Hält Ehr um vieles teurer als das Leben.
Troilus kommt. Nun, junger Mann, denkst du zu fechten heut?
ANDROMACHE
Kassandra, ruf den Vater, ihm zu raten!
Kassandra geht ab.
HEKTOR
Nein, junger Troilus, leg die Rüstung ab!
Heut hab ich hohen Mut zur Ritterschaft!
Laß wachsen erst die Sehnen stark und fest
Und noch versuche nicht den Sturm der Schlacht!
Entwaffne dich, mein Knab, und glaubs dem Starken,
Heut schirmt er dich, sich selbst und Trojas Marken.
TROILUS
Bruder, in deiner Großmut wohnt ein Fehl,
Der mehr dem Löwen ziemte als dem Mann.
HEKTOR
Was für ein Fehl, mein Troilus? Schilt mich drum!
TROILUS
Oft, wenn gefangne Griechen stürzten hin,
Schon vor dem Wehn und Sausen deines Schwerts,
Riefst du: Steht auf und lebt!
HEKTOR
So spielen Helden!
TROILUS
So spielen Narrn, beim Zeus!
HEKTOR
Wie das? Wie das?
TROILUS
Um aller Götter willen,
Dies Klausnermitleid laß bei unsrer Mutter;
Doch haben wir den Panzer umgeschnallt,
Dann schweb auf unsern Schwertern giftge Rache,
Das Mitleid zügelnd und mit Leid sie spornend.
HEKTOR
Pfui, Wilder, pfui!
TROILUS
Hektor, dann ist es Krieg!
HEKTOR
Heut wünscht ich, Troilus, du bliebest heim!
TROILUS
Wer hielte mich zurück?
Nicht Schicksal, nicht Gehorsam, selbst nicht Mars
Mit feurigem Stab gebietend meinen Rückzug;
Nicht Hekuba noch Priam auf den Knien,
Mit Augen rot von bittrer Tränen Salz,
Noch du, mein Bruder, mir mit tapterm Schwert
Entgegendrohend, sperrtest mir den Weg,
Als durch den Tod.
Kassandra kommt zurück mit Priamus.
KASSANDRA
Leg Hand an ihn, o Priam, halt ihn fest!
Er ist dein Stab; verlierst du deine Stütze,
Auf ihn gelehnt und Trojas Volk auf dich,
Sinkt alles hin mit eins.
PRIAMUS
Bleib, Hektor, bleib!
Dein Weib sah Träume, deine Mutter Zeichen,
Kassandra weissagt Unglück, und ich selbst,
Wie ein Prophet in plötzlicher Verzückung,
Verkünde dir, der Tag ist voll Verhängnis!
Drum kehr zurück!
HEKTOR
Äneas harrt im Feld,
Und manchem Griechen hab ichs zugesagt,
Ins Angesicht des Ruhms, an diesem Morgen
Mich ihm zu stellen.
PRIAMUS
Dennoch sollst du bleiben!
HEKTOR
Ich darf mein Wort nicht brechen.
Ihr kennt mich pflichtgedenk; drum, teurer Herr,
Laßt mich die Ehrfurcht nicht verletzen; laßt
Auf Eur Geheiß und Wort dem Lauf mich folgen,
Den Ihr mir jetzt verweigert, hoher Fürst.
KASSANDRA
O Priam, gib nicht nach.
ANDROMACHE
Tu's nicht, mein Vater!
HEKTOR
Andromache, ich bin erzürnt auf dich.
Bei deiner Liebe fordr ichs, geh hinein!
Andromache ab.
TROILUS
Die abergläubsche, tolle Träumerin
Schafft all die Angst.
KASSANDRA
Leb wohl, mein teurer Hektor!
Sieh, wie du stirbst! Sieh, wie dein Aug erbleicht!
Sieh, wie dein Blut aus vielen Wunden strömt!
Horch Trojas Wehruf, Hekubas Geheul,
Den lauten Jammerschrei Andromaches!
O sieh Verzweiflung, Wahnsinn, wild Entsetzen
Gleich tollen Larven durcheinander rennen
Und rufen: Hektor! Hektor fiel! O Hektor!
TROILUS
Hinweg! Hinweg!
KASSANDRA
Leb wohl! – Doch still! Nie sehen wir uns wieder;
Du täuschest dich und stürzest Troja nieder!
Sie geht ab.
HEKTOR
Du staunst, o Herr, ob ihrem Weheruf!
Geh, sprich dem Volk Mut ein, wir wolln zur Schlacht
Und tapfre Tat dir künden noch vor Nacht.
PRIAMUS
Leb wohl, die Götter leihn dir ihren Schutz!
Priamus und Hektor getrennt ab. Kriegslärm.
TROILUS
Die Schlacht beginnt. Auf, Diomed, zum Reigen!
Und gälts den Arm, der Ärmel wird mein eigen!
Pandarus kommt.
PANDARUS
Hört doch, mein bester Prinz, o hört doch!
TROILUS
Was gibts?
PANDARUS
Hier ist ein Brief von dem armen Kinde.
TROILUS
Laß sehn!
PANDARUS
Ein verwettertes Asthma, ein verwettertes, niederträchtiges Asthma setzt mir so zu und obendrein das närrische Schicksal der Dime, und bald das eine und bald das andre, daß ich Euch nächster Tage draufgehn werde. Und außerdem ein Fluß auf dem Auge und solch ein Reißen im Gebein, daß mich wer behext haben muß, oder ich weiß nicht, was ich davon denken soll. – Was schreibt sie denn?
TROILUS
Nur Wort' und Worte, aus dem Herzen nichts.
[Zerreißt den Brief. ] Die Wirklichkeit vertolgt ganz andern Weg. Zerreißt den Brief. Geh Wind zum Wind; da dreht und wirbelt fort! Mit Trug und Wort will sie mein Lieben krönen, Und ihre Taten spart sie auf für jenen. Sie gehn getrennt ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
[Vor Troja ] Die Ebene zwischen Troja und dem griechischen Lager
Schlachtlärm. Thersites tritt auf.
THERSITES
Nun hämmern sie aufeinander los, und ich will mirs ansehn. – Der heuchlerische, boshafte Bube Diomed hat jenes lumpigen, verliebten, dummen, trojanischen jungen Gelbschnabels Ärmelkrause an seinen Helm gesteckt; ich wollte, sie gerieten aneinander, und daß unser junger Esel aus Troja, der die Metze dort liebt, dem schurkischen, griechischen Dirnenjäger mit seiner Krause auf dem Weg zu der heuchlerischen, liederlichen Hure einmal recht heimleuchtete! Und nun auf der andern Seite, die Staatsweisheit dieser ränkevollen, hochbeteuernden Schurken – des alten, abgestandenen, mauszerfressenen, dürren Käse Nestor und des Schelmenfuchses Ulysses – die ist nun, wie sichs ausweist, keine Heidelbeere wert. Da hetzen sie in ihrer Staatskunst den Blendlings-Bullenbeißer Ajax gegen den ebenso schlechten Köter Achilles auf, und nun ist Köter Ajax stolzer als Köter Achilles und – will heut nicht ins Feld, so daß die Griechen anfangen, es mit der Barbarei zu halten, und die Staatsweisheit in Verruf kommt.
Diomedes tritt auf, Troilus folgt ihm. Still! Hier sehe ich Ärmel und den andern. [Diomedes und Troilus treten auf. ]
TROILUS
Flieh nicht! Denn schirmte dich die Flut des Styx,
Ich schwömme nach!
DIOMEDES
Rückzug ist keine Flucht;
Ich fliehe nicht; aus guter Vorsicht nur
Entzog ich mich der überiegnen Zahl.
Nun sieh dich vor!
[Sie gehn fechtend ab. ]
THERSITES
Wehr dich für deine Metze, Grieche! Ficht für deine Metze, Trojaner! Nun gilts die Krause! Nun gilts die Krause!
Troilus und Diomedes gehn kämpfend ab. Hektor tritt auf.
HEKTOR
Wer bist du, Grieche? Bist du Hektors würdig?
Von echtem Blut und Ehre?
THERSITES
Nein, nein, ich bin ein Schuft, ein schäbiger, schmähsüchtiger Bube, ein recht armseliger Lump.
HEKTOR
Ich glaube dir, drum lebe!
Hektor geht ab.
THERSITES
Gott Lob und Dank, daß du mir glauben willst, aber die Pest breche dir den Hals, daß du mich so erschreckt hast. – Was ist aus den liederlichen Bengeln geworden? Ich denke, sie haben einander aufgefressen; über das Wunder wollt ich mich totlachen. Und doch frißt sich auf gewisse Weise die Liederlichkeit selbst auf. Ich will sie suchen.
Er geht ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
[Daselbst ] Ein anderer Teil der Ebene
Diomedes und ein Diener treten auf.
DIOMEDES
Geh, Knappe, nimm das Pferd des Troilus
Und bring das gute Roß an Cressida,
Entbiete meinen Ritterdienst der Schönen,
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