (kichert) “Und Julie Andrews. Auch so eine Frau ohne Unterleib?

Bernie zuckt die Schultern. “Na, ihre Rolle war ja auch nicht sexy angelegt. Oder als Mary Poppins . Kinderfilme. Aber als diese Missionarsfrau in Hawaii, Bingham oder so, war sie sexy.”

Gloria schubst ihn, “empört”. “Eine Gottesdienerin! Du bist ja pervers!”

Sie wandern weiter, und Bernie schaut sich begeistert um. “Wir sollten öfter hierher kommen. Schade, dass ich keinen Fotoapparat dabei habe, denn –“

Gloria fällt ihm ins Wort. “Na gut! Gehe ich eben in eine Bar und werde von so einem Serienmörder angequatscht ... oder einem Triebtäter ...”

“Na dann Internet-Dating. Und Thema erledigt.” Bernie macht die Geste des “Händeabputzens”, aber Gloria schaut ihn vorwurfsvoll an. “Nicht erledigt. Weil keine Lösung gefunden!”

“Aber ich hab’ doch gesagt: Online-Dating! Viele Leute, dort, die nur aufs Kennengelerntwerden warten!”

Gloria beugt sich heftig zu ihm. “Ich will niemanden kennenlernen! Ich will nur ab und zu Sex!”

Bernie seufzt, genervt. “Im Internet gibt es aber auch viele, die sowas wollen.”

“Und Mörder. Vergewaltiger. Perverse.”

Bernie bleibt stehen und hebt resigniert die Hände. “Dann heirate eben! Meine Güte, Gloria, hör’ bitte auf mit dem Thema!”

“Ich will aber mit verschiedenen Männern!”

Bernie starrt Gloria verdattert an, während sie eifrig nickt.

“Jetzt wirst du mir unheimlich.” Bernie nimmt Glorias Kopf und bewegt ihn hin und her. “Weiche, Dämon und gib’ mir meine Gloria zurück!”

Gloria macht sich halb amüsiert, halb verärgert los. “Ich will jetzt auch ein Bier.”

Die Idee

Gloria ist bei ihrer Arbeit in einem Großraum-Callcenter-Büro und schaut sich heimlich die Männer und Frauen an, die dort aus und eingehen und herumsitzen, ihre Kolleginnen. Kollegin Sonja (35, rothaarig, hager) steht beim Kopierapparat, und Gloria gesellt sich zu ihr, lehnt sich sinnierend gegen die Wand, als wolle sie warten, bis Sonja mit dem Kopieren fertig sei.

“Du, Sonja ...”

“Mhm ...” Sonja ist in ihre Arbeit versunken und zählt die Kopien mit, die von der Maschine ausgespuckt werden.“

“Kennst du die Coca-Cola-Werbung, wo dieser Mann –“

Sonja gluckst. “Klar. Der sexy Coca-Cola-Mann! Yummie. Gibt’s wieder einen neuen?”

Gloria schaut sie verdattert an, “Ich weiß nicht. Ich wollte nur fragen ...”

Sonja schmatzt und kopiert weiter. “Muss googeln.” (zwinkert Gloria zu) “Was wolltest du fragen?”

“Wegen ... wegen dem Glückshormonspiegel ...”

Stirnrunzelnd nimmt Sonja Kopien aus dem Auffangfach und legt sie beiseite, legt ein anders Original in die Kopierklappe. “Ein Projekt?”

Gloria wendet sich ihr verschwörerisch zu. “Nein, ich hab’ da was gelesen, von Schokolade und so. Und dass aber nichts so gesund ist wie ...” (flüstert) “Sex, oder zumindest Gedanken daran.”

Sonja seufzt. “Optische Schokolade hilft. Ein bisschen, ja.” Sie zwinkert Gloria zu. “Der Cola-Mann, richtig?”

“Richtig. Nehmen wir aber mal an, dass so einer ... also dass du die Gelegenheit hättest, für eine Nacht mit ihm ...”

Sonja schnaubt verhalten, und ihre Augen werden groß. “Was heißt eine Nacht ... ich wär’ schon mit zehn Minuten zufrieden. Und Fantasien fürs ganze Leben.”

Gloria schaut sie verblüfft an und nickt dann. “Genau. Ich würde ihn auch ... nehmen. So als ... Zwischendurch-Snack. Oder? Ich meine ... es muss auch gar nicht so ein Schönling sein ...”

Sonja kichert. “Gestern war ich im Kino. Eine romantische Komödie. Und sexy! Mit Chris Evans. Oyoyoy! Ich war mit meinem Nachbarn. Der ist potthässlich, aber nach dem Film hätte ich beinahe ...”

Gloria starrt sie atemlos an. “Und?”

“Aber nein. Dann habe ich ihn ewig am Hals.”

“Und wenn’s ein Fremder gewesen wäre? Der nicht im Haus wohnt oder den du überhaupt nicht kennst?”

Sonja packt ihre Kopien zusammen und gibt Gloria einen nachdenklichen Blick aus schmalen Augen. “So eine Art One-Night-Stand von irgendwoher?” Sonja nickt, dramatisch. “Oh ja, yeah, Baby, sicher.” Sie nimmt ihren Papierstapel. “Beantwortet das deine Frage, von wegen Glücksgefühlhormone?”

“Teilweise, ja. Danke. Da sind ja auch noch Präparate und so aber ...” Sie gibt Sonja ein Daumenhoch und wendet sich zum Kopierer, murmelnd: “Und was ich noch fragen wollte, Sonja ... was für ein Typ Mann turnt dich eigentlich konkret an ... falls ich ein Callboy-Unternehmen aufmachen sollte!?”

Gloria lümmelt auf ihrem Sofa und schaut fern; Sie zappt durch die Kanäle – und findet ein Programm, in dem es um Feminismus geht. Eine Diskussion ist im Gange. Eine streng wirkende, attraktive Frau, Adriane (43) spricht leidenschaftlich: “... in einer Gesellschaft, wo Männer seit jeher die Moral diktieren - wohl gemerkt, nach ihren jeweiligen Glaubensmustern und Machtvorhaben! - ist es ja wohl heute noch ausgeschlossen, dass Frauen sexuell Rechte zugestanden werden, die Männer schon immer für sich beansprucht haben ...”

Gloria greift hastig zum Telefon, wählt eine Nummer, während sie weiter fernschaut.

Die Feministin fährt fort: “... was nicht nur ein Grenzfall der Diskriminierung ist, wie Frau Doktor Bertram es hier vorhin angesprochen hatte, sondern es ist in der Tat schlichtweg das: geschlechterdefinierte Diskriminierung.”

Gloria spricht aufgeregt ins Telefon: “Bernie? Da ist was Interessantes im Fernsehen ... schau mal auf Melody TV, beeil’ dich! Zapp hin, jetzt! Das ist ein Befehl!”

“Natürlich würden Männer niemals selber eingestehen, dass sie Angst haben, unfähig zu sein, Frauen zu befriedigen, wegen ihrer komplexen Sexualität. Doch in Wahrheit sieht es anders aus.”

Gloria fuchtelt, erregt. “Hast du das gehört?” (lauscht) “Ja! Das ist eine Feministin, aber sie spricht nur aus, was Faktum ist! Hör’ ihr mal zu!”

Die TV-Feministin lächelt, nachsichtig: “Die Sexualität der Frauen ist ergreifend simpel. Das Problem, das die Männer damit haben ist, dass die Frauen eigentlich immerwährend sexuell bereit sind. Es sind die Männer, die körperlich-hormonellen Schwankungen unterworfen sind, was ihre sexuelle Leistungsfähigkeit betrifft. Frauen können immer - wenn sie wollen. Männer nicht.”

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