Jedes der Mädchen bereitete sie ähnlich liebevoll auf die Mittagsruhe vor, schließlich stand sie auch vor Silvias Käfig. Ein sinnliches Lächeln lag in ihrer Miene, ihre Brüste hoben und senkten sich in tiefen Atemzügen, aus dem dunklen Gekräusel des Schamhaars lugte die Schlaufe des weißen Bandes hervor, in der Hand klackten die Kugeln vielversprechend. Sanft schob sie Silvias Arme in Höhe des Kopfes und kettete sie fest, streifte das Gewand nach oben und hakte es am Halsband fest, beugte sich geschmeidig zwischen Silvias Beine, die sich von ganz alleine öffneten. Noch nie hatte Silvia die Lippen einer Frau gefühlt, sie waren zart wie ein Hauch, warm und zärtlich, und die Zunge, die auf Anhieb wusste, wo es am schönsten war, schenkte Wonne. Sie spürte die Kühle der Kugeln, empfing die erste mit einem wohligen Seufzen und stöhnte auf, als sich auch die zweite in die warme Enge drängte. Noch einmal kreiste die Zunge über ihren Schoß, dann richtete Jasmin sich auf und zog sich zurück.
Der Aufseher erschien, um die Gittertür abzuschließen, er blieb einen Moment lang stehen und musterte Silvia von oben bis unten mit ausdruckslosem Blick, von dem sie sich begutachtet fühlte wie eine Zuchthenne vom Preisrichter.
Bloß keine Gefühle zeigen! Sie durfte nicht zum Spielball der Regeln werden, musste Kontrolle wahren über das Denken und die Gefühle, sogar über ihre Triebe. Nur den Körper durften sie haben, sonst nichts! Sie lag steif wie ein Brett auf der Pritsche, während sich Jasmin auf der ihren niederließ und vom Aufseher festgekettet wurde, ohne zärtlichen Cunnilingus natürlich. Er berührte sie nicht einmal, tat einfach nur seine Pflicht und setzte sich dann auf seinen Stuhl, stützte den Kopf auf die Hand, schien einzuschlafen. Vielleicht waren er und sein Kollege Heilige, aber nein, Heilige bewachten keine versklavten Frauen. Oder Eunuchen, der Begierde beraubt im Dienste der Regeln? Vielleicht war es einfach nur das überreiche Angebot an Weiblichkeit, das ihnen den Reiz nahm, dazu die Verachtung für die Mädchen, die für sie wohl Arbeit waren, nicht Vergnügen.
Warum aber sollte er sie denn unbedingt berühren, warum war Silvia fast enttäuscht über seine Zurückhaltung? – Sie war kein Brett, sie bestand nicht aus Holz. So reglos sie auch lag, so war doch nicht alles in ihr erstarrt. Ihre intimen Muskeln, die zum Erfreuen des Gebieters trainiert werden sollten, erfreuten sich selbst der Kugeln, spielten zärtlich mit ihnen, ließen sich anregen vom sanften unaufhörlichen Schwingen. Tiefer wurden die Atemzüge, gerne hätte sie sich berührt, was aber nicht möglich war. Auch aus anderen Zellen ließen sich eindeutige Laute vernehmen, ein verhaltenes Seufzen hin und wieder, jetzt sogar ein wohliges Stöhnen. Dem Bann dieser Kugeln konnte sich keines der Mädchen entziehen und auch nicht Silvias Fantasie.
Sie schloss die Augen und es dauerte nicht lange, bis ein Mann ihren Käfig betrat und sich über sie beugte, sie berührte, überall an ihrem hilflos dargebotenen Körper. Er legte sich auf sie, drang roh in sie ein und nahm sie hart wie ein Tier. Sie wand sich keuchend unter ihm, wollte die Arme um seine Schultern schlingen und sich an ihn pressen, doch wurden sie von Ketten festgehalten. Sie kannte ihn nicht, diesen Mann, der so rücksichtslos in ihr wühlte, doch war es nicht Wolfgang, der es bei einer halbwegs anständigen Fantasie hätte sein müssen, sondern irgendein anderer, ein schweigsamer, dunkelhaariger, fast hünenhafter … etwa der Aufseher? Aber nein, sie würde sich doch nicht lustvoll einem peitschenschwingenden Kerkermeister hingeben, auf keinen Fall, nicht einmal in der wonnevollen Vorstellung.
Das aufgewühlte Stöhnen, das an ihr Ohr klang, stammte von ihren eigenen Lippen, so wurde ihr plötzlich bewusst, und das Kreisen ihres Unterleibs war echt, das gab es nicht nur im hitzigen Traum. Wo blieb ihr Wille, der sie doch vor der völligen Unterwerfung unter die Regeln und ihrer seltsamen Stimmung bewahren sollte? Er hatte sie schmählich verlassen! Oder etwa nicht? War er da, präsenter und klarer als je zuvor, war es etwa dieser Wille, der sie hierher geführt hatte, damit sie hier auf einer Zellenpritsche ihre reizvoll absonderlichen Gefühle genieße? Würdest du es nicht wollen, wärst du nicht hier. Die Worte der Herrin. Ihre Richtigkeit wurde immer deutlicher.
Immer lauter meldete sich in Silvia das Wesen zu Wort, das schon immer seinen Reiz gefunden hatte an der Unterwerfung. Und dieses Wesen ließ sich nicht länger verdrängen. Es wollte keinen „Blümchensex“. Es wollte das Mädchen der Regeln sein und hatte nichts einzuwenden gegen Unterwerfung, Hilflosigkeit, Demütigung, sehnte sich sogar danach …
Wolfgang würde sich freuen. Aber Wolfgang war nicht da, es war dieser andere Mann, der Unbekannte, dem sie sich hingab. Doch schickte sie auch diesen jetzt wieder fort, versuchte die Kontrolle zurückzugewinnen, die Triebe einzudämmen, in Ketten zu legen …
Der Fremde
Der Aufseher erhob sich vom Stuhl, schloss die Zellentüren auf, befreite die Mädchen von den Ketten. Jetzt schon, nach so kurzer Zeit? Aber vielleicht war die Zeit gar nicht so kurz gewesen, sondern nur wie im Flug verstrichen. Wortlos trat er an Silvias Pritsche, fummelte mit dem Schlüssel an ihren Armbändern, halb über sie gebeugt. Nahe ihrem Gesicht sah sie seine merkwürdige Kluft, dickes starres Leder, das nicht erkennen ließ, ob sich darunter etwas regte.
Verstört wandte sie den Blick zur Seite. Es ging sie nichts an, musste ihr egal sein, das hier war der reale Mann, dem sie sich nicht nähern durfte, es auch nicht wollte, schlimm genug, dass sein imaginäres Abbild sie besessen hatte. Erst als er die Zelle verlassen hatte und ihr den Rücken zuwandte, mit Jasmin beschäftigt, nahm sie die Kugeln aus sich heraus. Warm und feucht lagen sie in der Hand, ließen ein begehrliches Kribbeln zurück. Magische Requisiten, die Einblick in verborgene Winkel ihres Wesens gewährt hatten. Sie legte sie rasch in die Vertiefung der Ablage, in der sie zueinander kullerten und zur Ruhe kamen. Das Klacken verstummte.
Weil alle es taten, löste auch Silvia die Häkchen des Gewandes vom Halsband, ließ es hinabsinken und strich es glatt, ging dann mit den anderen zusammen zur Toilette und aufs Bidet.
Danach mussten sie wieder das Make-up auffrischen, damit die Attraktivität erhalten blieb. Für wen eigentlich, fragte sich Silvia, da es hier an Männern doch offenbar nur Eunuchen und Schwule gab. Aber gut, die Regeln würden schon wissen, weshalb sie es verlangten. Die Stimmung war ruhig, die Mädchen wirkten in sich versunken, als sei jede noch vom Nachklang der Gefühle befangen. Was sich in der Fantasie der anderen wohl abgespielt hatte, ob auch sie einem Aufseher hingegeben waren? Es blieb ihr Geheimnis, denn in dieser Beziehung ging es hier zu wie im richtigen Leben: Über solche Dinge sprach man nicht.
Maria, die Ärmste, versuchte die Spuren des Leids aus ihrem Gesicht zu schminken. Die Tränen und das Wimmern waren versiegt, durch das dünne blaue Gewebe schimmerten die roten Striemen hindurch, manchmal, wenn sie zusammenzuckte, ahnte man, dass es ihr noch immer wehtat, doch versuchte sie sich an einem tapferen Lächeln. Es ging schon, musste gehen, denn sie war ja eine Frau und Frauen hielten einige Peitschenhiebe schon aus.
Sie fand Gelegenheit zur Erholung, denn es stand der „freie Nachmittag“ auf dem Programm, den sie oben im Kaminzimmer verbrachten, wo sie tun konnten, was ihnen beliebte, im Rahmen des Erlaubten natürlich, also nicht viel. Gern hätte sich Silvia dem Tagebuch gewidmet, da sie diesem aber nicht schon bald eine selbst erlebte Auspeitschung schildern wollte, zog sie es vor, die freie Zeit dem Lernen der Regeln zu widmen. Die Schublade war unberührt, soweit sie es beurteilen konnte, das Buch der Regeln lag obenauf, harrend der wenig geneigten Leserin.
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