»Wie dem auch sei, die Ravioli brennen an. Und wenn ich eines von mir behaupten kann, dann, dass ich bestimmt nichts anbrennen lasse«, sagt er und hebt plötzlich den Blick vom Waldboden, wo er nachdenklich mit einem kleinen Ästchen Spuren in die Tannenadeln gezeichnet hat. Ich spüre, wie ich wieder einmal rot werde. Gott, er hat bemerkt, wie begehrlich ich ihn anschaue. Zu George rüberzuschauen und herauszufinden, was er davon hält, wage ich erst gar nicht. Stattdessen starre ich Gerald weiter an und schlucke, um den harten Kloß in meinem Hals zu vertreiben. Dieser Mann ist einfach nur heiß und ich bilde es mir definitiv nicht ein, dass er mit mir flirtet – oder? Als ahne er meine innere Zerrissenheit, fährt er fort: »Du solltest dich richtig austoben – und das bald, ehe dein Liebster sich eine Neue sucht. In einem Punkt muss ich George recht geben: Der Trip auf dem Trail ist magisch. Wenn du das für dich nutzt, war es sicherlich eine gute Entscheidung, herzukommen.« Ohne mich darüber aufzuklären, was genau er mir damit sagen will, dreht er sich um und kümmert sich um die Dosenravioli, die auf dem Gaskocher leise vor sich hin köcheln.
»Dein Freund spricht in Rätseln«, sage ich zu George und werfe ihm einen vorsichtigen Blick aus den Augenwinkeln zu. So wie er in sich hineingrinst, scheint ihm das Geplänkel zwischen Gerald und mir nichts auszumachen – natürlich nicht, schließlich ist er derjenige, der gerade erst heißen Sex mit ihm hatte!
»Er meint, dass Sex ein wesentlicher Bestandteil des Trails ist, und das sicher nicht nur für uns. Darum wandern wir schon zum dritten Mal einen der einfacheren Abschnitte entlang. Im ersten Jahr hatten wir nicht genug Geld für einen ordentlichen Urlaub, also haben wir unsere Campingsachen zusammengepackt und sind losmarschiert. Gerald war wie ausgewechselt: die viele frische Luft, unter dem Sternenhimmel schlafen, stinken wie ein Iltis – irgendwie hat das eine primitive Seite in ihm geweckt – eine Art triebgesteuerten Jäger. Ich kann dir sagen …« Er grinst dreckig, ich hebe abwehrend die Hand. »Erspar mir bitte die Einzelheiten.« Ich weiß genau, wovon er spricht, schließlich habe ich Gerald in Aktion gesehen. Dass George mir auch noch davon vorschwärmt, wie gut es sich mit dem völlig triebgesteuerten, ungezähmten Gerald anfühlt, muss ich mir in meinem überreizten Zustand nicht auch noch antun. Weiterhin spüre ich, wie sich neue, erregte Nässe zwischen meinen Schamlippen bildet. Aber das ist mit dem Anblick von Geralds breitem Rücken und seinen muskulösen Schultern vor der Nase auch kein Wunder. Bei jeder Bewegung, mit der er das Essen anrichtet, darf ich das Spiel dieser Muskeln unter seinem engen Shirt bewundern. »Erzähl mir lieber, warum ihr euch dieses Martyrium immer wieder antut – guter Sex hin oder her«, fordere ich George auf, um mich abzulenken und hoffe, dass er den kratzigen Unterton in meiner Stimme nicht bemerkt.
»Na eben wegen dem Sex«, antwortet er, lacht und senkt beschwörend die Stimme. »Im zweiten Jahr war ich so scharf darauf, das noch mal zu erleben, dass ich freiwillig auf Strand und Cocktails verzichtet habe, und dieses Jahr hatten wir eine kleine Flaute, seit wir wieder unterwegs sind, benimmt Gerald sich zum Glück wieder wie ein Urmensch! Er hat sich einfach nicht genug austoben können, hat die letzten Monate nur gearbeitet und somit keine Zeit für seine Abenteuer. Irgendwann verliert er dann ganz allgemein die Lust – sogar auf mich!«
Ich muss beinahe lachen, so empört klingt George. Doch die Tatsache, dass George allein Gerald nicht genug zu sein scheint, erzeugt ein brennendes Gefühl in meiner Brust und hält mich davon ab – es ist ein wenig wie bei Dave und mir. »Macht dir das nichts aus, dass Gerald andere begehrt?«, frage ich und versuche, mich so taktvoll wie möglich auszudrücken. Vorhin hat Gerald von einer offenen Beziehung gesprochen – führen er und George eine solche? Und wenn ja, macht George das nur mit, weil er Gerald nicht verlieren will? Zu meiner Überraschung wird Georges Grinsen noch breiter und er schüttelt ohne zu zögern den Kopf. »Es würde mir nur etwas ausmachen, wenn Gerald etwas begehren würde, das ich ihm ebenfalls bieten kann, da ich aber keine Vagina habe … Kommst du, ich glaube, das Essen ist fertig«, wechselt er einfach so das Thema, als versetze er mit seinen Worten nicht alles in mir in Aufruhr, und schlendert zu Gerald hinüber, der dabei ist, die Ravioli gleichmäßig auf drei Aluminiumteller zu verteilen. Wieder muss ich schlucken und bin mir sicher, keinen Bissen hinunterzubekommen. Trotzdem folge ich George wie in Trance. Meine Muskeln fühlen sich völlig verspannt an, innerlich koche ich vor Erregung. Bei jedem Schritt reiben meine Shorts über meine überempfindliche Scham und lassen sie weiter anschwellen. Aber schließlich bin ich zum Essen eingeladen. Irgendwie werde ich jedoch das Gefühl nicht los, dass ich als Dessert enden könnte – die Frage ist nur, ob ich das wirklich will! Gerald ist bisexuell!
***
Irgendwie überstehe ich das Essen, obwohl ich es kaum schaffe, meinen Blick von Gerald und seinem prächtigen Körper fernzuhalten. Gott, ich weiß sogar, wie gut dieser Mann untenrum gebaut ist – wie sollte ich es da hinbekommen, mir nicht vorzustellen, wie es mit ihm wäre? Zu meinem Glück hält er sich taktvoll zurück und unser Gespräch dreht sich wie bei den vermutlich meisten Hikern um den Trail und unsere Eindrücke darüber. Das Thema Sex schwebt zwischen uns, wird aber nicht mehr so direkt angesprochen – vermutlich, um mich bezüglich meiner zerrissenen Gefühle für Dave zu schonen. Die direkten Worte zurückzuhalten, scheint Gerald und George jedoch so aufzuheizen, dass sie Taten folgen lassen müssen. Kaum dass wir unsere Zelte aufgeschlagen haben und nach einem langen Tag mit einigen Meilen auf dem Buckel vermeintlich erschöpft hineingekrabbelt sind – Gerald und George teilen sich natürlich eines –, geht das Gestöhne los.
»Das kann doch nicht wahr sein!« Gequält ziehe ich mir den Schlafsack über den Kopf, der die leidenschaftlichen Laute jedoch kaum dämpft. Hätte ich gewusst, dass sie sich auch in meiner wissentlichen Anwesenheit nicht die Spur zurückhalten können, hätte ich meine Entscheidung, ein paar Tage mit ihnen zu laufen, vielleicht sogar überdacht. Ich mag die beiden ehrlich – George ist erfrischend herzlich und wie Balsam für meine Seele, und Gerald … nun, er ist Gerald: direkt, wie ein Schuh, der ein bisschen drückt, mich aber auf eine etwas unbequeme Art und Weise zum Nachdenken bringt. Das ist gut, genau das brauche ich schließlich. Dass er mich aber derart anmacht und mir bei den erregten Lauten, die ich als die von George identifizieren kann, sofort schmutzige Fantasien von ihm und mir durch den Kopf schwirren, kann ich so gar nicht gebrauchen. In Kombination mit dem Wissen, wie zügellos er beim Sex ist, ist die Wirkung auf mich geradezu verheerend.
Meine Brüste fühlen sich schwer vor Lust auf Berührungen an, meine Nippel ziehen sich so hart zusammen, dass es beinahe schmerzhaft ist. Ich brauche Körperkontakt, um ihn sanft fort zu streicheln. Sofort werden sie noch härter, als ich meine Hände unter den Schlafsack stecke und vorsichtig meine Brüste umfasse. Vielleicht hat George recht und hier draußen, in der Verbundenheit mit der Natur, fühlt sich der Drang nach Sex als Überlebenstrieb noch gewaltiger und intensiver an. So wie mein Körper plötzlich auf die leisesten Reize reagiert, scheint es mir jedenfalls so zu sein. Und ich wäre ziemlich dumm, wenn ich das nicht für eine hoffentlich tiefgehende Befriedigung ausnutzen würde. Seit dem Gespräch über Dave und mich kreisen meine Gedanken noch aufdringlicher um die Frage, was mich dazu getrieben hat, ihn aufzugeben. Ich bin müde, doch ich spüre auch, dass diese Müdigkeit nicht ausreichen wird, um in erholsamen Schlaf zu fallen. Ich brauche mehr und Geralds und Georges immer schneller werdende Keuch- und Stöhnlaute versorgen mich mit ausreichend anregenden Bildern, um mich schnell auf den Gipfel der Lust zu bringen. So kribbelig, wie ich mich nun inzwischen schon seit Stunden fühle, werde ich nicht lange brauchen.
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