»Die Elben sind Ehre«, sagte Königin Mab in einer langsamen schweren Stimme wie vergifteter Honig, als ob sie halb träumte. »Das ist mehr, als man von den Menschen sagen kann. Aber sei in unserem Land willkommen, Edwin Drood, und deine Gefährten auch. Halte sie unter Kontrolle. Wenn sie Schaden anrichten, dann werden Wir sie disziplinieren.«
»Sie sind mit mir hier«, sagte ich. »Deshalb fallen auch sie unter den Schutz der Drood-Protokolle.«
»Sprich«, sagte Königin Mab. Im Moment war sie weder gegen noch für meine Argumente.
»Ihr habt uns nicht über Eure Rückkehr informiert, Eure Majestät«, sagte ich vorsichtig. »Wir hätten Boten geschickt, um Euch zu Hause willkommen zu heißen.«
»Wir sind zurückgekehrt«, sagte Königin Mab, »auf dass alle Welten erzittern und alles Leben sich in Acht nimmt.«
»Naja«, meinte ich. »So in etwa. Also, was ist mit Oberon und Titania passiert?«
»Bist du gekommen, um das zu erfragen, Drood?«
»Nein, ich mache nur ein wenig Konversation.«
»Sie sind fort. Erwähne sie in Unserer Gegenwart nicht.«
»In Ordnung«, sagte ich. »Wo wart Ihr, Majestät? Ihr wart lange fort.«
»Oberon schickte Uns fort.« Ihr dunkelroter Mund verzog sich zu einem furchtbaren Lächeln. Sie sah aus wie der Teufel, der gerade eine neue Sünde ausbrütete. »Er hätte Uns wirklich töten sollen, aber er war immer sentimentaler, als gut für ihn war. Es dauerte eine lange Zeit, um Unseren Weg zurückzukriechen und die lang ersehnten Rachepläne an allen auszuführen, die Uns betrogen haben …«
»Wo hat er Euch hingeschickt?«, fragte ich ehrlich interessiert. »Wo konnte er jemanden mit so einer unzweifelhaften Macht wie der Euren hinschicken?«
»Wo alle schlechten Dinge hingehen, kleiner Drood. Er schickte Uns in die Hölle, verdammte Uns dazu, in die Schwefelklüfte hinabzugehen, um dort das ewige Inferno zu erdulden.« Sie lächelte immer noch ihr grauenhaftes Lächeln und ihre goldenen Augen fixierten mich. Und selbst in meiner undurchdringlichen Rüstung konnte ich die Schweißtropfen auf meine Stirn poppen hören. »Als Wir in der Hölle waren, kleiner Drood, während unseres Aufenthaltes in den Häusern der Schmerzen, haben Wir deine kostbare Hexe Molly Metcalf getroffen. So ein süßes kleines Ding. Sollen Wir dir von den Abkommen erzählen, all den schrecklichen Dingen, denen sie zustimmte, um ihre Macht zu erlangen?«
»Lasst uns ein Abkommen schließen, Eure Majestät«, sagte ich. »Ich werde nicht von Oberon und Titania sprechen und Ihr nicht von meiner Molly. Ja?«
»Also sprich, kleiner Drood«, sagte Königin Mab. »Sag Uns, was dich hier an Unseren wiederentdeckten Hof bringt, in Unsere edle Gegenwart. Sag Uns, was dich hierher bringt, mit dem Blut von so vielen Unserer edlen Cousins an den gerüsteten Händen, dass es immer noch nass von ihnen heruntertropft.«
»Ah«, sagte ich. »ich habe mich schon gefragt, wann wir dazu kommen. Sie haben mich angegriffen, Eure Majestät. Sie hätten es wirklich besser wissen müssen. Ich war zu dieser Zeit vielleicht vogelfrei, aber ich war immer noch ein Drood, und sie waren nur Elben. Selbst wenn sie von einem Verräter in meiner Familie mit fremder Materie ausgerüstet worden waren.«
Bohnenblüte zischte laut und begann wieder aufzustehen. Königin Mab warf ihm einen Blick zu. Er zuckte und kippte um, als hätte man ihn geschlagen.
»Haltet Eure Schoßtiere an der Leine, Eure Majestät«, sagte ich. »Oder ich könnte es für nötig befinden, sie zu disziplinieren.«
Die Königin wägte mich für einen unangenehm langen Moment schweigend ab. Kein Ton war am Unseligen Hof zu hören, abgesehen vom schweren Atem meiner Gefährten. Ich hätte in der Lage sein sollen, den gesammelten Atem der tausende zusehender Elben zu hören, aber da war nichts. Ich sah mich nicht um, aber ich wusste, dass sie den einzigen Ausgang versperrten, und es war höchst unwahrscheinlich, dass sie mir dieses Mal ohne Zustimmung Mabs den Weg freigeben würden. Nicht, wenn ich diese Diskussion mit der Königin nicht gewann, die Information bekam, die ich brauchte, und irgendeine Art von Abkommen aushandelte, das mir und meinen Gefährten einen freien Abzug gewährte, der uns unsere Organe an ihrem Platz behalten ließ. Die Chancen standen nicht sehr gut, aber ich bin ein Drood und wenn man da die goldene Rüstung trägt, dann machen die Chancen besser, was man will, solange sie wissen, was gut für sie ist. Am Ende nickte Königin Mab ein kleines bisschen, und ich fühlte, dass mir ein großer Stein vom Herzen fiel. Sie war wenigstens bereit, zuzuhören.
»Ich bin wegen der USS Eldridge hier«, sagte ich. »Ein amerikanisches Marineschiff, das 1943 seinen Weg hierher fand. Ihr hattet den Elfenbeinthron damals nicht inne, Eure Majestät, aber ich wette, dass der Herold damals hier war. Ich muss wissen, was damals mit diesem Schiff passiert ist. Wie es möglich war, dass es hierherkam, und was mit ihm passierte, als es hier war.«
Königin Mab drehte ihren großartigen Kopf dem Herold zu, der sich prompt tief verneigte.
»Ich erinnere mich in der Tat an diese Gelegenheit, Eure Majestät. Würde es Euch zusagen, wenn ich ihnen davon erzähle?«
»Zeig es ihnen«, sagte Königin Mab.
Der Herold ballte seine linke Hand zu einer Faust. Rasiermesserscharfe Dornen brachen aus seinem Handrücken. Goldenes Blut troff auf den Boden vor ihm und breitete sich schnell zu einem goldenen Wahrsageteich aus. In diesem Teich erschienen die Bilder aus der Vergangenheit und zeigten uns alles, was der unglücklichen USS Eldridge widerfahren war.
»Eure Welt war im Krieg«, wisperte der Herold. Seine goldenen Augen waren auf die Bilder gerichtet, die sich im Wahrsageteich bildeten. »Die Grenzen der Realität waren durch die vielen Kämpfe und Schlachten schwach geworden. Als also eines eurer Schiffe an unserer Tür klopfte, erlagen wir der Versuchung und ließen es ein. So raffinierte Maschinen waren in dem Schiff; primitiv, aber wirksam. Sie stießen eine Tür auf, die wir lange vergessen hatten, und alles, was wir tun mussten, war, ihnen durchzuhelfen. Ich frage mich, was sie glaubten, wo sie hingekommen seien … Ein Kriegsschiff, ja, aber klein und bemitleidenswert, verglichen mit unseren herrlichen Schiffen. Sie kamen direkt zu uns. Sie wussten nicht, wo sie waren oder in welcher Gefahr sie schwebten.
Wir haben Ewigkeiten mit ihnen gespielt, haben sie gehänselt und gequält, wie es uns gefiel, und erfreuten uns an ihrem Schmerz und ihrem Schrecken. Sie haben so hübsch geweint. Und dann fiel uns ein, was für ein feiner Streich es wäre, wenn man das Schiff und seine Mannschaft auf zarte, aber tödliche Art änderte und wieder heimschickte. Ihren Körper und die Seele korrumpierte und sie als ein spirituelles Pestschiff wieder in eure Welt schickte. Wir haben Stunden darüber gesprochen und suchten nach etwas besonders Süßem, Grausamem und Erheiterndem - aber dieser Aufschub gab der Mannschaft Zeit, sich zu erholen. Der Kapitän der Eldridge übernahm wieder das Kommando, weckte seine Mannschaft und warf die erstaunlichen kleinen Maschinen an. Die zwangen das Tor wieder auf und flohen von unseren Küsten auf der Suche danach. Und nun seht, was dann passierte.«
Die Bilder waren klar und scharf im Wahrsageteich erkennbar. Die USS Eldridge glitt Richtung Meer hinaus. Die Decks waren klebrig und glitschig vor Blut, Exkrementen und anderen Dingen, und die Matrosen rannten panisch hin und her. Sie sprangen über die Toten und Verstümmelten, während der Kapitän von der Brücke aus seine Befehle schrie. Es waren noch genug von der Crew übrig, um die notwendige Arbeit zu tun, auch wenn ihre Gesichter gezeichnet waren von der Erinnerung an den Schmerz, die Wut und den Schrecken. Auf der Brücke sah der Kapitän starr geradeaus. Seine dunklen Augen waren in die Höhlen eingesunken und glühten wie Zündhölzer, die die Hölle ausgespuckt hatte.
Читать дальше