ELEONORE BÜNING
Warum geht
der Dirigent so oft
zum Friseur?
Antworten auf die großen und kleinen Fragen der Musik
Die Texte im Buch sind erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.
Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv.
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1. Auflage
© 2020 Benevento Verlag bei Benevento Publishing München – Salzburg, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
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Red Bull Media House GmbH
Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15
5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Umschlaggestaltung: Büro Jorge Schmidt, München
Umschlagmotiv: © Petr Vaclavek | Shutterstock
ISBN 978-3-7109-0099-0
eISBN 978-3-7109-5104-6
Vorwort
1Darf ich im Konzert einschlafen?
2Warum heißt die Ukulele Ukulele?
3Sollte man im Regen singen?
4Wie lang darf eine Fermate sein?
5Warum müssen sich Musiker verbeugen?
6Warum kiekst das Horn?
7Warum ist ausgerechnet die klassische Musik so klassisch geworden?
8Was ist ein Meisterwerk?
9Sind Wagners Meistersinger antisemitisch?
10Warum muss ein Wagner die Wagnerfestspiele leiten?
11Warum geht der Dirigent so oft zum Friseur?
12Warum gibt es so wenige Dirigentinnen?
13War Richard Strauss ein Feminist?
14Wann ist es zu spät, mit dem Klavierspielen anzufangen?
15Was hat das hohe C, was das hohe D nicht hat?
16Warum zählt Luzifer immer nur bis dreizehn?
17Warum regen sich die Leute über neue Musik auf?
18Warum wollte der Schah an der Deutschen Oper Berlin die Zauberflöte hören?
19Wer braucht hundertfünfzig verschiedene Einspielungen der Goldberg-Variationen?
20Lieben Sie Brahms?
21Was machen Musiker eigentlich tagsüber?
22Sind Vögel musikalisch?
23Wozu braucht Schubert drei Nebensonnen?
24Wieso fangen zu Weihnachten alle plötzlich mit dem Singen an?
25Wie kommen die Glocken ins Klavier?
26Wem nützen und wer liest eigentlich noch Musikkritiken?
27Wie viel muss man überhaupt wissen über das, was man hört?
28Was ist so komisch an einem Scherzo?
29Was bedeutet das Hum-ta-ta bei Verdi?
30Warum machen die Leute so gerne Picknick bei klassischer Musik?
31Was ist und wie wird man eine Diva?
32Was finden Homosexuelle an der Oper so toll?
33Wozu gibt es Pausen in der Musik?
34War die Zwölftonmusik ein Holzweg?
35Gefährdet der Klimawandel die Vier Jahreszeiten?
36Warum war Händel für Beethoven der Größte?
37Warum schrieb Mozart so viele Werke in C-Dur?
38Wozu ist der Tusch gut und warum tuscht es immer drei Mal?
39Kann Musik krank machen?
40Warum lieben die Japaner Brahms, Bruckner und Beethoven?
41Kann man mit den Augen hören?
42Gibt es eine amerikanische Klassik?
43Wann darf man Klatschen und wann nicht?
44Was hat Musik mit Literatur zu tun?
45Warum essen die Hessen Handkäs mit Musik?
46Was ist und wie funktioniert ein Ohrwurm?
47Was unterscheidet die evangelische von der katholischen Kirchenmusik?
48Warum macht uns der Walzer melancholisch?
49Gibt es wirklich einen deutschen Klang?
50Macht die Pauke taub?
51Oper konzertant – wozu soll das gut sein?
52Warum singt das Kind im dunklen Wald?
53Warum tragen klassische Musiker einen Kummerbund?
54Warum machen Cellisten so seltsame Geräusche, vor allem die männlichen?
55Wie viele Opern schrieb Beethoven?
56Warum haben alle Neugeborenen Pianistenfinger?
57Gibt es dumme Musik?
58Dürfen Stardirigenten Privatjet fliegen?
Personenregister
In diesem Buch werden Fragen zur klassischen Musik beantwortet. Pausengesprächsfragen. Probenpausenfragen. So etwas. Manchmal kratzen sie ans Grundsätzliche, andere sind alltäglich, wiederum andere sehr speziell, einige vielleicht absurd. Die erste Frage, die sich ein Buch wie dieses gefallen lassen muss, lautet natürlich: Wen interessiert’s?
Das habe ich mich oft gefragt, fast jedes Mal, wenn ich aus Oper oder Konzert berichtet habe, in Rezensionen oder Reportagen. Nicht etwa aus Verzagtheit, weil der Kreis der Klassikinteressierten so gerne kleingeredet wird, sie als überaltert, elitär, verspießert und selbstgerecht hingestellt werden. Dieser „Silbersee“-Vorwurf ist eine Legende, die noch aus den Siebzigerjahren stammt. Statistisch betrachtet ist das Klassikpublikum sehr viel jünger als sein Ruf.
Etwas anderes ist es mit den neuen Wegen des Wissenstransfers im Zeitalter der Digitalisierung. Der Boom der Ratgeberkultur kommt mir geradezu unzeitgemäß vor. Können wir uns denn nicht alles, was wir wissen wollen, beispielsweise über vertikales Gärtnern oder über evangelische Kirchenmusik, jederzeit leicht selbst zusammengoogeln? Und warum googeln wir immer weiter, von Hölzchen auf Stöckchen, von der Ukulele über die Braut des Prinzen, bis wir bei den japanischen Katzenbabys landen? Ist das nur Ermüdung, Undiszipliniertheit? Quasi ein individueller Kollateralschaden bei noch unvollkommener Digitalisierungssozialisation, der sich in Zukunft vermeiden ließe? Oder hat es zu tun mit jenem alten, unstillbaren Wissensdurst, der den Menschen auszeichnet vor allen anderen Tieren? Dass wir uns, frei nach Sokrates, immer noch wünschen, mehr zu wissen, als wir wissen?
Im Zeitalter der Aufklärung gab es lediglich zwei Ratgeberbücher. Sie befassten sich mit Putzmitteln: Der Fleckenkünstler (1773) und Der vollkommene Fleckenkünstler (1797). Erst mit fortschreitender Arbeitsteilung blühte die Kunst der illustrierten Gebrauchsanweisung auf, und irgendwann schlug dann auch die Stunde der Ratgeber. Seither haben sich die Kummerkästen für praktische Lebenshilfe enorm variantenreich verbreitet. Eines der beliebtesten Formate stammt aus den Fünfzigerjahren, aus der Hörzu. Der Kasten hieß: „Fragen Sie Frau Irene“. Im wirklichen Leben hieß Frau Irene Walther von Hollander. So etwas wäre heute nicht mehr möglich. Die Glaubwürdigkeit des Influencers, legitimer Nachfolger der Fleckenkünstler von einst, gründet sich auf dem authentisch-inszenierten „Ich“, in absoluter Subjektivität.
In einer Zeitungskolumne ist die „Ich“-Form, anders als in Rezensionen und Reportagen, schon seit Längerem ausdrücklich erwünscht, denn journalistisch betrachtet ist der Kolumnist nichts weiter als „der Kapitän in der eignen Badewanne“ (wie die Journalistin Ulrike Meinhof es ausdrückte), mit festem Platz im Blatt und viel Narrenfreiheit. Eine Kolumne zu haben, in einer wichtigen Zeitung, ist ein großes Privileg. Ich habe eine, meine erste und einzige, seit dem Sommer 2015. Die Idee dazu hatte der Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, Claudius Seidl, dem ich ewig dankbar dafür bin, was ich ihm seither ungefähr alle drei Wochen einmal sage. Es handelt sich um eine Ratgeber-Kolumne in der „Frau Irene“-Tradition, sie heißt: „Fragen Sie Eleonore Büning“. Der Name ist echt, an das „Ich“ hatte ich mich relativ schnell gewöhnt. Ansonsten aber hat diese Kolumne ein Eigenleben entwickelt, das, vom Kapitänsstandpunkt aus betrachtet, an Meuterei grenzt.
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