Qwiek.up ( https://qwiek.eu)
Qwiek.up wurde in den Niederlanden auf der Basis des Ansatzes der erlebnisorientierten Pflege entwickelt. Es handelt sich um einen mobilen Projektor, der aus jedem Zimmer eine Art Snoezel- oder Erlebnisraum machen kann, indem audiovisuelle Stimuli erzeugt werden. Der Projektor ist so konzipiert, dass er wahlweise an die Wand oder Decke projizieren kann. Die Inhalte werden auf sogenannten USB-Erlebnismodulen zur Verfügung gestellt. Diese sind thematisch mit digitalen Fotos, Musik oder Umgebungsgeräuschen bestückt. Die Inhalte umfassen z. B.: einen Spaziergang durch einen Wald, Urlaub, Jahreszeiten, Haustiere oder Konzerte mit André Rieu. Es können auch leere Erlebnismodule erworben werden, die dann selbst mit individuellen Inhalten (Bilder, Videos etc.) gefüllt werden können. Das Qwiek.up ist sehr leicht zu bedienen und kann von der Familie, Begleitern und Betreuern genutzt werden.
1.4 Training, das Spaß macht: Serious Gaming als Kombination von Spiel und Gesundheitsförderung
Unter dem Begriff Serious Games (englisch für ernsthafte Spiele) versteht man digitale Spiele, die nicht primär oder ausschließlich der Unterhaltung dienen. Zwar können sie entsprechende Unterhaltungsteile enthalten, der eigentliche Fokus liegt aber darin Informationen oder Bildung zu vermitteln. Dieses Spielekonzept, das Spaß mit ernsten Inhalten verbindet, findet im Gesundheitsbereich und hier auch im Feld Demenz immer häufiger Anwendung. Konkrete Anwendungsbereiche sind hier das kognitive Training, die Bewegungsförderung sowie Spiele, die die soziale Interaktion stützen. Viele der eingesetzten Spiele wurden ursprünglich eigentlich für Unterhaltungszwecke entwickelt, dann aber mit der Zielsetzung, etwas für die Gesundheit zu tun, in ihrer Nutzung beispielsweise auch zum Einsatz bei Menschen mit Demenz adaptiert wie z. B. Wii Sports der Firma Nintendo® oder Kinect Sports von Microsoft™ (McCallum & Boletsis 2013). Die beiden Autoren führten eine erste Überblicksarbeit zur Nutzung von »Serious Games« im Kontext von Demenz durch. Ihr Ergebnis ist die vorsichtige Vermutung, dass der Einsatz dieser Spieleform bei der Zielgruppe mit Demenz einen positiven Effekt hat. Ungewiss ist jedoch, ob dieser länger anhält bzw. ob sich dadurch insgesamt ein positiver Einfluss auf die Ausführung von Alltagsaktivitäten erzielen lässt (ebd.).
In einer aktuellen Überblicksarbeit, deren Fokus in der Auswertung sich hauptsächlich auf die Ausführbarkeit von Serious Games bei Demenz richtet, stellen Dietlein et al. (2018) zusammenfassend fest, dass die wenigen vorliegenden Studienergebnisse insbesondere aufgrund verschiedener methodischer Probleme nur bedingt aussagefähig sind. Generell zeigt sich, dass diese Form der Spiele unter Begleitung problemlos von Menschen mit Demenz ausgeübt werden können. Allerdings lässt die aktuelle Studienlage keine abschließende Aussage zu deren Effektivität zu, wobei es Tendenzen in der Verbesserung von kognitiven Fähigkeiten zu geben scheint.
Prinzipiell gibt es bei der Nutzung von Serious Games zwei Ansätze. Zum einen liegt der Fokus darin, mit Hilfe von interaktiven Übungen und Spielen eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit, das heißt eine Form des Gehirntrainings auszuüben. Eine weitere Zielrichtung liegt eher im physischen Bereich. Bei dieser Form des Trainings soll durch Bewegungsübungen in erster Linie die physische Leistungsfähigkeit verbessert werden.
Generell werden Interventionen in der Begleitung von Menschen mit Demenz als besonders erfolgversprechend angesehen, wenn diese multidimensional ausgerichtet sind, das heißt, sowohl kognitive als auch physische Akzente setzen. Ein in Deutschland seit vielen Jahren erfolgreich in der sozialen Betreuung eingesetztes Interventionskonzept, das nach diesem Anspruch arbeitet ist SimA (kurz für »Selbständigkeit im höheren Lebensalter«). Mittlerweile sind die für das Gedächtnistraining sowie das psychomotorische Training entwickelten Übungen auch digital erhältlich (Oswald et al. 2006 a und b).
Auch die finnische FINGER-Studie, der eine multidimensionale Intervention zugrunde liegt, zeigt, dass mit einem digitalisierten kognitiven Trainingsprogramm positive Effekte insbesondere in der Reduktion des Demenzrisikos erreicht werden können (Ngandu et al. 2015).
Generell zeigen die vorliegenden Studienergebnisse, dass digitale kognitive Trainingsprogramme ihre Wirksamkeit eher bei Menschen in frühen Stadien oder bei Vorliegen von leichten kognitiven Störungen (Mild Cognitive Impairment MCI) erzielen können, auch wenn die vorliegenden Studien aufgrund von methodischen Schwächen nur begrenzt aussagefähig sind (Gates et al. 2019).
Dennoch werden aktuell umfassende kognitive Trainingsprogramme für Menschen mit Demenz entwickelt, deren erste Ergebnisse durchaus positive Tendenzen zeigen (Burdea at al. 2015; Walton et al. 2019).
1.5 Exergaming: Digital in Bewegung kommen
Ein weitaus größerer Trend in der aktuellen Entwicklung ist allerdings das Design von Technologien, die in erster Linie bewegungsfördernd sind. Generell gibt es eine Vielzahl von Studien, die in mehreren neueren Metaanalysen bzw. systematischen Überblicksarbeiten zusammengefasst sind, die die Evidenz der Wirkung von Bewegung ausreichend gesichert belegen. Es liegen vielfältige Studienergebnisse vor, die aufzeigen, dass der Demenzverlauf und viele der damit einhergehenden Symptomatiken durch ein entsprechendes körperliches Training/spezifische Trainingsprogramme positiv beeinflusst werden können (Radzey 2019).
Dem gegenüber steht jedoch die Tatsache, dass im Alltag von Demenzbetroffenen Bewegungsarmut eher die Regel ist. Menschen mit Demenz verbringen den größten Teil des Tages ortsgebunden, in der Regel sitzend. Dies gilt insbesondere für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen, bei denen häufig körperliche Aktivität nur am Morgen beim Aufstehen festgestellt werden konnte. Hier ist ein Perspektivenwechsel dringend notwendig (van Alphen et al. 2016).
Mit dem Ansatz der zur Bewegungsförderung entwickelten technischen Lösungen, den sogenannten Exergames, versucht man hier neue Impulse und Ansätze zu etablieren. Bei dem Begriff Exergames handelt es sich um ein Kunstwort, das sich aus den Begriffen Exercise (Übung) und Game (Spiel) zusammensetzt. Exergaming ist ein neuer Weg, um Bewegungsübungen entweder in einer virtuellen Welt oder einer Spielumgebung auszuführen. Ziel ist es, neben der Bewegung auch Anregungen für eine kognitive Stimulation zu bieten (van Santen et al. 2018). Wichtige technische Elemente für die Ausübung dieser Spielform sind Bewegungssensoren oder 3D-Bilderkennungsverfahren, die Bewegungen erfassen können.
In einer ersten Überblickarbeit zu den Effekten von Exergames im Kontext von Demenz wurden drei Studien einbezogen. Die Auswertung zeigte bei zwei von ihnen leicht signifikante physische, kognitive und emotionale Effekte bei den Studienteilnehmern. Generell gilt aber auch hier, dass die Studien insbesondere aufgrund der geringen Fallzahlen wenig aussagekräftig sind (van Santen et al. 2018).
Eine umfassendere systematische Überblicksarbeit und Metaanalyse, die sich mit Exergames im Kontext neurologischer Behinderungen u. a. auch der Alzheimererkrankung befasste, kommt trotz der auch hier vorliegenden methodischen Einschränkungen zu der Folgerung, dass Exergames ein hochflexibles Werkzeug in der Rehabilitation von Menschen mit neurologischen Beeinträchtigungen darstellen und in die Behandlungsprozesse der Betroffenen einbezogen werden sollten (Mura et al. 2018)
In der Praxis finden entsprechende digitale Bewegungsprogramme schon seit längerer Zeit eine immer umfangreichere Anwendung. Im Folgenden werden einige Bespiele beschrieben.
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