Peter Brückner - Das Abseits als sicherer Ort

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Die Kunst, sich der Macht zu entziehen, beherrschte Peter Brückner wie wenige andere. Nachdem seine Mutter, eine jüdische Barsängerin, das Land verlassen hatte, entwickelte er schon in frühen Jahren, ganz auf sich allein gestellt, erfindungsreich eine lebensbejahende Widerständigkeit.
Der beispielhafte Bericht des großen Sozialpsychologen Peter Brückner über das Aufwachsen im NS-Staat zwischen Leiden und Durchmogeln, zwischen Angriffslust und der List der Anpassung; darüber, wie einer dort, wo Kontrolle und der Zwang zum Kollektiv alltäglich werden, Orte sucht, die abseits der Macht liegen – und wie dabei erste Kontakte zur «verbotenen» Kultur mitten in der Barbarei Zuversicht und politische Handlungsfähigkeit gewinnen lassen: «Wie die Katzen hatten wir sieben Leben, und jedes wurde annähernd ernsthaft gelebt.» Sein letztes und zugleich persönlichstes Buch hat Brückner für seine Kinder geschrieben.

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So hatte der Faschismus für den Heranwachsenden eine gute Seite: er ließ sich gegen konkurrierende Formen des Terrors nutzen und noch dazu relativ gefahrlos für einen selbst, man mußte nur wissen, wie man sich ihm wieder entzog, also unsichtbar wurde.

Als ich 1936 Dresden verließ, verließ ich eine für mich sozial fast leere Stadt; ich sah in den letzten Monaten lediglich meinen zweiten Halbbruder Armin ab und an. Er war zwei Jahre älter als ich, und das ist manchmal viel. Wir mochten uns, wußten aber seit kurzem wenig mit uns anzufangen. (Er floh 1938 aus Deutschland.)

Heute würde ich sagen: Ich verließ die Stadt als ein einsam wandelndes Nashorn.

Die Eltern Frühes Porträt - фото 2

Die Eltern

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Frühes Porträt

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Mit dem Vater

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Mit 6 Jahren

Internatsjahre 1936–1939

Widersprüche, nutzbar gemacht

Das Internat hatte in einem Seitenflügel ein Mädchenwohnheim, bestimmt für auswärtige Schülerinnen der städtischen Höheren Mädchenschule. Koedukation galt »als der nationalsozialistischen Weltanschauung nicht gemäß«, war daher zu vermeiden: die überlieferte Separierung der Geschlechter in diesem Internat erhielt so nach 1934 ein ideologisches Fundament. Die alte Sexualfeindschaft der Pädagogen schlüpfte in die »NS-Gesinnung«. Zugleich galt auch für Gymnasiastinnen Hitlers Forderung nach »Weibern, die […] Männer zur Welt zu bringen vermögen«. Das »Ziel« der weiblichen Erziehung »hat unverrückbar die kommende Mutter zu sein«. In den Lehrplänen des Gymnasiums nahm dieses Ziel Formen an, die der deutschen Seele wohltun: Schülerinnen der Unterstufe hatten Erstlingswäsche für Mutter und Kind herzustellen, die der Mittelstufe zum Beispiel Wäsche für arme, kinderreiche Familien zu nähen, zu pflegen und auszubessern.

In der objektiven Anarchie meiner familiären Verhältnisse war ich auf einspringende Fürsorge angewiesen: es gab weder eine Mutter noch andere Verwandte, die sich um meine Wäsche hätten kümmern können. Und wir waren zu arm, um etwa Dienstleistungs-Unternehmen in Anspruch zu nehmen. Ich war auch sonst ein »Underdog«: als Einziger unter den gut hundertzwanzig Internatsschülern konnte ich die Wochenenden nur höchst selten zu Haus, das heißt bei meinem Vater verbringen (weil sein Zimmer zu klein, sein Arbeitsort zu entfernt, die Reise zu teuer war), ja sogar die Ferien über blieb ich das eine oder andere Mal als Einziger in den riesigen Gebäudekomplexen von Schule und Internat zurück. 5

So geriet ich binnen weniger Monate zum Substitut für die von den Lehrplänen erwünschte kinderreiche Familie oder die Erstlingsausstattung . Das Mädchenheim nahm sich meiner an. Es entstand an dieser Stelle ein zugelassener Kontaktraum zwischen den Geschlechtern, der zur Expansion neigte: manchmal nahm mich eine Primanerin in den Ferien zu ihren Eltern mit. Und es bildete sich über die anfangs ganz sozialhelferische und schulisch geprüfte Kommunikation eine Vertrautheit und Verständlichkeit des Verkehrs zwischen den Mädchen und mir heraus, die damals rar genug war, um erneut ein Abseits zu sein. Es gab keine Präzedenzfälle dafür, aber Kopfschütteln, auch Eifersucht, doch die »normative Kraft des Faktischen« entzog das Verhältnis bald der öffentlichen Aufmerksamkeit.

Die Hauslehrerin, selbst keine Hitlersche Mutter sondern Germanistin, sah sich außerstande, die Entwicklung zu einem »Verhältnis auf Gegenseitigkeit« zu unterbinden, wollte es wohl auch nicht. Sie nutzte die Emanzipationschancen, die der NS-Staat berufstätigen Frauen praktisch bot, während er Frauenemanzipation ideologisch streng negierte, und räumte dem Rektor wenig Kontrollrechte ein. Ich machte mich im Mädchenheim nützlich: zum Teil durch meine für damalige Verhältnisse fast monopolartigen Kenntnisse in schöner Literatur (das heißt als Hilfe beim Hausaufsatz), zum Teil durch Dienstleistungen wie das Besorgen von Schlüsseln für Klavierübungs-Zimmer oder den Bibliotheksraum. Mein Sinn fürs Verschwinden, für die Entdeckung von Nischen im System – eine für die Überlebenschance des »Stadtwilden« unerläßliche, daher schnell erworbene Qualifikation – machte mich binnen weniger Monate zum Spezialisten für Nebenräume, die sich als Abseits nutzen ließen.

Schon bald schwand aus den Beziehungen zwischen den Mädchen und mir alle Fremdheit, Unvertrautheit und Scheu, die – damals – den Untergrund für Liebe, Verliebtheit, erotische Affären, Sehnsucht bildeten. Unser Verhältnis wurde desexualisiert. So herrschte schließlich das Sexualtabu gerade an der Stelle des Internats, die immer im neidischen Verdacht stand, es zu übertreten. In einer auf Homogenität, auf »faktische Normalität der Verhältnisse« gestimmten Gesellschaft bilden solche Schwirrphänomene, wie ich sie eben skizziert habe, einen point de résistance gegen die terroristische Normalität; damit aber sind sie Quelle von Glück, so daß letztlich doch das glücksfeindliche Sexualtabu der Betrogene war.

Die Konfirmation

Wollte ich meine Erinnerungen so darstellen, wie sie sich mir spontan aufdrängen, so wäre der Leser wahrscheinlich über lange Strecken enttäuscht. Habe ich denn eben über Lebensverhältnisse im NS-Staat berichtet? Immer sind es unsere Theorien, die der Macht – des NS-Staats, des Staats überhaupt, des Kapitals – eine Totalität des Zugriffs einräumen, die die Macht wohl anstrebt, aber eben nur in unseren Theorien erreicht. Immer bleibt deshalb eine Kindheit im Faschismus eine Kindheit. Und selbst dort, wo die These vom totalitären Zugriff – oder von der »reellen Subsumtion« – an der Daseinsweise von Menschen empirisch belegt werden könnte, gerät meist in Vergessenheit, daß auch Kinder und junge Leute sich entscheiden; so daß, wie die Ähnlichkeit unter eineiigen Zwillingen, auch die Kongruenz von herrschender Ideologie, Klassenlage und Innerlichkeit im modernen Staat irgendwann von den Individuen selbst gewollt, angenommen, ja vielleicht sogar gesucht worden ist. Andererseits bleibt, wer die Übereinstimmung (oder Subsumtion) nicht will, keineswegs ungeschoren. Er muß sein »Nein« gegenüber der faktischen Normalität ja realisieren und nicht nur »denken«, sonst denkt er es nicht sehr lang. Er braucht Kritik im Handgemenge, das heißt ein gemeinsames Gelände mit der Macht. Das Abseits, von dem ich so oft spreche: der Ort also, wo wir vor der Faschisierung sicher sind, ist nur anfangs ein Geschenk; wir erhalten es uns in der Regel doch nur als Realitätstüchtige. Realität ist aber zu großen Anteilen die Realität der Macht. Ohne ein Minimum an Anpassung, ohne einen Rest an Bereitschaft zum Handel (»bargaining«) fände man nicht einmal Nischen, um sich zurückzuziehen, und verlöre bald die Chance, eigene Produktivkräfte zu entwickeln – wie aber soll Dissidenz, wie Flucht, wie Widerstand ohne entfaltete Produktivität auf Dauer zu stellen sein? Auf seine Weise versteht auch der Vierzehnjährige schon, worauf es in der Diktatur ankommt: weder Opfer des Systems (des Kriegs, des Staats, der Ideologie, der Polizei) noch sein Handlungsgehilfe zu werden. Zwischen beiden Extremen oszilliert seine jugendliche Lebenspraxis. So lange, bis er von Umständen und Lebensbedingungen dazu genötigt wird, diese Praxis zu revidieren: er kann sich eines Tages nur retten, indem er Widerstand leistet. Im NS-Staat bedeutete dies wiederum: realitätstüchtig zu sein, sich im Gelände der Macht geschickt und wach zu bewegen. 6

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