„Jetzt brüll nicht so, ich bin doch nicht taub!“, hörte sie das helle Stimmchen von unten. Dietlinde hatte in der Maueröffnung auf Lotte gewartet hatte und betrat jetzt die Kanzel. „Das war knapp, wenn die Leute noch länger in der Kirche geblieben wären, hätte ich ohne dich zurückgemusst. Setz dich, wir müssen los, der Zeitstrom ist gerade noch stark genug.“
„Jetzt warte doch mal, ich muss dir was erklären“, protestierte Lotte.
„Keine Zeit, keine Zeit, gib mir deine Hand, du weißt schon, vorsichtig nach vorne halten und nicht so hoch.“
Lotte tat zwar, was Dietlinde von ihr verlangte, aber sie wollte ihr vor der Zeitreise noch unbedingt von Doro erzählen. Schon spürte sie den kleinen Stich an ihrem Finger, die Schmerzen begannen, sie schrumpfte, und ehe sie sich versah, riss Dietlinde sie mit und zerrte sie in den Zeittunnel. Lotte wehrte sich, der Strom hatte sie jedoch bereits erfasst, sie versuchte diesmal bei Bewusstsein zu bleiben, doch schon nach wenigen Sekunden merkte sie, wie ihr die Sinne schwanden.
Kurze Zeit später saß sie wieder auf der Wiese vor der Katharinenkirche und schüttelte benommen ihren Kopf. Diesmal regnete es wie aus Kübeln. Dietlinde, die zum Schutz vor dem Regen einen braunen Umhang trug, sah sie an, die roten Pumuckelhaare hingen ihr in feuchten Strähnen ins Gesicht.
„Los, erhebe dich!“, fuhr sie Lotte an. „Oder willst du hier festwachsen?“ Sie hielt ihr Balthasars Schlafsack entgegen, den Lotte schon beim letzten Mal getragen hatte. „Anziehen!“, kommandierte Dietlinde.
„Hör mal“, begann Lotte, während sie langsam aufstand und sich mit leichtem Ekel den nassen Sack über den Kopf zog, „ich wollte auf meine beste Freundin Doro warten und sie dir vorstellen, ich hab ihr nämlich alles erzählt.“ Lotte war ärgerlich, dass ihr Plan wegen der amerikanischen Touristen geplatzt war.
„Ich weiß, ich weiß, aber wir müssen hier weg, ich will ins Trockene, seit gestern Abend regnet es ununterbrochen, wir können alles bei Balthasar besprechen. Ich danke Gott, dass du wieder da bist.“
Dietlinde nahm Lotte wieder an die Hand. Während sie hinter ihr herstolperte, merkte sie, wie der Regen nach und nach auch ihre Sachen durchweichte. Das Holz der Zugbrücke war so glatt, dass Lotte beinahe ausgerutscht wäre.
„Gib acht!“, rief Dietlinde. „Gleich auf dem Weg ist es bestimmt noch schlimmer.“
Der Regen fiel wie ein dichter Vorhang, Lotte musste sich vollkommen auf Dietlindes Führung verlassen, sie konnte gerade noch erkennen, dass sie das untere Burgtor passierten und an der Pferdetränke vorbei kamen, danach verlor sie völlig die Orientierung. Der Weg war tatsächlich sehr glitschig, sie rutschte immer wieder aus.
„Ich bin nass bis auf die Haut, wann sind wir endlich da?“
„Gleich, wir müssen nur noch diesen Abhang hinab.“ Dietlinde zeigte nach vorne, nur schemenhaft erahnte Lotte den weiteren Verlauf des Weges.
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