»Ich verstehe«, sagte ich. »Weiter.«
Mischa sprach. Stephen sagte: »Hans Kramer taumelte und fiel zu Boden. Nicht weit von Mischa; ungefähr drei Meter. Eine Engländerin versuchte ihm zu helfen, und jemand lief nach einem Arzt. Hans Kramer sah sehr krank aus. Er konnte nicht mehr richtig atmen, aber er versuchte etwas zu sagen. Bemühte sich, der Engländerin etwas zu sagen. Er lag flach auf der Erde. Konnte kaum atmen. Er sprach so laut er konnte. Als versuchte er zu schreien.«
Mischa wartete, bis Stephen fertig war, verstand offenbar alles, was dieser sagte, und unterstrich die Übersetzung mit gelegentlichem Nicken.
»Sagte Hans Kramer die Worte auf deutsch?« fragte ich.
»Da«, antwortete Mischa.
»Und spricht Mischa Deutsch?«
Wie sich herausstellte, hatte Mischa Deutsch in der
Schule gelernt, war mit den Pferden in Ostdeutschland gewesen und konnte sich gut verständigen.
»Also gut«, sagte ich. »Was hat Hans Kramer gesagt?«
Mischa wiederholte die Worte erst auf deutsch, dann auf russisch, und in beiden Sprachen blitzte ein Wort wie ein Leuchtfeuer auf.
Aljoscha.
Stephen strahlte förmlich vor Begeisterung, und ich fand auf einmal, daß ein unbewegtes Gesicht doch viel für sich hatte. Sein Enthusiasmus schien Kropotkin zu beunruhigen.
»Nur ruhig«, mahnte ich Stephen. »Sie verscheuchen die Vögel.« Er warf mir einen überraschten Blick zu, gehorchte aber sofort.
»Hans Kramer sagte«, berichtete er mit ruhiger Stimme, »>Ich sterbe. Es ist Aljoscha. Moskau.< Und dann sagte er: >Gott erbarme sich meiner.< Und dann starb er.«
»Wie ist er gestorben?« wollte ich wissen.
Via Stephen sagte Mischa, er sei blau angelaufen und habe offenbar zu atmen aufgehört, dann ging ein kurzer Ruck durch seinen Körper, und jemand sagte, es sei das Herz, das aufgehört habe zu schlagen; es sei ein Herzanfall. Der Arzt kam und bestätigte das. Er versuchte, Hans Kramer ins Leben zurückzurufen, aber es war zwecklos. Zu viert standen wir im russischen Nieselregen und dachten an den Tod eines Deutschen in England an einem sonnigen Septembertag.
»Fragen Sie ihn, an was er sich sonst noch erinnert.«
Mischa zuckte die Schultern. »Die Engländerin und einige der Umstehenden hatten verstanden, was Hans Kramer gesagt hatte. Die Engländerin erklärte den anderen, er habe gesagt, er stürbe wegen Aljoscha aus Moskau, und andere Leute hatten das auch verstanden. Es war alles sehr traurig. Dann war der Reiter mit dem Wiegen fertig, und Mischa mußte sich um ihn und das Pferd kümmern. Er sah nur noch, wie ein Krankenwagen kam, wie man Hans Kramer auf eine Bahre legte, eine Decke über ihn breitete und ihn wegtrug.«
»Hm«, sagte ich nachdenklich. »Fragen Sie ihn noch mal, was Hans Kramer gesagt hat.«
Hans Kramer hatte gesagt: »Ich sterbe. Es ist Aljoscha. Moskau. Gott erbarme sich meiner.« Er hatte keine Zeit gehabt, mehr zu sagen, obwohl Mischa meinte, er habe es versucht.
»Ist Mischa sicher, daß Hans Kramer nicht gesagt hat: >Ich sterbe wegen Aljoscha aus Moskau