Michael Köhlmeier - Abendland

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Abendland: краткое содержание, описание и аннотация

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"Wenn du dich als Achtjähriger, als Dreizehnjähriger, als Sechzehnjähriger denkst, erkennst du dich in ihnen wieder?"
"Ja. Und sehr gerne dazu."
"Gibt es einen Lebensabschnitt, in dem du dir fremd vorkommst?"
"Zwischen fünfundzwanzig und dreißig ein bisschen fremd. Gestern und vorgestern sehr fremd."
"Glaube, Liebe, Hoffnung. Welche Reihenfolge?"
"Liebe, Hoffnung, Glaube. Wenn ich den anderen dabei zusehe."
"Bei dir selber?"
"Keine Ahnung. Ich denke, das gilt nur bis sechzig oder siebzig. Bei den Auserwählten vielleicht etwas länger." Er lacht.
"Was ist das Größte, das du in deinem leben vollbracht hast?"
Keine Antwort darauf.
"Abendland" ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Generationenroman. Mit großer erzählerischer Kraft wird dargestellt, wie die unterschiedlichsten Menschen jenseits der politischen und historischen Wechselfälle aufeinander angewiesen sind und aneinander hängen, warum sie sich gegeneinander auflehnen und wie sie dann doch ihren Frieden schließen. In einem bewegenden Panorama des 20. Jahrhunderts werden die großen historischen Sündenfälle und die kleinen privaten Reaktionen darauf beschrieben. Ein solches Buch hat es in der deutschen Literatur schon lange nicht gegeben.

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Eines Tages brachte sie einen hohen Packen alter Zeitschriften aus der Stadt mit, sie trug ihn die Treppe herauf, er reichte ihr vom Gürtel bis zum Kinn — Quick, Stern, Spiegel, Constanze , einige Sportzeitungen waren darunter, aber auch alte Tageszeitungen, Krone, Kurier, Arbeiterzeitung — alle datiert von August bis September 1960, nämlich als die Olympischen Spiele in Rom stattgefunden hatten. Sie sagte mir nicht, woher die waren. Ich vermutete, jemand hatte sie ihr geschenkt. Aber wer? Sie wollte mir eine Freude bereiten, und das erschreckte mich merkwürdigerweise. Ich konnte mir meine Mutter nicht als jemanden vorstellen, der darüber nachdenkt, wie er einem anderen eine Freude bereiten könnte, schon gar nicht, wenn es sich dabei um mich handelte. Bei der Fußballweltmeisterschaft 1958 hatte ich zu sammeln begonnen. Ein Heft besaß ich, in das ich nur Bilder des brasilianischen Rechtsaußen Garrincha geklebt hatte. Er war mein Liebling gewesen. Auf dem Schulweg hatte ich seinen Namen halblaut vor mich hin gesagt wie eine Zauberformel. Inzwischen interessierte mich Leichtathletik mehr als Fußball. Bis spät in die Abende hinein saßen wir nun zusammen und schnitten im Licht der Küchenlampe Bilder aus. Sie war dabei sehr geschickt. Mit einer Fingernagelschere schnipselte sie an den Konturen der Körper entlang, so daß am Ende die Sportler ohne Hintergrund, als wären sie noch gar nicht in der Welt angekommen, über die linierten Seiten liefen oder den Speer, den Hammer, den Diskus schleuderten oder am Reck, an den Ringen, am Barren, am Pferd turnten oder vom Sprungbrett sprangen oder den Ball auffingen oder ihn in den Korb warfen oder den Hockeyschläger schwangen oder zu acht plus Steuermann mit Sprechtüte in einem Boot ruderten. Im Sommer 1960 war ich in Innsbruck bei Carl und Margarida gewesen und hatte gar nichts von den Olympischen Spielen mitgekriegt, weil sich die beiden nicht für Sport interessierten und ich außerdem einige sehr anspruchsvolle Sorgen hatte, die es nicht zuließen, daß ich mich ablenkte. Ich nehme an, meine Mutter wollte mit den Zeitschriften vor mir Abbitte leisten, jedenfalls kam mir dieser Gedanke; andererseits glaubte ich nicht — und kann es mir auch heute nicht vorstellen —, daß sie von sich aus auf diese Idee gekommen war. Vielleicht hatte sie mit jemandem über mich geredet. Vielleicht hat ihr derjenige gesagt, es sei nicht anständig von ihr gewesen, mich ein Jahr lang zu anderen Leuten zu schicken. Vielleicht hat sie zu ihm gesagt: Es ist nun einmal geschehen, wie soll ich es zurückzaubern? Und er hat gesagt: Eine Freude kannst du ihm machen. Wofür interessiert er sich denn? Und sie hat gesagt: Für Sport. Und da ist ihm eingefallen, daß er irgendwo, im Keller oder im Dachboden, einen Haufen alter Zeitschriften und Zeitungen liegen hatte. So habe ich mir die Sache zurechtgelegt — mit der etwas unheimlichen Ahnung, daß es in dieser Stadt jemanden gab, den ich nicht kannte, der aber mich kannte und meinte, er müsse sich als mein Anwalt zwischen mich und meine Mutter stellen. Sie riet, wir sollten uns nur auf eine Sportart beschränken, und schlug Leichtathletik vor, weil sie wußte, daß mir die Sportler aus dieser Disziplin am besten gefielen. Unsere Helden waren: Bikila Abebe aus Äthiopien, der den Marathon barfuß gelaufen war und den Zweiten um mehr als eine Stadionlänge abgehängt hatte, ohne dabei nennenswert zu schwitzen, wie es in einem Artikel hieß; Armin Hary, der als erster Mensch die hundert Meter in 10,0 gelaufen war (eine der Sportzeitschriften hatte anläßlich der Eröffnung der Spiele eine lange, reich bebilderte Rückschau gehalten, und darin fand ich ein Bild von Jesse Owens, dem goldenen Sprinter und Weitspringer von Berlin 1936, auf dem er jemandem, der links neben ihm steht, die Hand reicht; zufällig gab es auch ein Foto von Hary, wie er die Hand ausstreckt, und zwar nach rechts; ich klebte die Bilder nebeneinander, und auch wenn Hary darauf deutlich kleiner war als Owens, sah es aus, als reichten sich die beiden die Hand); oder: Ralph Boston, Goldmedaille im Weitsprung, 8,12 m (ich besaß drei Bilder von ihm, auf allen führt er seine berühmten Luftschritte vor, deutlich waren die drei Buchstaben auf seinem Leibchen zu sehen, die sein Heimatland, das ja vielleicht bald auch das unsere sein würde, bezeichneten — United States Of America ); Rafer Johnson, der beste Zehnkämpfer (seinen Name sprachen meine Mutter und ich gern und oft aus, weil wir meinten, er passe so gut zu einem, der alles konnte); Waleri Nikolajewitsch Brumel, der Hochspringer aus der Sowjetunion, der in Rom zwar nur Zweiter geworden war, aber erst vor kurzem mit 2,28 m den Weltrekord aufgestellt hatte. Unser erklärter Liebling aber hieß: Wilma Rudolph. Sie hatte sowohl im Hundertmeterlauf und im Zweihundertmeterlauf die Goldmedaille gewonnen als auch in der 4 x 100-Meter-Staffel der Damen das amerikanische Team zum Sieg geführt. Auf einem der Bilder, die wir in den Zeitschriften fanden, hielt sie den Kopf etwas schief und lächelte, wie uns schien, verlegen.»Hier schaut sie aus wie du«, sagte ich zu meiner Mutter, und obwohl offensichtlich war, daß ich mir das nur ausgedacht hatte, freute sie sich und war einen Augenblick lang verwirrt, und ich kam nicht einmal auf den Gedanken, sie freue sich vielleicht gar nicht so sehr wegen der Ähnlichkeit mit Wilma Rudolph, sondern weil ihr Sohn sich ihr gegenüber wie ein Kavalier verhalten hatte. Als Kind sei Wilma, lasen wir in der Bildunterschrift, an Kinderlähmung erkrankt, und ihr rechtes Bein sei gelähmt gewesen, und in einem guten Spital habe man sie nicht aufgenommen, weil sie schwarz war. Da stand auch, daß sie in einem Ort namens St. Bethlehem geboren sei, was ja schon merkwürdig genug war, aber obendrein sei sie auch noch das zwanzigste von zweiundzwanzig Kindern gewesen. Bis zu ihrem zehnten Lebensjahr sei sie auf Krücken gegangen, aber genau an ihrem Geburtstag habe sie die Krücken weggeworfen und zu trainieren begonnen. Sechs Jahre später bereits, als Sechzehnjährige, nahm sie an den Olympischen Spielen in Melbourne teil und holte als Staffelläuferin die Bronzemedaille — damals war sie gerade drei Jahre älter als ich gewesen. Meine Mutter schnitt je ein Bild von Armin Hary und Wilma Rudolph aus — es zeigte die beiden im vollen Spurt — und klebte sie, meinem Vorbild beim Einkleben von Armin Hary und Jesse Owens folgend, übereinander, und zwar so, daß es aussah, als liefen sie um die Wette. Mir gefiel das nicht, denn es widersprach eklatant den Regeln, die es nun einmal nicht zuließen, daß Männer und Frauen gegeneinander antraten; außerdem hatte meine Mutter Wilma Rudolph einen kleinen Vorsprung gegeben, was schon gar nicht sein konnte, denn Armin Hary war genau eine Sekunde schneller gelaufen als sie. Ich riß die Seite aus dem Heft, woraufhin meine Mutter die restlichen Zeitschriften, die noch so viele Schätze bargen, nach unten brachte und in die Mülltonne warf. Eine Woche lang redeten wir kein Wort miteinander. Aber schließlich ging alles wieder so weiter wie bisher — nur daß ich mir meine Sporthefte nicht mehr in ihrer Gegenwart anschaute. Ich war dreizehn, fühlte mich nicht mehr als Kind, und sie fühlte, daß ich keines mehr war.

Diese bewußtlose, gleichsam biologische Einheit zwischen meiner Mutter und mir zerfiel, als mein Vater zurückkehrte. Er war immer noch trocken, aber er züchtete verrückte Ambitionen hinter seiner Stirn, die schließlich dazu führten, daß wir Wien verließen und nach Vorarlberg in ein winziges Dorf zogen. Meine Mutter und ich fanden nicht wieder in unser Paradies zurück. (Unser Paradies — so will ich es definieren — war der Ort, an dem wir nicht permanent von falschen Erwartungen bedroht waren.) An ein einziges wirkliches Gespräch mit ihr erinnere ich mich — ich meine damit ein Gespräch, bei dem ich den Eindruck hatte, ich unterhalte mich mit meiner Mutter und nicht mit einer Leihgabe an unsere Familie: Das war wenige Tage nach der Beerdigung meines Vaters. Wir unternahmen einen weiten Spaziergang; wir waren euphorisch — Folge meines Entsetzens und ihrer Zermürbtheit —, und auf einmal war eine wonnige, von aller Dumpfheit befreite, glücklich aus dem Tunnel entlassene, vernünftig heitere Innigkeit zwischen uns. Ich wünschte, wir hätten sie nicht wieder verloren …

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