1 ...6 7 8 10 11 12 ...27 Es deutet sich an, dass er sein Leben immer mehr selbst führen muss. Er ist darauf angewiesen, sich selbst Werte zu setzen, weil die ehemaligen metaphysischen Vorgaben, Glaube und Hoffnung, immer mehr schwinden. 15
Und dennoch fühlen wir, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. 16
Belastbare Hinweise, dass die Seeleden Tod überdauert gibt es nicht. Und dennoch glaubt mindestens die Hälfte der Deutschen an ein Leben nach dem Tod, z. B. an die Auferstehung der Toten und die Unsterblichkeit der Seele.
Leben wir weiter im Totenreich, im Jenseits, im Himmel oder der Hölle ? Oder endet unsere Existenz mit dem Tod unwiederbringlich ? Werden wir gar wiedergeboren ? Gehen wir ein in die Welt des Schattens, wenn wir sterben ? Oder leben wir weiter in unseren Nachkommen ?
„Und viele, so unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zu ewiger Schmach und Schande.“ (Daniel; 12: 2; Lutherbibel 1912; Daniel der Prophet, jüdischer Traumdeuter und -seher; 2. Jh. v. Chr.; zählt im Alten Testament zu den vier „großen“ Propheten; der Name bedeutet so viel wie „Gott hat Recht verschafft“.)
Gibt es einen Sündenfall und ein Paradies ? Wer geht ein in die Herrlichkeit Gottes ? Werden wir zum Leben erweckt vom Jüngsten Gericht ? Hat die Hölle einen heidnischen Ursprung ? Gab oder gibt es den Hades – die Unterwelt ? Wird auch der Nichtgläubige nach dem Tod bekehrt und selig ? Werden wir gar belohnt im Jenseits durch unsere Frömmigkeit ? Gibt es das Ende der Wiedergeburtim Nirwana ?
NIRWANA, Sanskrit; buddhistischer Schlüsselbegriff, der den Austritt aus dem Kreislauf des Leidens und der Wiedergeburten, der sog. Reinkarnation durch Erwachen – Bodhi – genannt, bezeichnet.
Leben nach dem Tod
Es gibt keine wissenschaftlich begründbare Antwort über „Seelenwanderung“. Allein der Glaube macht uns stark. An uns, an die Liebe und die Ewigkeit.
Die folgenden Worte stammen von niemandem Geringerem als Sokrates:
„Ich bin zuversichtlich, dass es wahrhaftig so etwas gibt, wie noch einmal zu leben, dass die Lebenden von den Toten herstammen und dass die Seelen der Toten am Leben sind.“ 17
„Meister, gibt es ein Leben nach dem Tod ?“
„Das weiß ich nicht.“
„Aber Du bist doch der Meister ?“
„Ja, aber kein toter Meister“. 18
LebensSinn
Was soll das alles ? Wozu der ganze Mist ? Fragen, denen viele begegnen oder begegnet sind: Am Arbeitsplatz unter einem ungnädigen Chef, wenn die Seele brennt, in einer unglücklichen Liebe oder Beziehung, nach dem Tod eines geliebten Partners, im alltäglichen Frust, in der politischen und meteorologischen („Klimawandel“) Großwetterlage, in der Verzweiflung zu scheitern an sich und den anderen, in Pflegeheimen abgeschoben und eingepfercht zu sein oder mit einer unheilbaren Krankheit zu leben im Wissen um die eigene Endlichkeit. Worin besteht dann noch der Sinn im Leben – der LebensZweck ? Für was und wen soll das alles noch gut sein, wenn in der letzten LebensPhaseGebrechlichkeit, Einsamkeit, Senilität, Hinfälligkeit und stetige Vergreisung, der Verlust von Orientierung und das Vergessen hinzutreten ?
„Das Alter ist der Übel höchstes; denn es beraubt den Menschen aller Genüsse, lässt ihm aber das Verlangen danach, und bringt alle Leiden mit sich.“ (Ciacomo Graf Leopardi, italienischer Dichter; 1798–1837)
„Der Tod ist nichts anderes als ein Kunstgriff der Natur, um möglichst viel Leben zu haben.“ (Georg Christoph Tobler, Schweizer Theologe und Schriftsteller; 1757–1812)
Wie stehen wir zur Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen im Angesicht des Universums ? Was sagt uns der Blick in die Sterne, die Weite des Meeres oder die Majestät der Berge – oder in die Abgründe der menschlichen Natur und Psyche im Angesicht des Bösen ? Ist es nicht so, als zöge es einen manchmal hinab in das tiefe Loch vom Geländer einer Brücke oder von der Höhe eines Berggipfels ? Das unheimliche Gefühl in den Schacht zu fallen, in den man hineinblickt. Hat das nicht jeder von uns einmal erlebt ?
„Wenn man lange genug in den Abgrund schaut, schaut der Abgrund auch in einen.“ (Friedrich Nietzsche, deutscher Philosoph; 1844–1900)
Was ist der Sinn meines Daseins ? Warum um alles in der Welt gibt es Lüste, Ängste, unerfüllte Wünsche, Schmerzen, Verzweiflung, Krankheit und Leid ? Wird das Schicksal der Endlichkeit unserer Existenz nicht allzu oft verdrängt und übertüncht von dem dauernden Streben nach Wohlstand, Gesundheit, Anerkennung und Glück ? Worin sind Sehnsucht und Streben nach immer mehr und immer weiter begründet ? Soll es ablenken von dem Wissen, dass keiner von uns dem Tod entgehen kann ? Was bedeutet LebensKunstfür uns ? Ist es nur das Dolce Vita, gutes Essen und Trinken, ein „hedonistischer LebensKonsum“, nur an momentanen Genüssen ausgerichtete egoistische LebensEinstellungin einem protzigen Ambiente ? Warum können so wenige unter uns in sich hineinlächeln ? Ist es nicht das mangelnde soziale Gefüge in einer intakten Familie, was so viele scheitern lässt ? Haben wir die Orientierung verloren ? Was tritt an die Stelle von Tradition, Religion, Konvention, Grundüberzeugungen, die vor nicht allzu langer Zeit den Alltag bis ins Detail definieren konnten ? LebensWissen wird nicht mehr weitergegeben von Generation zu Generation. Wir finden uns nicht selten allein und verloren in unserem begrenzten LebensHorizont. Unser Dasein ist geteilt in Glück und Unglück. Nur wenn es uns gelingt, beide Extreme zu überschauen und einzubinden in unser Leben, nähern wir uns der wahren LebensKunst.Zur Fülle des Lebens gehört auch der Tod. Wir müssen uns mit ihm anfreunden. Erst der Tod gibt unserem Leben Sinn und Tiefe. Der unendliche Wert des Lebens besteht in seiner Endlichkeit. Ein grenzenloses Leben hätte das Alleinstellungsmerkmal des Vergehens verloren.
„Nur wenn Altes geht, kann Neues werden.“ (Christoph Quarch, deutscher Philosoph, Theologe und Publizist; *1964)
Wenn es zum Pol der Endlichkeit einen Gegenpol gibt, dann müsste es die Unendlichkeit sein. Der Blick zum Himmel ist für den großen deutschen Philosophen Wilhelm Schmid (*1953; Schwerpunktforschung: „Lebenskunstphilosophie“) wie ein philosophisches Abendgebet. Letztlich sollte jeder sein eigenes Maß finden. Nur ein bewusster Umgang mit eigenen Gefühlen und Lüsten führt zu einem erfüllten Leben. 19
Ist unser Leben auf dem richtigen Weg ? Viele Fragen und kein Ausweg.
Ist eine Antwort nach dem LebensSinnüberhaupt möglich ? Oder versteht nicht jeder etwas anderes unter „Leben“ ? Sicher ist, dass nur der Mensch als einzig vernunftbegabtes Wesen auf dieser Welt, eine Lösung aus diesem Dilemma suchen kann.
„Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da suchet, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“ (Matthäus 7; 8)
Viele aber resignieren, sinnieren und finden keinen Sinn mehr im Leben. Nicht alle aber werden sich immer nach dem Sinn des Lebens fragen. Der Ertrinkende versucht zu überleben, der Hungernde zu essen und der Frierende seinen Leib mit Tuch zu bedecken. Der ums nackte Überleben kämpft, wird kaum Zeit haben, den Sinn des Lebens zu hinterfragen. Und es sind auch nicht die Armen, die weniger „Sinn“ im Leben finden. Bei Menschen, die in Wohlstand leben, ist zwar die LebensZufriedenheit höher als in ärmeren Ländern. Wen wundert’s. Mit dem LebensSinnist es aber gerade umgekehrt. In den ärmsten Gegenden wie dem Tschad oder Äthiopien ist die Sinnkrise weniger verbreitet als in den reichen Ländern. Offenbar führen schwierige LebensUmständezu mehr Sinngefühl im Leben als es in einer profanen Wohlstandsgesellschaft möglich ist. Dabei scheint in den ärmeren Ländern Religion eine große Rolle zu spielen.
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