1 ...6 7 8 10 11 12 ...16 Livy leckte sich über die Lippen und schwenkte ihren Wein mit einem Funkeln in ihren Augen. »Hast du?«, wollte sie wissen und nahm dann einen Schluck.
James schnaufte. »Nein«, gab er zu. »Aber das wird eher der Fall sein. So funktioniert meine Anziehung nun mal.«
»Also«, sagte Livy pragmatisch, offenbar nicht im Geringsten schockiert, »entweder du bemühst dich, eine wirklich außergewöhnliche junge Frau zu finden, oder du bleibst so, wie du bist; und wenn die Zeit gekommen ist, stellst du den glücklichen Herrn der Welt vor und sagst ihr, sie kann es hinnehmen oder es lassen.«
»So einfach ist das nicht«, protestierte James.
»Ach wirklich?« Ein Hauch von Farbe stieg ihr in die Wangen, aber wieder einmal waren sie gezwungen, nicht mehr zu reden, als man ihr ihre gebratenen Extrakartoffeln auftischte.
Das war das Problem mit den größeren Residenzen. So nett und professionell das Personal auch war, James hatte immer das Gefühl, beobachtet zu werden. Zumindest in den kleineren Schlössern hatte er den Eindruck, dass er die Menschen tatsächlich kannte. Er würde jedoch nie riskieren, dass diese Art von Gespräch belauscht wurde. James hatte Mitleid mit dem Personal, das immer auf Zehenspitzen um die lächerlichen Dramen seiner Familie herumschleichen musste. Normale Menschen mussten das nicht. Er und Livy mussten sich nur auf die Zunge beißen, bis sich die Türen wieder schlossen. Das bedeutete, dass sie beide mehr Wein getrunken hatten, als sie es normalerweise getan hätten.
»Glaubst du, es war einfach für Briggsy und mich?«, fragte Livy, sobald sie wieder allein waren.
»Nein«, sagte James geduldig und mit Wohlwollen. »Natürlich nicht. Aber du musst zugeben, dass es nicht ganz dasselbe ist.«
Livy öffnete ihren Mund, schloss ihn dann aber wieder, als sie darüber nachzudenken schien, was sie sagen sollte. »In Ordnung«, räumte sie ein. »Mit einem Schwarzen zusammen zu sein, ist nicht ganz dasselbe wie ein Mann, der mit einem Mann zusammen ist in der heutigen Zeit. Aber es war kein Spaziergang im Park«, fügte sie ernst hinzu und spießte eine Kartoffel auf. »Das wird es wahrscheinlich nie sein. Du weißt, was Iggy zu diesem Thema gesagt hat.«
Leider wusste James es. Iggy hatte ihrer Mutter einige ekelhafte Dinge über die Optik brauner Babys im Buckingham Palace ins Ohr geflüstert. Ausnahmsweise hatte ihre Mutter ihm nicht zugestimmt. Gott sei Dank. Weder James noch Livy hätten es ihr wohl jemals verziehen, wenn sie es getan hätte.
»Da ist auch noch die Frage der Thronfolge«, sagte James leise.
Livy hob die Augenbrauen und neigte den Kopf. »Ja«, sagte sie unverblümt. »Das hat geholfen. Ich werde nicht lügen.«
Ihre Großmutter saß derzeit als Queen auf dem Thron. Der Thronfolger war ihr Vater, der ein weiterer in der langen Reihe von Georges sein würde, der zum König gekrönt werden sollte. Alexander, der ältere Bruder von James und Livy, war der Zweite in der Thronfolge. Von den dreien hätte kein besserer ausgewählt werden können. Alexander war wirklich seiner Berufung entsprechend geboren und hatte nie mit den Erwartungen, mit denen sie lebten, so zu kämpfen wie seine jüngeren Geschwister. Alexander und seine Frau Laura hatten drei reizende Söhne, die James den sechsten Platz in der Thronfolge des Vereinigten Königreichs bescherten. Der Sechste benötigte die Erlaubnis der Krone, um zu heiraten. Obwohl sie wussten, dass Oma persönlich keine Einwände gegen Briggs gehabt hatte, hatte Livy die Entscheidung komplett aufgehoben, indem sie nach der Geburt von Alex’ Jüngstem auf den siebten Platz gerutscht war. Die Queen hatte die Entscheidung nicht öffentlich befürworten oder ablehnen müssen, sodass eine enorme Menge an Ärger vermieden worden war, die unweigerlich jede Art von Veränderung verursachte. Unter vier Augen hatte sie sich für Livy gefreut.
James war an der Reihe, Beanies Tennisball für sie und Bonney zu werfen. Blenheim kreiste immer noch um die Reste, aber zumindest versuchte Bertie nicht, durch die Tür hinauszurennen. Bouncer war mit den Beinen in der Luft eingeschlafen. James fühlte einen Ansturm der Zuneigung für sie alle. Hunde zu haben, hatte sich immer als ein so beruhigend normaler Teil ihres Lebens angefühlt.
»Jedenfalls«, sagte er und schüttelte sich sowohl physisch als auch psychisch, »ist das im Moment alles hypothetisch. Es gibt niemanden, auf den ich ein Auge geworfen habe.« Er lehnte es strikt ab, an den umwerfenden Blonden zu denken, der ihn so durcheinandergebracht hatte. »Vielleicht wird sich alles zum Besten wenden. In der Zwischenzeit hatte ich gehofft, mir ein Hobby suchen zu können. Etwas, das mich aus Schwierigkeiten raushält.«
»Um nicht mehr in Brunnen zu fallen«, sagte Livy frech.
»Das war ein einziges Mal, ehrlich!«, äußerte James verzweifelt. »So wie die Boulevardpresse es darstellt, könnte man meinen, ich hätte es jedes zweite Wochenende getan!«
Livy kicherte und füllte ihr Weinglas. »Also, hast du etwas im Sinn?«
James fuhr mit den Fingern am Stiel seines Glases auf und ab. »Ich würde gern etwas Wohltätigkeitsarbeit leisten. Echte Arbeit, nicht nur einen Fototermin für einen Tag mit Händeschütteln.«
Livy nickte. »Das klingt gut. Ich nehme an, du hast dich von einigen der heutigen Gäste inspirieren lassen?«
»Ich schätze, schon«, antwortete James, wobei er wiederum nicht an seinen Blonden dachte. »Ich bin eigentlich ganz geschickt mit meinen Händen. Meinst du, ich könnte ein paar Brunnen graben? Ein paar Häuser bauen?«
»Möglicherweise«, sagte Livy. »Obwohl es besser ist, das Geld aufzubringen, um solche Dinge richtig machen zu lassen. Warum einen Brunnen bauen, wenn man die Infrastruktur bereitstellen kann, um ein ganzes Dorf mit Wasser zu versorgen? Du könntest eine Stiftung gründen, einen großen Topf, und dann in die von dir gewählten Wohltätigkeitsorganisationen investieren. Sie könnten dir Vorschläge und Ähnliches zukommen lassen.«
Das klang so überwältigend, dass sich James’ Kopf drehte. »Okay«, sagte er langsam.
Aber Livy warf ihm einen freundlichen Blick zu. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie fröhlich. »Beginn zunächst mit einer großen Spendenaktion. Ein Wohltätigkeitsball oder so etwas. Du weißt ja, dass die Leute verrückt viel Geld bezahlen, um in einen Palast oder ein Schloss zu kommen. Jemima Portescue aus dem PR-Team kann dir bei der Gästeliste und den Einladungen helfen. Such dir einen Veranstaltungskoordinator und organisier das ganz groß. Du kannst wunderbar mit Menschen umgehen.«
Normalerweise, dachte James, als er sich an seinen Fauxpas nach der Zeremonie erinnerte.
Aber etwas ging ihm durch den Kopf. Der Blonde hatte gesagt, dass er mit der Wohltätigkeitsorganisation seiner Oma zusammenarbeitete. Sie war eine Unternehmerin, die sich allen möglichen Projekten zugewandt hatte. Was bedeutete das für den mysteriösen Blonden?
James’ Gedanken schwirrten und er war sich nicht bewusst, dass seine Schwester ihn angrinste, bis es zu spät war. »Du hast doch etwas am Laufen, oder?«, fragte sie verschmitzt.
James tat sein Bestes, um nicht schuldig zu wirken. »Ich denke nur, dass ich vielleicht mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte«, sagte er ehrlich. Aber würde es funktionieren? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
Theo
»Was hat dir der Wasserkocher je getan?«, fragte Sal, als Theo in der kleinen Küche herumstampfte.
Theo seufzte und schenkte ihr ein schüchternes Lächeln. »Nichts«, gab er zu. »Ich bin nur stinkig. Was ein Haufen Schwachsinn ist, wenn man bedenkt, was für einen tollen Tag wir hatten.«
Er schaute liebevoll durch die Gardinen am Fenster, um zu sehen, wie seine Oma herumlief und den Garten wieder bewässerte. Selbst an einem freien Tag musste sie sich noch beschäftigen. Theo hatte seine Irritation nach der Begegnung mit Prinz James gut versteckt. Oma und er waren zu einem absolut köstlichen Mittagessen in einen schicken Londoner Pub gegangen, nachdem sie den Palast verlassen hatten. Sie hatte natürlich nur ihre übliche Tasse Tee getrunken, aber Theo hatte sich mit ein paar Rum-Cola etwas besser gefühlt. Auf dem ganzen Weg nach Hause hatte sie über die Leute gesprochen, die sie getroffen hatte, und was für ein albernes Getue sie ihr gegenüber veranstaltet hatten. Doch tief im Inneren wusste er, dass sie sehr zufrieden war. Nun trug sie wieder ihre übliche Bluse, den langen Rock und die flachen, zweckmäßigen Schuhe, damit sie ihre Blumen pflegen und sicherstellen konnte, dass sie blühten. Sie lächelte in der späten Nachmittagssonne vor sich hin.
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