Michael Köhlmeier - Abendland

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Abendland: краткое содержание, описание и аннотация

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"Wenn du dich als Achtjähriger, als Dreizehnjähriger, als Sechzehnjähriger denkst, erkennst du dich in ihnen wieder?"
"Ja. Und sehr gerne dazu."
"Gibt es einen Lebensabschnitt, in dem du dir fremd vorkommst?"
"Zwischen fünfundzwanzig und dreißig ein bisschen fremd. Gestern und vorgestern sehr fremd."
"Glaube, Liebe, Hoffnung. Welche Reihenfolge?"
"Liebe, Hoffnung, Glaube. Wenn ich den anderen dabei zusehe."
"Bei dir selber?"
"Keine Ahnung. Ich denke, das gilt nur bis sechzig oder siebzig. Bei den Auserwählten vielleicht etwas länger." Er lacht.
"Was ist das Größte, das du in deinem leben vollbracht hast?"
Keine Antwort darauf.
"Abendland" ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Generationenroman. Mit großer erzählerischer Kraft wird dargestellt, wie die unterschiedlichsten Menschen jenseits der politischen und historischen Wechselfälle aufeinander angewiesen sind und aneinander hängen, warum sie sich gegeneinander auflehnen und wie sie dann doch ihren Frieden schließen. In einem bewegenden Panorama des 20. Jahrhunderts werden die großen historischen Sündenfälle und die kleinen privaten Reaktionen darauf beschrieben. Ein solches Buch hat es in der deutschen Literatur schon lange nicht gegeben.

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Über meine Mutter habe ich bisher wenig erzählt. Das bedrückt mich, weil es ungerecht ist; was es zu erzählen gibt, bedrückt mich allerdings noch mehr. Bei unserem Gespräch nach Carls Beerdigung — bei welcher Gelegenheit sie übrigens zum erstenmal ihren Enkel David sah —, fragte sie mich, wie meine Gedanken an sie aussähen, und weil sie mich ausdrücklich bat, ehrlich zu sein, antwortete ich ihr, ich könne nicht anders an sie denken als entweder mit einem schlechten Gewissen oder mit Wut und Fassungslosigkeit, meistens mit einem Gemisch aus allem, wobei eins dem anderen Munition liefere. Sie blickte an mir vorbei auf den Zierlorbeer, der innen an der Friedhofsmauer wuchs, und sagte:»Dafür bitte ich dich um Verzeihung. «Etwas Ähnliches hätte ich mir denken können. Ich war trotzdem nicht darauf gefaßt gewesen. Es zog mir den Boden unter den Füßen weg und die Tränen aus den Augen. David hat mich umarmt. Ich sagte zu ihr:»Ich danke dir, Mama. Mein Sohn hat mich umarmt. Das hast du bewirkt. «Was ein unsäglich querulantisches Zeug war und wofür ich mich auf der Stelle auch unsäglich schämte. Sie stand vor uns, barfuß in Sandalen, in ihrem braunen Ordenskleid, das mir wie ein Manifest gegen mich vorkam, das schwarze Skapulier über Kopf und Schultern, die Haut unter den Augen in einem unglücklichen körnigen Rosa, und sagte ohne Regung in der Stimme:»Du bist ein Zyniker geworden, Sebastian. Warum?«Was ich gesagt hatte, war vielleicht blöde, es war hilflos bockig, aber zynisch war es nicht gemeint gewesen. David hatte es bestimmt nicht so verstanden; nun blickte er mich an, und in seinen Augen war Abscheu. Und ich war wieder einmal von meiner Mutter vor drei Möglichkeiten gestellt worden: Entgegnung, Bestätigung oder Schweigen. Egal, wofür ich mich entschied, ich würde als ein Schuldiger zurückbleiben …

Es gibt nichts Richtiges im Falschen, deshalb war immer alles falsch, was sich zwischen meiner Mutter und mir abgespielt hatte; wobei ich mir die Schuld daran anrechne — was kein großsprecherisches An-die-Brust-Schlagen ist, sondern traurige Konsequenz aus der Tatsache, daß ich mir unserer neurotischen Beziehung stets bewußt war, sie sich aber nicht; daß es also immer bei mir gelegen hätte, steuernd einzugreifen. Wenn sie mich dennoch um Verzeihung bat, dann, weil sie lediglich vermutete, irgendwann einmal in unserer Vergangenheit einen Fehler begangen zu haben, eine Art Grundfehler vielleicht; sie erinnerte sich zwar nicht daran, wollte sich aber vor dem Privileg des Verletzten, auf alle Fälle recht zu haben, beugen, und zwar in Demut. Unsere Beziehung war nicht so geworden, weil einer von uns irgendwelche Fehler begangen hatte. Versäumnisse waren es. Es hat etwas Indirektes, Gespreiztes, Geheucheltes an sich, zu bereuen, daß man etwas nicht getan hat.

Meine Mutter gehört dem gleichen Orden an, in den Edith Stein nach ihrer Konvertierung zum Katholizismus eingetreten war — dem teresianischen Karmel —, und es war Edith Steins Autobiographie gewesen, die zehn Jahre nach dem Tod meines Vaters den letzten Ausschlag dafür gab, daß sie allem gesellschaftlichen Leben den Rücken kehrte — und als wäre das nicht schon genug, ihre Oberen außerdem bat, sie in ein Land zu versetzen, dessen Sprache sie nicht verstand, so daß die gewährten Ausnahmen des Schweigegelübdes ihr nur ja keine Erleichterung brächten. Sie lebt heute im Monastère du Carmel in Fouquières les Béthune nahe der belgischen Grenze, bewohnt dort eine Zelle von drei Metern Länge und zwei Metern Breite, in dem es nur wenige Gegenstände gibt, die sie an ihr Leben davor erinnern, und außer der Regula Montis Carmeli und des Neuen Testaments nichts zu lesen. Sie nennt sich Benedicta Teresa, das sind Edith Steins Ordensnamen in umgekehrter Reihenfolge. Robert Lenobel hat mich einmal nach meiner Mutter gefragt; ich antwortete, sie lebe in Frankreich. Der Fuchs hat ein Instrument zum Aufspüren neurotischer Schwingungen in seinem Hirn eingebaut, er bohrte weiter, und ich erfand drauflos. Ob sie wieder verheiratet sei, fragte er; ich sagte, nein; ob sie mit jemandem zusammenlebe, fragte er; und weil ich fürchtete, wir nähern uns wie beim heiteren Beruferaten mit Robert Lembke allmählich der Wahrheit, sagte ich, ja, sie lebe in einer Gemeinschaft. Das rechtfertigte ich vor mir damit, daß sie ja tatsächlich in einer Gemeinschaft lebte; ich also genaugenommen nicht gelogen und somit auch keinen Verrat an meiner Mutter begangen hatte. Zu Evelyn sagte ich einmal, meine Mutter sei tot. So etwas kann man nicht zurücknehmen. Man müßte es aber zurücknehmen. Ich konnte es nicht …

Sie war nie fromm gewesen. Jedenfalls hatte ich als Kind nie den Eindruck gehabt, sie sei es. Später hätte ich es wohl gar nicht gemerkt. Manchmal sind wir in die Kirche gegangen, allerdings nur, weil mein Vater es wollte. Der Herrgott fiel ihm ein, am hellichten Nachmittag, und er meinte, es könne schaden, wenn man sich nicht ab und zu bei ihm zurückmeldete. Er schleppte meine Mutter und mich in die Kirche am Gürtel in der Nähe vom Westbahnhof (ich weiß ihren Namen nicht, die geziegelte mit dem Kuppelschiff, an der schon seit vielen Jahren ein abwaschbares Transparent mit der Aufschrift» Es gibt einen, der dich liebt … Jesus Christus «hängt). Mein Vater wollte, daß außer uns niemand in den Bänken sei, und das war in dieser Kirche an den Nachmittagen der Fall. Er fürchtete nämlich — und hoffte zugleich —, jemand würde ihn erkennen, er hielt es für kein günstiges Image für einen Jazzmusiker, in Kirchen herumzuhängen. Wir knieten in der vordersten Reihe, ich zwischen meinen Eltern, und mein Vater trug laut ein Phantasiegebet vor — wunderbar rhythmisiert übrigens —, in dem wir, seine Frau, sein Sohn, vorkamen, manchmal auch Carl; in dem er seiner Sorge, womöglich doch kein großer Künstler zu sein, Ausdruck gab und in dem er seine Vorsätze aufzählte — mehr üben, mehr üben, mehr üben, nicht so lange schlafen, nicht immer gleich explodieren, die Mama und den Sohn öfter küssen, mehr verdienen, um die Schulden bezahlen zu können. Er preßte die Hände vor die Augen, und ich dachte, jetzt denkt er sich seinen größten Vorsatz, nämlich: nicht mehr zu trinken. Meine Mutter hatte wie ich die Hände gefaltet, sagte wie ich am Ende des Gebets Amen — weil das Gebet erfunden war, wußten wir nicht, wann das Amen kam, weil mein Vater aber wollte, daß wir alle drei im Chor das Amen sagten, kündete er es jedesmal an:»Und jetzt gemeinsam: Amen!«—; ansonsten wirkte sie unbeteiligt — als gehöre sie einer anderen Religion an und verstehe diese hier nicht oder gehöre überhaupt keiner Religion an. Sie wartete, bis mein Vater fertig war. Und entsprach damit dem Bild, das ich von ihr hatte: eine Frau, die wartet. Ohne Ungeduld. Die auf nichts Bestimmtes wartete. Ihr Warten war pure Negation. Daß die Zeit vergehe. Daß keine Zeit mehr sei.

Sie war keine ambitionierte Hausfrau, war sie nie gewesen. In diesem Punkt herrschte bei uns zu Hause Gleichberechtigung. Wir waren alle gleich nachlässig, und keinen von uns störte das. Manchmal aßen wir Tage hintereinander nur Brot mit Butter und Honig und tranken Kakao dazu (sie streute übrigens Pfeffer über den Honig). Nicht weil wir kein Geld hatten, sondern weil es keiner von uns über sich brachte, hinüber zum Johann Lammel zu gehen, um etwas Gescheites zum Essen einzukaufen. Der Haushalt war nie ein Thema gewesen. Geld übrigens auch nicht. Jedenfalls nicht in meiner Gegenwart. Wir waren eine Familie, in der zwar jeder Groschen umgedreht werden mußte — was ausschließlich meine Mutter übernahm —, in der Geldmangel jedoch niemals zu Streit führte. Darüber kann ich mich heute noch wundern. Mein Vater nahm gelegentlich Jobs an, kleine, leichte Arbeiten; bei der Post einmal, daran erinnere ich mich, er mußte beim Westbahnhof Pakete werfen und hat uns am Abend seine Muskeln gezeigt, hat aber bald damit aufgehört, weil er fürchtete, er könnte sich einen Finger brechen und nicht mehr Gitarre spielen. Immer wieder gab er Gitarrestunden, fuhr mit dem Fahrrad durch die Stadt zu seinen Schülern, die Gibson in der gepolsterten Tasche auf dem Rücken. An den Abenden spielte er in verschiedenen Formationen in verschiedenen Lokalen, im Sommer vor Touristen in Grinzing in einem Schrammelquartett (auf der Gibson!). Carl redete ihm ins Gewissen, er solle sein Talent nicht vergeuden; wenn er Geld brauche, werde er es ihm geben; das sei kein Almosen, sondern der Tribut des Untalentierten an den Talentierten — und so weiter. Ich glaube, meine Mutter hätte nichts dagegen gehabt; aber mein Vater wollte es nicht; besser: meistens wollte er es nicht; besser: immer wieder fiel ihm ein, daß er es eigentlich nicht wollte.

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