„Das reicht.“ Seine Stimme klang heiser. „Dort drüben liegt ein Handtuch.“
Es lag weit genug entfernt, dass sie sich ihm noch einmal nackt präsentieren musste, doch das erregte sie sicher nicht weniger als ihn. Sein Blick folgte ihr unverwandt. Statt sich in das weiche Tuch zu hüllen, verwendete sie es lediglich, um das Wasser von ihrer Haut zu tupfen.
„Reib dich mit dem Öl ein!“, sagte er. Sie schaute sich nach der blauen Karaffe um. Behutsam entfernte sie den Glasverschluss, dann neigte sie das Gefäß und ließ reichlich Öl über ihre Brüste rinnen. Die Tropfen kitzelten über ihre Haut, während sie die Karaffe verschloss und wegstellte.
Es war ein gutes Öl, das beim Verteilen leise, schmatzende Geräusche erzeugte. Sorgfältig verrieb sie es über Bauch und Brüste, strich auch die Arme ein und merkte, dass es sogar noch für die Beine reichte. Aufreizend ließ sie ihre Finger über die Haut gleiten, bückte sich, um die Füße zu erreichen, fuhr beim Aufrichten mit der Hand über ihren Schenkel und ihren Hintern. Sie genoss seinen Blick, der jedes Detail ihres Körpers musterte.
„Komm her“, sagte er nach einer Weile.
Jetzt stellte sie sich vor ihn, das rechte Bein zwischen seinen Oberschenkeln. Sie hatte reichlich von dem duftenden Öl genommen und seine Hände glitten weich über ihre Haut.
Ihr wurde klar, dass er gar keinen Handschuh trug.
Seine Rechte war unregelmäßig vernarbt und die metallenen Verstrebungen und Aufsätze lagen direkt auf der Haut, durchdrangen sie und hatten wohl die Aufgabe, die Bewegungen seiner Finger zu dirigieren und zu unterstützen. Eigentlich, dachte Kara, besaß der Anblick eine ganz eigene Schönheit.
Die linke Hand hingegen war unversehrt.
Er nahm ihre Brust und drückte die Brustwarze zwischen Daumen und Zeigefinger zusammen. Ein Stöhnen entfuhr ihr, während sie sich ihm entgegen bog. Er ließ sie los, strich über ihren Bauch, dann glitten seine Finger zwischen ihre Beine, als wolle er prüfen, wie bereit sie war. Die schmierige Feuchtigkeit dort war kein Öl.
„Dreh dich um“, verlangte er. Sie gehorchte, und während hinter ihr der Stoff seiner Kleidung raschelte, beugte sie sich vor, stütze sich auf dem Rand der Wanne ab und präsentierte ihm die Öffnung, über die er die Verfügungsgewalt gekauft hatte. Seine Hände glitten über ihren Hintern, die eine warm und weich, die andere kratzend mit kühlem Metall, verteilten das Öl weiter über ihren Po und zwischen den Backen, die er ein wenig nach oben zog, bevor er unvermittelt in sie eindrang. Sie keuchte auf, als sie die Größe seines Gliedes spürte, fühlte erregt die Dehnung und seufzte, als er sich sanft in ihr bewegte. Seine Hände lagen um ihre Hüfte, sodass er ihre Bewegung lenkte. Sie fand sich rasch in den stummen Rhythmus ein, stöhnte immer wieder genussvoll auf. Sie hatte schon unzählige Männer in sich gespürt, große und kleine, doch etwas war ungewöhnlich an seinem Glied. Es fühlte sich uneben an, unregelmäßig, und das machte seine Stöße noch erregender.
Sie hätte sich noch lange weiter so von ihm verwöhnen lassen können, doch er kam viel zu früh. Ohne Rücksicht darauf, dass sie unerfüllt geblieben war, zog er sich aus ihr zurück. Wieder raschelten die Stoffe hinter ihr, als er die Hose schloss.
„Der Butler wird dir ein Kleid bringen“, sagte er trocken. „Zieh es an.“
„Nur das Kleid?“, fragte sie mit einem Blick auf ihre am Boden liegende Unterwäsche.
„Nur das Kleid.“
Damit ging er an ihr vorbei und verließ das Bad.
„Sie gehen wohl nie nach Hause, Mann!“
Blackwell schaute von den Ikonographien auf, die er über den leeren Seziertisch gebreitet hatte, und sah Hestridge in Hut und Mantel in der Tür stehen.
„Sie sind ja auch noch da“, gab er zurück.
„Aber ich geh jetzt heim zu Weib und Kind. Sie sollten sich auch eine Frau suchen, Simon. Das würde Sie ein bisschen ablenken von all dem hier.“ Hestridge machte eine diffuse Handbewegung, welche die gesamte Pathologie umfasste. Blackwell lächelte säuerlich. Wahrscheinlich hatte der DI sogar Recht.
Nichts zog Blackwell in die stille Wohnung, die er seit dem Tod seiner Mutter ganz allein bewohnte. Nach dem Schlaganfall hatte ihre Pflege seine freie Zeit vollständig beansprucht, doch seit sie fort war, gab es nicht mehr viel, was seine Abende füllte. Manchmal saß er einfach nur in einem Sessel, ein Glas Whiskey in der Hand, und starrte in die Dunkelheit.
„Grüßen Sie Ihre Frau“, sagte er und hoffte, dass Hestridge endlich ging, doch den Gefallen tat der DI ihm nicht.
„Ein paar der Jungs sind noch drüben im Pub“, sagte Hestridge stattdessen.
„Ich schau vielleicht später vorbei“, entgegnete Blackwell, obwohl er keinen Grund sah, sich an einem Gespräch über Belanglosigkeiten zu beteiligen, während um sie herum die Welt zum Teufel ging.
„Warten Sie nicht zu lange“, mahnte Hestridge, „die Meisten von denen haben auch ein Zuhause.“ Damit ließ er Blackwell endlich allein, und der wandte sich wieder den Bildern zu.
Es waren Ikonographien von Körperteilen. Massen davon. Dreizehn Frauenleichen hatten sie im Wald von Langford Greens gefunden, in allen Stadien der Verwesung. Die Ältesten waren bereits vollständig skelettiert. Selbst wenn man berücksichtigte, dass die Leichen ohne Särge und relativ oberflächlich vergraben worden waren, ließ das darauf schließen, dass der ‚Inquisitor‘ schon eine ganze Weile tätig war – seit mindestens sechs oder sieben Jahren. Das ergab einen Schnitt von zwei Morden pro Jahr.
Den Spitznamen ‚Inquisitor‘ hatte die Boulevardpresse dem Täter verpasst, als bekannt geworden war, dass er die Frauen offenbar nicht einfach ermordet, sondern zuvor perfiden Foltermethoden unterzogen hatte. Aufgrund der prä- und postmortal beigefügten Verstümmelungen war eine Identifizierung der Leichen kaum noch möglich. Einen ersten Namen hatten sie mehr durch Glück als durch das investigative Können der Kollegen erfahren: Tabby, ein Straßenmädchen aus dem über dreißig Meilen entfernten Gedford. Daraufhin hatten sie die Suche ausgeweitet und vier weitere Opfer identifiziert. Sie alle waren käufliche Mädchen aus entfernten Ortschaften gewesen. Der Täter war also nicht einfach Opfer seiner unkontrolliert aufflammenden Begierden. Er ging überlegt vor und verfügte über gewisse logistische Möglichkeiten.
Diese Beobachtung sprach dagegen, dass Mira zu seinen Opfern gehört hatte, denn Mira war aus Neventry. Falls das zutraf, hatten sie es also mit zwei verschiedenen Tätern zu tun – es sei denn, der „Inquisitor“ hätte seine Strategie geändert.
Blackwell starrte auf die Bilder, als läge dort irgendwo die Antwort verborgen, und wusste doch, dass er sie heute Abend nicht mehr finden würde. Heute nicht. Vielleicht niemals. Der Fund des Leichenfeldes, der Aufschrei in der Presse, all das hatte das Ungeheuer gewarnt. Es war gerissen. Sie hatten sieben Jahre lang nicht die kleinste Ahnung von seiner Existenz gehabt. Nun würde es sich noch tiefer in seine Höhle verkriechen und sich noch besser verbergen.
Frisch gewaschen leuchtete Karas rote Mähne und ringelte sich zu anmutigen Locken. Kara zupfte sie vor dem Spiegel in Form. Als der Butler kam, empfing sie ihn in das weite Handtuch gehüllt. Sein Gesicht war ausdruckslos, als er ihr auf einem Bügel das Kleid herein reichte, doch seine Stimme klang ein wenig freundlicher als zuvor.
„Kommen Sie einfach heraus, wenn Sie fertig sind“, sagte er. „Ich führe Sie dann zum Dinner.“
Читать дальше