Bohinj
Der Name Bohinj (Wocheiner) steht für das Becken des Bohinjsko jezero (Wocheiner See) sowie das Bohinjer Ober- und Untertal. Getrennt wird die Region durch die 900 m hohen Berge Rudnica und Šavnica, an denen verstreut 24 kleinere Ortschaften liegen. Sie ist von den Julischen Alpen umschlossen und gehört zum Nationalpark Triglav. Hauptsächlich Bergsteiger und Sportler bevölkern die Orte - ein Idyll für Naturliebhaber.
Morgens am Berg Vogel - Blick ins Bohinj-Tal und gen Karawanken
Hauptattraktionen der Bohinj sind der herrliche grünblaue Bohinjsko jezero und der kleine Touristenort Ribčev Laz am Seebeginn, zudem am Talbeginn das bis 1500 m aufsteigende Hochplateau Pokljuka (→ Bled/Umgebung). Hauptort der Bohinj ist Bohinjska Bistrica im Sava-Bohinjka-Tal (Bohinjer-Untertal), 6 km vom See Richtung Bled, das alle nötigen Einrichtungen bietet: Hotels, Campingplatz, die einzige Tankstelle sowie den Bahnhof der Region. Die kleinen Orte Stara Fužina und Studor lohnen als Ausflugsziele oder auch zum Übernachten. Ukanc, am Tal- und See-Ende gelegen, bietet einen Campingplatz, zahlreiche Übernachtungsquartiere und ist ein guter Ausgangspunkt für Bergtouren. Touristinfostellen sind in Bohinjska Bistrica, Ribčev Laz und Stara Fužina (siehe dort). Zudem gibt es sehr gute Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln (→ Bohinjska Bistrica), aufgelistet in der Broschüre Vozni redi v Alpah (auch unter www.cipra.org).
Trotz der entlegenen Lage zeugen die Reste der keltischen Siedlungen zwischen Studor und Jereka von einer Besiedlung der Bohinj schon in vorrömischer Zeit und auch die Gegend um Bohinjska Bistrica war im 7. Jh. v. Chr. schon bewohnt. Der verglichen mit Bled eher bescheidene Tourismus kam gerade noch rechtzeitig in die Bohinj, denn die Einnahmequellen der Dörfer begannen zu versiegen: Neben der Holzwirtschaft lebten die Einwohner seit der Spätantike hauptsächlich von der Eisengießerei und, damit verbunden, von der Holzkohleproduktion vor allem auf der Pokljuka-Hochebene. Das Schmelzeisen wurde vor allem für Drähte und Nägel verarbeitet, ab dem 16. Jh. war auch die Blütezeit der Hammerwerke in der Bohinj-Region. Doch im 19. Jh. waren die Erzvorkommen erschöpft. Als dann noch England billiges Eisen auf den Markt warf, gab 1891 die letzte Eisengießerei nach einem Großbrand auf und siedelte nach Jesenice um (aus heutiger Sicht ein Segen ...). Zudem befand sich das Tal in einer nicht nur wirtschaftlichen Sackgasse: Alles musste über Pfade, gen Soča-Tal auch über Pässe, transportiert werden - Italien war lange Zeit Hauptabnehmer der Waren. Bohinj wurde erstmals von Massenarbeitslosigkeit und Auswanderung geplagt. Eine Lösung fand man in der Land- und Forstwirtschaft und vor allem in Viehzucht und Käsereien (→ Kasten „Almwirtschaft in der Bohinj“). Die Rettung brachte auch der Bau der Eisenbahnlinie Jesenice - Nova Gorica mit dem längsten Eisenbahntunnel Sloweniens (→ Bohinjska Bistrica) - er schuf neue Arbeitsplätze und half aus der isolierten Lage. Allerdings wurde während des Ersten Weltkriegs der Zug auch „Bomberbahn“ genannt, sämtliches Kriegsmaterial wurde auf dieser Linie gen Soča-Tal an die Isonzo-Front transportiert (→ Isonzo-Front). Auch die „starken Frauen“ von Bohinj sind legendär, die ihre Männer einst über die Berge nach Čadrg schleppten und sie somit vor dem Tod retteten (→ Soča-Tal/Čadrg).
Der slowenische Baron Žiga Zois (→ Kasten), der auch in Bohinjska Bistrica sein Zuhause hatte, soll übrigens der Erste gewesen sein, der Adelige aus ganz Europa schon im 18. Jh. nach Bohinj einlud. Zois war es auch, der die Triglav-Erstbesteigung 1778 anregte und die Bergsteiger Matija Kos und Luka Korošec mit der nötigen Ausrüstung ausstattete. Von den Einheimischen wird der Baron als Pionier des Tourismus am See gepriesen. Nach seinem nicht minder bekannten Bruder Karel, ein bedeutender Botaniker, wurde auch eine endemische Glockenblume benannt, die Campanula zoysii.
Überhaupt sind der Blumenreichtum und die Anzahl endemischer Sorten beachtlich. Dem botanisch interessierten Wanderer seien Touren u. a. auf die Berge Rudnica (946 m), Črna prst (1844 m; → Kleiner Wanderführer/Wanderung 6) und Soriška planina (1306 m) beim Bohinjsko sedlo empfohlen; auch im östlich davon gelegenen Massiv des Ratitovec (1642 m) und im Voje Tal (nördlich von Stara Fužina) werden die Herzen von Pflanzenfreunden höher schlagen. Natürlich lockt auch die Pokljuka-Hochebene mit ihren einmaligen Hochmooren. Seit über 100 Jahren kommen Besucher nach Bohinj, um Ruhe und Entspannung in der Natur zu suchen. Und manchmal hat man tatsächlich das Gefühl, man wäre ganz allein unterwegs.
Die Gegend um den Bohinjsko jezero bietet neben einer wunderschönen Landschaft den Sportlern, Bergsteigern und Wanderern im Sommer und Winter eine ganze Menge. Leute, die jedoch abends „action“ suchen, sind am Bohinj-See am falschen Platz, am Abend wird entspannt.
Wanderung 6 - Von Bohinjska Bistrica zum Črna prst
Durch Wälder und blumenreiche Almwiesen zum aussichtsreichen Gipfel
Almwirtschaft in der Bohinj
Wegen der relativ hohen Niederschläge und der geschützten Lage war die Bohinj über Jahrhunderte Sloweniens wichtigstes Almwirtschaftsgebiet. Hier gab es die meisten Almen - sie reichten bis unter den Gipfel des Triglav - und die höchste Milchproduktion. Das Vieh wurde etappenweise zwischen Mai und Mitte Juli auf die Almen getrieben und im Herbst wieder zurückgeholt. Die Alm Uskovnica (1154 m, oberhalb von Studor) wurde meist bis Weihnachten bewirtschaftet. Aufgrund des der Witterung angepassten Auftriebs und Abtriebs wurde eine hohe Milchproduktion erreicht - sie zählte zu den größten Almen und wurde leider durch deutsche Besatzungstruppen im Zweiten Weltkrieg abgefackelt; nach dem Krieg wurde sie wieder aufgebaut, eine Gedenktafel erinnert daran.
Jeder Bauer hatte eine eigene Hütte und eigene Senner und Sennerinnen, die die Tiere (Rinder und auch Ziegen) auf die Alm trieben und betreuten. Nur auf sehr hoch gelegenen Almen übernahmen die Senner auch Tiere von anderen Bauern. Diese sehr arbeitsintensive Milchwirtschaft hielt sich bis zur Mitte des 20. Jh. Noch 1958 wurden auf 28 Almen große Käsemengen erzeugt.
Bis 1873 wurde die Milch meist zu Butter verarbeitet (Hauptabnehmer war die Region Triest) oder auch zum sog. Urkäse Mohant, einem leicht säuerlichen Weichkäse mit angeblich heilsamer Wirkung. Danach verlagerte man sich mehr und mehr auf die Käseherstellung. Der hiesige Pfarrer Janez Mesar gab den Anstoß und sendete drei Almbauern in die Schweiz. Dort lernten sie das Know how und übernahmen auch das Schweizer Vorbild der genossenschaftlichen Käseverarbeitung; zudem wurde ein schmackhafter Käse mit Löchern produziert und der Käsehandel blühte. Auch heute noch kann man den Bohinjer Käse überall kosten. Bis Mitte des 20. Jh. wurden noch 90 % der Tiere auf die Alm getrieben, doch mit der Zeit gab es immer weniger Interesse am harten, einsamen Senner-Leben und nach Eröffnung eines modernen Molkereibetriebes 1971 in Srednja vas wurden viele Almen aufgegeben. Nur einige Bauern halten die wenigen, noch existierenden Sennereien in Betrieb, die auch die strikten EU-Reinheitsgesetze meistern konnten - 2010 waren es noch 20 Almen, elf davon mit Käsereien.
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