Manuel Magiera
Die neue Generation der Cosa Nostra
Zwei Teenager im Bann der Mafia
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Manuel Magiera Die neue Generation der Cosa Nostra Zwei Teenager im Bann der Mafia Dieses ebook wurde erstellt bei
Aufbruchsstimmung
Sizilien
Gefährliches Wissen
Auf dem Liebesfelsen
Die Höhle
Verrat
Ungetrübte Ferien
Amerika
Der Piratenschatz
Rache
Pula
Die letzte Ferienwoche bricht an
Besuch in Malaspinas
Gespräche
Verrückte Ideen
Dauerarrest
Pater Ravienno
Familienzuwachs
Auf der Flucht
Jugendstrafe
Wahrheiten
Ein gerechtes Urteil
Neue Erfahrungen
Klosterleben
Hintergrundwissen: Die sonderbare Reise des Commissario Perroni
Verhöre
Verworrene Wege
Impressum neobooks
Die neue Generation der Cosa Nostra
Ein frischer Wind wehte über die Dächer der Hansestadt und ließ die Blätter der Bäume sanft rascheln, währenddessen sich vorwitzige Sonnenstrahlen ihren Weg zur Erde hinab bahnten. Es war Anfang Juli, doch wie so oft, ließ der Sommer wieder einmal auf sich warten. Die Hamburger Bürger waren allerdings, was das Wetter anging, Kummer gewohnt, vor allem zur Ferienzeit.
„Was macht ihr denn so in den Sommerferien?“ Der fünfzehnjährige Sven Maler stand auf dem Schulhof des Albert Schweizer Gymnasiums und hielt seine Frühstücksbanane wie ein Mikrofon vor die umstehenden Mitschüler. „Wir haben Teneriffa gebucht“, antwortete Leonie mit kokettem Augenaufschlag und machte keinen Hehl daraus, dass sie den kräftigen blonden Jungen anhimmelte. „Auf den Kanarischen Inseln scheint wenigstens jeden Tag die Sonne und übermorgen bin ich mit meiner Mutter für drei Wochen weg.“ Ihre beste Freundin Maja blickte währenddessen verliebt zu dem dunkelhaarigen Burschen an Svens Seite. „Und was wird aus meinem Computergenie? Fährst du auch weg, Mike, oder kann ich in den Ferien ausgiebig mit dir flirten?“, fragte sie den erklärten Schwarm der meisten Mädchen aus ihrer Schule und fuhr mit der Hand zärtlich durch dessen Haarschopf.
Michael lachte auf. Geschmeichelt legte er seinen Arm um die Freundin. „Leider nicht, mein Schatz, aber du kannst mir mailen. Wir sind von der Cousine meiner Mutter nach Sizilien eingeladen worden. Hab ich dir das etwa noch nicht erzählt? Am 17. Juli feiern mein Onkel Tonio und Tante Maria in Palermo Silberhochzeit. Wir fliegen auch in drei Tagen.“ Eine leicht gebräunte Haut und der geheimnisvolle Ausdruck tiefgründiger dunkelbrauner Augen ließen keine Zweifel an seiner südeuropäischen Abstammung aufkommen. Er erwiderte den verliebten Blick des Mädchens, das sich zärtlich an ihn schmiegte. Deren Freundin Leonie schrie zum Schein entsetzt auf und entfernte sich einen Schritt von den beiden. „Sizilien? Bist du wahnsinnig? Da ist doch die Mafia zu Hause!“ Es kam Stimmung in der kleinen Gruppe auf. „Au ja, Meiki wird Mafiaboss und verschafft uns in Zukunft kostenlose Pizza vom Italiener.“ Michaels Freund Christian hatte sich unbemerkt anschleichen können und trat im nächsten Augenblick hinter seinen besten Kumpel. Er rüttelte mit beiden Händen an dessen Schultern. Michael reagierte prompt und wehrte die vermeintliche Gefahr mit einem angedeuteten Taekwondotritt souverän ab. Sein Trainingspartner wich sofort geschickt aus und startete seinerseits einen neuen Scheinangriff. Lachend lagen sie die Jungen einen Moment später in den Armen.
„Ich habe vier Großcousinen, soll ich dir eine davon reservieren? Dann musst du später aber auch in meine Organisation kommen und mir die Hand küssen!“, meinte Michael großspurig. Dabei begannen seine Augen voller Vorfreude zu glänzen, als er weiter sprach. „Auf die Sonne und das Mittelmeer freue ich mich sehr. Endlich kann ich mal zwei Wochen am Stück baden. Mein Onkel besitzt eine Villa am Stadtrand von Palermo. Ich bin sogar auf Sizilien geboren.“ „Du siehst auch aus, wie ein kleiner Sizilianer. Dein dunkler Teint und deine braunen Augen verraten dich, mein süßer Mafioso.“ Maja gab ihm einen Kuss. „Von den Großcousinen lässt du aber die Finger, mein Guter. Ich werde dich jeden Tag auf Skype anrufen“, erklärte sie mit selbstbewussten Lächeln.
Abrupt beendete ein zweimaliger Schulgong die angeregte Unterhaltung der Jugendlichen. Automatisch drehten sich die Freunde und Schüler der 9b des Hamburger Gymnasiums in die Richtung um, in der ihr Schulgebäude lag. Ihre letzte Stunde stand auf dem Programm und nach Vergabe der Zeugnisse durften sie den Lehrern endlich den Rücken kehren. Einige von ihnen konnten der Hansestadt für ein paar Wochen entfliehen. Als Michael Carstensen frohgelaunt in sein gewohntes Klassenzimmer zurückkam, ahnte er noch nicht, in welcher Weise sich die Ereignisse für ihn in den kommenden Wochen überstürzen würden.
Der Junge war sich anfangs nicht sicher gewesen, ob er lachen oder weinen sollte, als ihm die Mutter voller Freude von der Einladung nach Sizilien berichtet hatte. Seine italienische Herkunft interessierte ihn eigentlich nicht so sehr. Er war in Hamburg zu Hause. Seit früher Kindheit nahm er am Taekwondo-Training teil und erhielt nebenher Eislaufunterricht. Fast alle seine Freunde wohnten in der Nachbarschaft. Mit Sizilien verband er in seiner Vorstellung nur eine Insel im Mittelmeer und die Heimat seiner Mutter Carlotta. Ihre Familie lebte seit Generationen in der Hauptstadt Palermo. Michaels Vater Werner Carstensen hatte seine Frau vor vielen Jahren während des Urlaubs dort kennen und lieben gelernt. Deren Eltern waren damals nicht gerade erfreut über Carlottas Wahl gewesen. Aber die junge Frau konnte sich durchsetzen und folgte dem angehenden Kriminalkommissar in seine Heimat nach Hamburg. Als Carlotta ein Kind erwartete, fuhr sie zu ihrer Mutter zurück und brachte ihren Sohn auf Sizilien zur Welt. Mehr Einzelheiten über seine Familie wusste Michael nicht. Tante Maria war eine Cousine seiner Mutter und mit einem palermitanischen Unternehmer verheiratet. Michael sollte das erste Mal in seinem jungen Leben den Ort seiner Geburt kennen lernen. Auf jeden Fall, dass hatte er im Internet recherchiert, würde es am Mittelmeer zu dieser Jahreszeit um die 30 Grad warm sein. Drei seiner bisher noch unbekannten Cousinen waren zwischen zwölf und sechzehn Jahre alt. So schlecht erschienen ihm die Aussichten mittlerweile doch nicht mehr und mit der Zeit besserte sich seine Laune, obgleich er auch gerne mit den Freunden Christian und Sven ins Zeltlager nach Dänemark gefahren wäre. Dort hätte er größere Freiheiten von den Eltern gehabt, welche ja nun leider, zumindest für die nächsten vierzehn Tage, ständig um ihn herum scharwenzeln würden. Vielleicht konnte er sie zeitweilig mal abschütteln, hoffte er insgeheim und verließ am Unterrichtsende mit einem recht passablen Zeugnis die Schule.
*
„Schatz, hast du meine braunen Sandalen eingepackt und meine beiden blauen Lieblings T-Shirts? Mike, bist du endlich fertig? Das Taxi kommt gleich!“
Hauptkommissar Werner Carstensen lief wie ein aufgescheuchtes Hühnchen durch sämtliche Zimmer seines Einfamilienhauses im Stadtteil Barmbek, während er verzweifelt versuchte, den Kollegen Klaus auf dessen Handy zu erreichen. Hoffentlich werden sie in der Dienststelle ohne ihn klarkommen, dachte er. Er hasste Urlaube und musste sich seiner Frau dennoch geschlagen geben, als sie ihn mit der Einladung nach Sizilien konfrontiert hatte. Die Familie war ihr so wichtig und sie freute sich sehr auf das Wiedersehen mit ihren Verwandten.
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