40Entsprechendes gilt für die KGaA.Bei ihr gibt es zwar neben den Kommanditaktionären mindestens einen persönlich haftenden Gesellschafter (s. § 278 Abs. 1 AktG), der gem. § 278 Abs. 2 AktG i. V. m. §§ 161 Abs. 2, 114 Abs. 1, 125 Abs. 1 HGB geborenes Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Gesellschaft ist. 63Indes ist die KGaA gem. § 278 Abs. 1 AktG eine juristische Person, so dass nur sie selbst, nicht aber ihre persönlich haftenden Gesellschafter oder gar ihre Kommanditaktionäre das Unternehmen betreiben. 64
41Wenn ein Gewerbe vorliegt, dann ist diejenige natürliche Person, die es betreibt, nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 Halbs. 1 HGB grundsätzlich kraft Gesetzes Kaufmann (Ist-Kaufmann).Sie ist nach § 29 HGB verpflichtet, ihre Firma zur Eintragung ins Handelsregisteranzumelden. Diese Eintragung ist jedoch beim Ist-Kaufmann nur deklaratorisch.Die Kaufmannseigenschaft besteht also auch ohne Handelsregistereintragung. 65Wenn ein Ist-Kaufmann seiner Verpflichtung, seine Firma zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, nicht nachkommt, kann das Registergericht ihn allerdings gem. § 14 HGB durch ein Zwangsgeld von bis zu 5.000 € hierzu anhalten.
Im Fall 1ist sowohl die Maler- und Tapeziertätigkeit des M als auch die Tätigkeit des K als Obst- und Gemüsehändler eine erlaubte, nach außen in Erscheinung tretende, planmäßig auf gewisse Dauer mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit. Beide Tätigkeiten sind auch weder freiberuflich noch künstlerisch-wissenschaftlich und stellen auch keine Land- oder Forstwirtschaft dar. Dies gilt auch in Bezug auf die Tätigkeit des K, der das Obst und Gemüse nicht selbst anbaut, sondern von einem Großhändler bezieht. Sowohl M als auch K betreibt somit ein Gewerbe.
42Grundsätzlich ist jedes Gewerbe ein Handelsgewerbe und jeder Gewerbetreibende mithin Kaufmann (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Eine Ausnahme gilt jedoch gem. § 1 Abs. 2 Halbs. 2 HGB,wenn es sich um ein Kleingewerbehandelt. Nach § 1 Abs. 2 Halbs. 2 HGB ist ein Gewerbe ausnahmsweise doch kein Handelsgewerbe und der Inhaber mithin kein Kaufmann, wenn das betreffende Unternehmen „nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“.Wie die Formulierung „es sei denn“ in § 1 Abs. 2 Halbs. 2 HGB zeigt, besteht eine gesetzliche Vermutung, dass ein Gewerbebetrieb einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und mithin ein Handelsgewerbe darstellt. Die Beweislastdafür, dass der Gewerbebetrieb entgegen dieser Vermutung einen solchen Geschäftsbetrieb nicht erfordert mit der Folge, dass es sich nicht um ein Handelsgewerbe handelt und der Inhaber somit kein Kaufmann ist, trägt folglich der betreffende Gewerbetreibende,der die Vermutung widerlegen muss. 66Dabei reicht es jedoch aus, wenn er den Nachweis führt, dass sein Unternehmen entweder nach seiner Art oder nach seinem Umfangeinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht benötigt. 67
43Unter einem in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb ist die Gesamtheit aller Einrichtungen zu verstehen, die ein Kaufmann nach der Verkehrsanschauung für eine ordnungsgemäße Geschäftsführungbenötigt. 68Ob das betreffende Unternehmen auch tatsächlich über die erforderlichen Einrichtungen verfügt, spielt dagegen keine Rolle. 69
44Ob ein Unternehmen nach seiner Arteinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, insbesondere anhand folgender Kriterien:
– Vielfalt und Schwierigkeit der im Unternehmen vorkommenden Geschäfte;
– Inanspruchnahme oder Gewährung von Kredit;
– Teilnahme am Wechsel- und Scheckverkehr;
– Erstellung einer Bilanz für das Unternehmen;
– Umfang und Kompliziertheit der Geschäftskorrespondenz;
– Organisation und Struktur des Unternehmens. 70
45Ob ein Unternehmen nach seinem Umfangeinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, ist ebenfalls unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen, insbesondere anhand folgender Kriterien:
– Höhe des Umsatzes;
– Höhe des im Unternehmen eingesetzten Kapitals und Umfang des Betriebsvermögens;
– Zahl und Größe der Betriebsstätten;
– Zahl der Beschäftigten. 71
Im Fall 1werden sowohl im Malerbetrieb des M als auch im Obst- und Gemüseladen des K einfache, gleichförmige Geschäfte vorgenommen. Beide erledigen ihre Buchhaltung selbst. M hat nur einen, K hat keine Angestellten. Der Umsatz ist sowohl bei M (100.000 €) als auch bei K (80.000 €) gering. Es handelt sich daher jeweils um ein Kleingewerbei. S. d. § 1 Abs. 2 Halbs. 2 HGB, das keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und deshalb kein Handelsgewerbe darstellt.
III.Kleingewerbetreibende als Kann-Kaufleute (§ 2 HGB)
46Gem. § 1 Abs. 2 Halbs. 2 HGB ist ein Gewerbe ausnahmsweise kein Handelsgewerbe und der Inhaber somit kein Kaufmann, wenn das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert und es sich daher um ein Kleingewerbe handelt (s. Rn. 42 ff.). Nach § 2 Satz 1 HGBgilt jedoch auch ein Kleingewerbe i. S. d. § 1 Abs. 2 Halbs. 2 HGB als Handelsgewerbe, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragenist. Zur Herbeiführung der Eintragung ist der Inhaber des Unternehmens berechtigt, aber nicht verpflichtet (§ 2 Satz 2 HGB). Wenn er die Eintragung herbeiführt, dann gilt sein Kleingewerbe als Handelsgewebe und der Inhaber selbst mithin als Kaufmann (Kann-Kaufmann ).Anders als beim Ist-Kaufmann i. S. d. § 1 HGB ist die Handelsregistereintragung beim Kann-Kaufmann i. S. d. § 2 HGB konstitutiv. 72
47Voraussetzung für die Anwendung des § 2 HGB ist aber stets das Vorliegen eines gewerblichenUnternehmens (s. § 2 Satz 1 HGB); der Inhaber eines nichtgewerblichen, insbesondere eines freiberuflichen Unternehmens kann also auch nach § 2 Satz 1 HGB nicht Kaufmann sein. 73Zudem greift § 2 HGB nur ein, wenn die Eintragung im Handelsregister auf einen nach den allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre des BGB wirksamen Antragdes Gewerbetreibenden zurückgeht. Ist zwar eine Eintragung erfolgt, liegt dieser aber kein wirksamer Antrag des Gewerbetreibenden zugrunde, so ist für § 2 HGB kein Raum. 74In diesem Fall kann jedoch die Regelung des § 5 HGB über den sog. Fiktivkaufmann eingreifen (zum Verhältnis zwischen § 2 HGB und § 5 HGB noch u. Rn. 57 ff.).
Im Fall 1ist die Firma des M(„Malerei Marder e. K.“) auf seinen Antrag im Handelsregister eingetragen. Obwohl M nur ein Kleingewerbe betreibt, gilt er daher nach § 2 Satz 1 HGB als Kaufmann.Der Werkvertrag mit K gehört auch zum Betrieb des Malergeschäfts des M und stellt damit für diesen ein Handelsgeschäft dar (s. § 343 Abs. 1 HGB). Allerdings gilt § 353 Satz 1 HGB nur, wenn ein beiderseitigesHandelsgeschäft vorliegt, also beide Parteien Kaufleute sind. Kist – anders als M – nicht im Handelsregister eingetragen und damit kein Kann-Kaufmanni. S. d. § 2 HGB.
Weil K somit kein Kaufmann und der Werkvertrag für ihn folglich kein Handelsgeschäft ist, findet § 353 Satz 1 HGB keine Anwendung. M hat nach alledem gegen K keinen Anspruch aus § 353 Satz 1 HGBauf Fälligkeitszinsen aus dem Betrag von 1.500 € ab dem 2. April. Vielmehr kann M nur nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (§ 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i. V. m. § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BGB) ab dem 3. Mai Verzugszinsen verlangen.
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