Sabine Michel - Die anderen Leben

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Wenn der Staat DDR kritisiert wird, fühlen sich oft auch die Menschen kritisiert, die in ihm gelebt haben. Das macht Gespräche innerhalb von Familien über ihr Leben in der DDR so schwierig. Viele schweigen bis heute, doch in ihrem Schweigen wächst die Wut.
Auf Initiative der Filmemacherinnen Sabine Michel und Dörte Grimm wagen Kinder und Eltern aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen erstmals eine Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Diese Gespräche ermutigen, neu und ohne Vorwürfe miteinander ins Gespräch zu kommen. Zugleich helfen sie, aktuelle politische Entwicklungen in Ostdeutschland anders und besser zu verstehen, in dem sie den Blick öffnen für die Spätfolgen des Lebens in insgesamt drei politischen Systemen.

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Vater und Tochter gehen vorsichtig miteinander um, oft sehen sie sich nicht im Jahr, Alltag haben sie nicht zusammen. Und nun dieses Gespräch. Beide wirken aufgeregt, wobei Klaus-Dieter das routinierter überspielt. Er fragt nach seinen Enkeln, spricht über die Fahrt und dann über den Kaffee – bis Annett ihn mit ihrer ersten Frage überrumpelt. »Was hast du damals eigentlich gearbeitet?«

Die Frage steht für einen Moment im Raum. Es ist keine typische Anfangsfrage, so konkret überrascht sie ihren Vater. Klaus-Dieter nimmt noch einen Schluck Kaffee, dann erklärt er etwas zu sachlich: »Ich war am Schluss vom Dienstgrad her Major und stellvertretender Abteilungsleiter.« Er schaut Annett an, doch sie schweigt, wartet. »Dann ist das System implodiert und die Welt brach für mich zusammen, weil das, wofür man gelebt hat, wie man erzogen wurde, woran man auch geglaubt hatte, an die Richtigkeit dieser Gesellschaftsordnung und die Möglichkeit, die Unzulänglichkeiten zu verändern … weg war. Eine Welt, für die ich mich engagiert habe. Das war kein Achtstundenjob, ich hab es aus Überzeugung gemacht. Und dann verstehst du, dass alles umsonst war.«

Annett rutscht unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Nimmt ihre offenen schulterlangen Haare im Nacken zusammen, lässt sie wieder fallen. An diesem Punkt scheinen sie schon oft gewesen zu sein. Heute setzt Annett ihre eigene Geschichte dagegen. »Ich hatte damals einen Freund, das war eine recht intensive Beziehung. Der war damals gerade bei der Armee. Neben seiner Kaserne war eine Russenkaserne und da gingen allerlei Gerüchte herum. Da lag ziemliche Anspannung in der Luft. Er wusste um die Berufe meiner Eltern und hat sich aus politischen Gründen von mir getrennt. Damals ging er, als ehemaliges SED-Mitglied, in die DSU, eine rechtskonservative Partei. Das war mein erster persönlicher Crash in der Zeit.«

Klaus-Dieter wirkt überrascht. So viel Offenheit kennt er von seiner Tochter nicht. »Das wusste ich nicht.«

Annett reagiert nicht, sie erzählt einfach weiter. »Ja, und dann begann mich sehr schnell zu nerven, dass es nur noch um das Materielle und nicht mehr um das Ideelle ging. Da bin ich PDS-Mitglied geworden. Ich fand Gregor Gysi ganz toll. Später hat sich das dann gelegt, als ich sah, was das alles für alte Leute waren. Ich habe mich also erst mal auf die Hinterbeine gestellt und gesagt: ›Euch geht es nicht um die Idee, sondern um den materiellen Zuwachs.‹ Dass sich mit den Veränderungen aber auch eine Weite für den eigenen Horizont auftun könnte, darauf bin ich damals nicht gekommen.«

Annett geht während ihres Studiums für ein Semester in die USA und überwindet ihre anfängliche Scheu vor allem Unbekannten. Sie lernt Menschen kennen, die ganz anders sind als sie und mit denen sie trotzdem ins Gespräch kommt, die sie offen annehmen, obwohl sie aus der »GDR« stammt. Sie fasst Mut und probiert Dinge aus, vor denen sie vorher zurückgeschreckt ist. »Nach dem Jahr in Amerika habe ich mir mehr zugetraut. Ich kam zu der Erkenntnis, dass es viele Möglichkeiten für ein Leben gibt und dass ich es selber in der Hand habe. Du musst nicht warten, bis einer kommt – kümmere dich mal selber! Ich habe dort gesehen, dass ich mit vielen, auch andersdenkenden Menschen umgehen kann. Dass ich denen etwas zu erzählen habe. Dass die mich mögen können. Was denken andere von mir, das war mir immer ganz wichtig.«

Klaus-Dieter hat oft genickt, er weiß, wie man Empathie und Zugewandtheit in einem Gespräch erzeugt. Er will etwas sagen, doch Annett redet weiter. »Zu Schulzeiten war ich nicht unbedingt der Gruppen- oder Cliquenmensch. Ich fand das faszinierend, wenn es so etwas gab, aber ich gehörte nicht dazu. Ich wusste nicht, wie ich mich da hätte einbringen können.«

Annett ist auf der EOS FDJ-Sekretärin, erledigt zuverlässig alle Aufgaben. Wenn sich keiner findet, macht sie es eben selber. Die Lehrer mögen sie, unter ihren Mitschülern ist sie als systemtreu bekannt. Sie wird geachtet, aber findet keinen Anschluss an einen der existierenden Freundeskreise.

»Je mehr Abstand ich von zu Hause hatte und je mehr Selbstsicherheit ich gewann, wurde das automatisch anders. Bis hin zu der Erkenntnis: Es ist eigentlich wurscht, was andere von dir denken.«

Jetzt unterbricht Klaus-Dieter sie. »Ich finde mich da in vielen Worten selber wieder. Thema Selbstwertgefühl: Muss ich etwas darstellen nach außen oder kann ich so sein, wie ich will. Diese Frage habe ich mein ganzes Leben mit mir herumgetragen. Ich wollte keinem wehtun. Ich sein – aber ein Guter sein.«

Da Annett schweigt, spricht er weiter. »Mein Vorbild war die humanistische Gesellschaftsordnung. Und das sehe ich heute noch genauso. Nur der Störfaktor Mensch funktioniert in so einem System nicht. In meiner Ausbildung spielte Geld keine Rolle. Meine Eltern hatten kein Geld dafür. Ich habe während des Studiums ein Leistungsstipendium bekommen und konnte damit ganz ordentlich als Student leben. Das war meine Motivation, für diesen Staat DDR da zu sein. Das hab ich als lebenswert empfunden, mit all den Einschränkungen.«

Klaus-Dieter ist schon mit sechzehn in die SED eingetreten und hat erlebt, dass er nun plötzlich nicht nur unter Schülern tonangebend ist, sondern auch Lehrern anscheinend ebenbürtig entgegentreten kann. Das hat sich später noch durch seine berufliche Position verstärkt. Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit sind alle mit Vorsicht begegnet. Auch gegenüber seinen Frauen und seinen Kindern gibt er lange den Ton an.

Klaus-Dieter hat sich seine Geschichte gut zurechtgelegt, man spürt, dass er sie bis hierhin oft schon erzählt hat.

Annett fragt zögernd, weich fast: »Ging das denn in dem Beruf, ein Guter sein?«

Klaus-Dieter wehrt sofort ab. »Wieso? Ich war doch der Gute! Ich habe doch beim MfS für das Gute gekämpft! Das überwiegt alles am Ende. Und dass da Höhen und Tiefen eine Rolle spielen, das ist eben das Leben. Damit muss man klarkommen, damals und heute. Ich stehe zu dem, was ich gemacht habe, weil ich das gut fand. Und dass mir danach einige ans Fell wollten, damit muss ich leben. Mein Glas ist immer halb voll und nicht halb leer.«

Anfang 1990 kündigt Klaus-Dieter seinen Dienst beim Ministerium für Staatssicherheit und tritt aus der SED aus, er sieht hier nun keine Zukunft mehr. Nach einer kurzen Anstellung in der Kontrollabteilung im Konsument Warenhaus auf dem Berliner Alexanderplatz wird er erfolgreicher Wirtschaftsprüfer in einem Forderungsmanagement. Das Unternehmen wird von ehemaligen Außenhändlern der DDR gegründet, die das Thema Risikomanagement aus dem DDR-Außenhandel kennen. Klaus-Dieters langjährige Tätigkeit beim MfS interessiert dort niemanden, im Gegenteil: Er hat anscheinend beste Vorrausetzungen im neuen gesellschaftlichen System mit seinen beruflichen Erfahrungen aus dem alten.

Da Annett wieder schweigt, fügt Klaus-Dieter hinzu: »Wir haben als Ossis einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Wessis: Wir mussten unsere Vergangenheit aktiv überdenken und korrigieren. Aus dieser Sicht sehen wir die aktuellen Themen, die uns bewegen, viel kritischer als die, die noch niemals irgendeine Veränderung vollzogen haben. Die heutige politische Situation bereitet mir große Sorgen. Wie sich die Welt politisch entwickelt und wie die Menschen nichts tun. Deswegen gibt es Pegida. Das sind keine Nazis, sondern so alte Säcke wie ich, die die Wende durchgemacht haben und die Politik in diesem Land sehr kritisch sehen und die ausgegrenzt werden von diesen Wessis.«

Annett hat ihrem Vater zunehmend fassungslos zugehört, bei dem Wort »Pegida« schüttelt sie energisch den Kopf. Sie reagiert scheinbar irrational. Statt ihm in aktuell politischen Fragen zu widersprechen, geht sie an einen Punkt in ihrer beider Vergangenheit zurück, der zwischen Vater und Tochter noch offen zu sein scheint.

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