Schon Hippokrateswusste um die Bedeutung, ein gesundes Leben zu führen und die Kräfte des Körpers durch eine bekömmliche Ernährungsweise zu erhalten: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“ Dieser Ausspruch hat heute noch Gültigkeit.
Einer der ersten Ratgeber, für die richtige Art sich zu ernähren, stammt von Luigi Cornaro (italienischer Humanist, Agrarökonom und Schriftsteller; 1467–1566) aus dem 16. Jahrhundert.
Er war einer der wohlhabendsten und ältesten Bürger Paduas. Von ihm stammt das Bändchen: „Discorsi intorno della vita sobria“ („Ausführungen zum maßvollen Leben“). 2
Immerhin wurde der agile hochbetagte Italiener damals schon über 90 Jahre alt. Mit anderen Worten: Stopf nicht so viel in Dich rein und halte Maß ! Die Kalorienrestriktion ist eine Methode, wie man sich ein längeres Leben „erhungern“ kann. Enthaltung erhöht das Alter. Damit kam der Italiener dem Geheimnis der Hundertjährigen auf Okinawa schon sehr nahe: „Hara hatchi bu“, fülle Deinen Magen nur zu drei Viertel.
Wir wollen aber gesund und zugleich genussvoll leben und uns dementsprechend ernähren.
Diät von heute – morgen überholt
Die Diätvon gestern oder heute ist morgen schon überholt. Es gibt schon fast eine Pflicht zur gesunden Ernährung. Essen und Nichtessen ist zum Dauerthema geworden. Wir sollten uns hüten vor dem Zwang zur gesunden Ernährung ( Orthorexie;griechisch, orthos „richtig“, orexis „Begierde“).
Der Wunsch, bei der Ernährung alles richtig zu machen, führt bei manchen Menschen zur Magersucht.Vertrauen wir mehr auf unsere Sinne und hören wir auf unser Bauchgefühl. Der Besseresser muss sich fragen, ob er die Weisheit mit dem Löffel gegessen hat. Belehrung, der erhobene Zeigefinger und der Zwang zur Kontrolle haben mit dem Essen nichts zu tun. Wer immer Chiasamen, Goji-Beeren, Soja, Algen und Gerstengras und allerlei Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, möchte neueste Studien gar nicht wissen. Die eigene Ernährung ist für viele eines der letzten Gebiete, welches sie noch selbst beeinflussen können. Das „Vorgaukeln“ gesunder Ernährung wird zum Triebwerk des eigenen Selbstbewusstseins stilisiert. Krisen werden benützt als Modell zum Abnehmen.
Fasten in allen Regionen
Durch Fastenwird nicht nur der Körper, sondern auch Geist und Seele gereinigt. Die erste Müdigkeit wird bald abgelöst durch ein Hochgefühl, Ruhe und Achtsamkeit. Alte Lasten werden abgeworfen und der Blick schärft sich für das Wesentliche. Die Vorteile der Enthaltsamkeit sind tief in den Weltreligionen verwurzelt.
Im Exodus 34:28 heißt es wie Mosesin der Steinwüste des Berges Sinai die 10 Gebote verfasste:
„Moses blieb dort beim Herrn 40 Tage und 40 Nächte. Er aß kein Brot und trank kein Wasser. Er schrieb die Worte des Bundes, die zehn Worte auf die Tafeln …“
Der Ramadan(arabisch „der heiße Monat“) ist der Fastenmonat der Muslime (neunter Monat des islamischen Fastenkalenders). Fasten („Saum“) ist einer der 5 Säulen des Islam.
Der Prophet Mohammed (570–632 n. Chr.) sagt im Koran Sure 2,184:
„… Wer aus freien Stücken Gutes tut, dem soll Gutes werden. Dass ihr fastet, ist für euch selbst bekömmlich, wenn ihr es begreift ! …“
Über Georgias von Leotinoi (Philosoph in Syrakus; zwischen 480 und 475 v. Chr. geboren; wurde 108 Jahre alt und sagte über das Geheimnis seines hohen Alters: „Ich habe auf alles verzichtet“) wird berichtet, er habe Selbstmord durch Fasten begangen, aber erst als er uralt war.
Der Kirchenvater Athanasius der Große (295–373 n. Chr.) aus Alexandria, einer der Begründer des christlichen Mönchtums, sagt:
„Das Fasten heilt die Krankheiten, trocknet die überflüssigen Säfte im Körper aus, vertreibt böse Geister, verscheucht verkehrte Gedanken, gibt dem Geist größere Klarheit, macht das Herz rein …“
Die jungen Indianer mussten fasten, bis sie als Männer in den Stamm aufgenommen wurden, und auch die Buddhisten, ehe sie ins Kloster eintreten durften.
Plädoyer für die „Dicken“
Jetzt wird es Zeit, mit dem Diskreditieren und Stigmatisieren der „Dicken“ aufzuhören. Ja, es ist wahr, dass fast 80 % der Erwachsenen und etwa ein Drittel der Kinder in den USA übergewichtig oder sogar adipös sind. Und dennoch darf es nicht sein, dass Übergewicht sofort gleichgesetzt wird mit persönlichem Versagen. Viele „Dicke“ leiden darunter. Sogar ein Großteil der Mädchen lebt in der Angst, dick zu werden. Fett sein fühlt sich für viele als die schlimmste Form von Schwäche an, als Gipfel des Versagens. Sie verbergen ihren Körper unter Zelten aus schwarzem Stoff. Dunkle Hosen haben Hochkonjunktur. Dabei lenken diese doch sofort den Blick auf Hüften und Hinterteil.
Darf es nicht mehr ein bisschen mehr sein ? Ist jedes Gramm Übergewichtschon ein Unglück ? Eine übergewichtige Frau tut sich verdammt schwer, ein „normales“ Gewicht zu erreichen. Nur ein verschwindend kleiner Anteil schafft dies überhaupt.
Gewichtund Gesundheitsind nicht immer ein Widerspruch. Wieviel Wohlbeleibte kennen wir in unserem Alltag, die Großartiges erbringen oder erbracht haben und die das 80. Lebensjahr schon längst hinter sich gelassen haben ? Wollen wir auf all die Molligen verzichten, auf die Winston Churchills, die Ludwig Erhards, Helmut Kohls oder Dick und Doof ? Zwei Drittel bis drei Viertel der „Dicken“ sind gesund, was ihren Stoffwechsel angeht. Sie haben keinen erhöhten Blutdruck, kein hohes Cholesterin und keinen Diabetes. Schlanke, untrainierte Menschen sind viel gefährdeter, zuckerkrank zu werden. 3
Häufig fällt einem „dünnen“ (oder sogar wohlbeleibten) Mediziner nach der Untersuchung eines etwas übergewichtigen Patienten nichts Besseres ein, als den Finger mahnend zu erheben und zu sagen: „Sie sollten aber noch einige Pfunde abnehmen“. Eine traurige Bankrotterklärung. Müssen wir nicht endlich akzeptieren, dass unser Land nicht dünner werden wird, aber gesünder werden kann ? Hören wir endlich auf mit dem Mobbing übergewichtiger Menschen ! Tolerieren wir den Menschen insgesamt ! Dazu gehört auch sein Gewicht. Schenken wir den Übergewichtigen im Fitnessclub zwischen all den „Schönen“ ein kurzes Lächeln. Sie nehmen es dankbar auf. Lernen wir endlich zu akzeptieren, dass es noch keiner Nation bisher gelungen ist, die Anzahl der Übergewichtigen insgesamt zu reduzieren.
Ist es nicht mehr als erschreckend, dass Extremdiäten mittlerweile zu den häufigsten Todesursachen in den USA gehören, verantwortlich für viel mehr Todesfälle wie Gewalt durch Schusswaffen und Autounfälle zusammen ?
Dicksein zu akzeptieren bedeutet keinen Freibrief für ungezügelte Prasserei. Der Aufruf zu einem gesünderen Essverhalten und mehr Bewegung verliert dadurch nicht an Bedeutung. Umfragen zeigten, dass Schulkinder nach Förderung der athletischen Eigenschaften zwar nicht immer viel Fett verloren, aber ihre Muskelmasse steigerten. Und jetzt passen Sie auf: Sie wurden wesentlich besser in „Mathe“. 4
Bevor wir mit einer Diätbeginnen, die ohnehin oft zum Scheitern verurteilt ist, sollten wir zwei Dinge beachten: War ich schon bei der Ernährungsberatung und wie schaut es mit der täglichen Bewegung aus ?
Viele Probleme könnten sich dadurch von selbst regeln.
Rauchen und ab und zu „saufen“ ist immer ein „normales“ Verhalten – übergewichtig sein nicht !
Philosophie und Qualität des Lebens
Neidvoll blicken wir auf die Alten in fernen Ländern und deren Ernährungs- und Lebensweise. Von Sushi und Kefir bis zur ständigen Bewegung des sardischen Ziegenhirten in den Bergen.
Читать дальше