Richard Faber - Abendland

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Richard Fabers materialreiche Untersuchung zeigt, dass der
Kampfbegriff Abendland eine lange Vorgeschichte hat und
politisch hoch belastet ist: nicht nur antikommunistisch und
antisozialistisch, sondern auch antidemokratisch und
antiliberal, autoritär bis faschistisch, elitär bis hierarchisch
und klerikal bis neopagan – vor allem aber imperialistisch.
Als Faschismus-, Imperialismus- und Rassismuskritik ist
dieses Buch im Blick auf die vielbeschworene europäische
Identität von unmittelbar politischem Interesse, stellt aber
auch einen wichtigen Beitrag zur Rezeptions-, Kultur- und
Ideologiegeschichte dar.

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»Wir müssen uns unserer Vorherrschaft und der Überlegenheit der westlichen Zivilisation bewußt sein.« (Ministerpräsident Silvio Berlusconi am 26.9.2001 in Berlin)

»Berlusconis Italien könnte ein Wegweiser sein zu einem vereinigten Europa, welches im Zeichen der heiligen Dreifaltigkeit von Kapitalismus, Rassismus und Dummheit zu ungeahnter abendländischer Größe und Schönheit wächst. Es sei denn, uns fiele eine Alternative ein.« (Hans-Martin Lohmann in der Frankfurter Rundschau 21.3.2003)

Der Autor

Richard Faber, geboren 1943, wurde mit »Zur Kritik der Politischen Theologie« in Philosophie promoviert und habilitierte sich in Soziologie über den »Mythos des Abendlandes«. Er publizierte mehrere Bücher und gab zahlreiche Sammelbände heraus, u. a. »›Wir sind Eines‹. Über politisch-religiöse Ganzheitsvorstellungen europäischer Faschismen«, 2005; »Politische Dämonologie. Über modernen Marcionismus«, 2007; »Deutschbewusstes Judentum und jüdisch- bewusstes Deutschtum. Der Historische und Politische Theologe Hans-Joachim Schoeps«, 2011; »Konservatismus in Geschichte und Gegenwart,« 1991; »Politische Religion – religiöse Politik«, 1997; »Abendländische Eschatologie. Ad Jacob Taubes«, 2001; »Imperalismus in Geschichte und Gegenwart«, 2005 (alle im Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg).

Richard Faber

Abendland.

Ein politischer Kampfbegriff

EbookAusgabe CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH Hamburg 2020 2002 Philo - фото 1

© E-book-Ausgabe CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH, Hamburg 2020

© 2002 Philo Verlagsgesellschaft mbH, Berlin/Wien

Alle Rechte vorbehalten.

Covermotiv: Karl der Große am Zürcher Großmünster

Covergestaltung: nach Entwürfen von MetaDesign

Signet: Dorothee Wallner nach Caspar Neher »Europa« (1945)

eISBN 978-3-86393-557-3

Auch als gedrucktes Buch erhältlich, ISBN 978-3-86393-096-7

Informationen zu unserem Verlagsprogramm finden Sie im

Internet unter www.europaeische-verlagsanstalt.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

I.Einleitung oder: »Das neue Reich«

1.Deutsche Romanitas per translationem imperii

2.Das Reich als »complexio oppositorum«

3.Neo-Vergilische Reichsapokalyptik

4.Konservative Utopie des Abendlandes

II.Verteidigung und Ausbreitung des Abendlandes: »Euro-Amerika«

1.Die Verteidigung des Abendlandes

a) Römisches Kriterium der Ost-Bestimmung

b) Telos des antiorientalischen Affekts: Antikommunismus

c) Ost-West-Auseinandersetzung als »ew’ge Schlacht« und permanenter Kreuzzug

d) Der spanische Bürgerkrieg als konzentrierter Weltbürgerkrieg: »allumfassendes Abendland im Symbol Spaniens«

2.Der imperialistische Aufgang des Abendlandes

a) Kolonialismus und Rassismus im Zeichen der Mission

b) Vom antik-mittelalterlichen Imperium zum neuzeitlichen Imperialismus der Nationalstaaten

c) Römisches Empire: Anglikanismus

d) Missionarisch-militärisch-ökonomischer Komplex

e) »Pax Romana als Pax Americana«

3.Euro-Amerika oder »Atlantis«

a) »Weltmonarch« und »katéchon« USA – per translationem imperii

b) Euro-Amerika: Über-Abendland und »Weltabendland«

c) Abendland als »Werkzeug der Erlösung«

d) Fortdauernde und verstärkte Europazentrik

III.»Großraum«-Europa oder Abendländisches Europa: »Imperium Europaeum«

1.»Pan-Europa« und/oder Christliches Abendland: »Großwirtschaftsraum« Westeuropa

2.»Katholisches Europa« (1)

3.Integrales Europa

4.Lateinisches Europa

5.Vergilsches Abendland

6.Organisches Europa

7.Christlich-humanistisches Europa

8.»Katholisches Europa« (2)

9.»Christliches Abendland«

10.Römisches Abendland

11.»Abendländisches Christentum«

12.»Reichseuropa«

13.Faschistisches Abendland

14.Nationalsozialistisches »Imperium Europaeum«

15.Gegenrevolutionäres Europa

16.»Karolingische Internationale«

17.»Rhein-Europa«

18.»Romania«

19.Deutsch-Französisches Europa

20.»Latinité« und Gallikanismus: translatio imperii ad Gallos

21.»Antipreußischer Affekt« der (deutschen) »Abendländer«

22.»Katholisches Europa« (3)

23.»Französisches Europa«

24.Abendländisches Europa

25.Der Kaiserdom zu Speyer als »Nationalheiligtum des deutschen Volkes«

26.Kampf um die europäische Hegemonie: Germanozentrik gegen Frankozentrik

27.»Gaullistisches« Europa

IV. Schluß oder: »Das dritte Reich«

1.»Völkerrechtliche Großraumordnung«

2.Nationalsozialistische Weltreichsambitionen

3.Nationalsozialistischer Romanismus

4.»Neues Mittelalter« des Nationalsozialismus

5.Fortdauerndes Mittelalter des Katholizismus

Fußnotenverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

»Ist der Westen die Zauberformel, auf der das Selbstverständnis der wiedervereinigten deutschen Nation im anbrechenden 21. Jahrhundert gründet? Zehn Jahre nach dem Fall des Kommunismus erlebt ein Begriff, der einst der ideologischen Mobilmachung gegen Moskau diente, in den Reden deutscher Politiker, in den Feuilletons deutscher Tageszeitungen und in den Schriften deutscher Historiker und Publizisten eine fast schon unheimliche Renaissance.«

Diese Sätze des Heidelberger Historikers Philipp Gassert waren am 19. September 2001, nur eine gute Woche nach den Anschlägen auf Pentagon und World Trade Center, in der Frankfurter Rundschau zu lesen. 1Sie sind offenkundig von unmittelbarer – auch innenpolitischer – Aktualität, und nicht erst, seitdem der hessische Ministerpräsident Koch – gleichfalls im September 2001 – gefordert hat, die »Nationale Identität« zum zentralen Thema des nächsten Bundestagswahlkampfes zu machen. Gassert möchte seinerseits verdeutlichen, »daß der Westen als ein kollektiver Mythos die Nation moralisch legitimiert, indem er die gegenwärtige politische Kultur Deutschlands in den größeren Zusammenhang der ›westlichen Wertegemeinschaft‹ stellt und sie dadurch positiv sowohl vom wilhelminischen Obrigkeitsstaat und von der Barbarei des Nationalsozialismus als auch vom gescheiterten Experiment der Weimarer Republik und vom realen Sozialismus der DDR abgrenzt. In der ›Erfolgsgeschichte‹ der allmählichen Verwestlichung der alten Bundesrepublik, so scheint es, hat die Nation den roten Faden gefunden, dem sie entlastet durch die letzten fünfzig Jahre deutscher Geschichte folgt.«

Roland Kochs Parteifreund, der baden-württembergische CDU-Fraktionsvorsitzende Oetinger hat bereits Ende 2000 die von Friedrich Merz inaugurierte »Leitkultur«-Debatte dadurch zu ›entschärfen‹ versucht, daß er vorschlug, von »Deutscher Leitkultur auf abendländischer Grundlage« zu sprechen. Und er war erfolgreich damit; in der »Arbeitsgrundlage für die Zuwanderungskommission der CDU« vom November 2000 heißt es unter anderem: »Wir Deutschen haben auf der Grundlage der europäischen Zivilisation im Laufe der Geschichte unsere nationale Identität und Kultur entwickelt, die sich in unserer Sprache und in den Künsten, in unseren Sitten und Gebräuchen, in unserem Verständnis von Recht und Demokratie, von Freiheit und Bürgerpflicht niederschlägt. Deutschland gehört zur Wertegemeinschaft des christlichen Abendlandes .« 2

Ohne Helmut Kohls Wort aus dem Jahre 1989 vergessen zu haben – »der Untergang des Abendlandes findet nur in den Bibliotheken statt« 3– waren es die Äußerungen derer, die heute in seiner Partei das Sagen haben, die mich veranlaßten, meine 1979 in Hildesheim erschienene Schrift Abendland. Ein ›politischer Kampfbegriff‹ , leicht gekürzt und aktualisiert, erneut zu publizieren. *Um so mehr, als mein im Jahre 2000 herausgekommenes Buch Das ewige Rom oder: die Stadt und der Erdkreis. Zur Archäologie ›abendländischer‹ Globalisierung interessierte Aufnahme fand. 4Günter Eich hat den Zusammenhang zwischen beiden Büchern vorweg auf den Begriff gebracht, als er in Fußnote zu Rom dichtete: »Zuviel Abendland,/verdächtig« 5.

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