Es kommen Hektor, Troilus, Ajax, Agamemnon, Ulysses, Nestor, Menelaus und Diomedes mit Fackeln.
AGAMEMNON
Wir gehn fehl, wir gehn fehl!
AJAX
O nein, dort ists,
Wo ihr die Lichter seht!
HEKTOR
Ich werd euch lästig.
AJAX
O nicht doch!
ULYSSES
Seht, er kommt euch selbst entgegen.
Achilles tritt auf.
ACHILLES
Held Hektor und Ihr, Fürsten, seid willkommen!
AGAMEMNON
Nun, gute Nacht, mein edler Prinz von Troja;
Ajax besorgt Euch sichre Ehrenwache.
HEKTOR
Dank und gut Nacht dem Feldherrn Griechenlands!
MENELAUS
Gut Nacht!
HEKTOR
Gut Nacht, liebwerter Menelaus!
THERSITES
Liebwerter Abtritt! Liebwerter – so! Liebwerter Kloak, liebwerter Rinnstein!
ACHILLES
Gut Nacht und Willkomm allen, die da gehn
Und bleiben!
AGAMEMNON
Gute Nacht!
Agamemnon und Menelaus ab.
ACHILLES
Bleibt, Vater Nestor – Ihr auch, Diomed;
Verweilt mit Hektorn hier auf ein paar Stunden!
DIOMEDES
Ich kann nicht, Prinz; mich ruft ein wichtiges
Geschäft, das dringend mahnt. Gut Nacht, Held Hektor!
HEKTOR
Gebt mir die Hand!
ULYSSES
beiseit zu Troilus. Er geht zu Kalchas' Zelt, folgt seiner Fackel; Ich geb Euch das Geleit.
TROILUS
Viel Ehre, Herr!
HEKTOR
Nun denn, gut Nacht!
Diomedes geht ab; Ulysses und Troilus folgen ihm.
ACHILLES
Kommt, tretet in mein Zelt!
[Sie gehn nach verschiedenen Seiten ab. ] Alle außer Thersites gehen ab.
THERSITES
Der Diomed da ist ein falscher Schurke, eine recht tückische Bestie. Ich traue ihm so wenig, wenn er von der Seite schielt, als einer Schlange, wenn sie zischt; er hat ein so weites, freigebiges Maul für Versprechungen wie ein kläffender Hund; aber wenn er sie erfüllt, prophezeien die Sterndeuter daraus: es ist ein Wunderzeichen, das eine Umwälzung ankündigt; die Sonne borgt vom Monde, wenn Diomed Wort hält. Ich will lieber den Hektor nicht sehn, als diesem nicht nachspüren; man sagt, er hält sich eine trojanische Metze, und der Verräter Kalchas leiht ihm sein Zelt; ich will ihm nach. Nichts als Unzucht! Lauter liederliche Spitzbuben!
Geht ab.
Englisch
Inhaltsverzeichnis
Das griechische Lager. Vor Kalchas' Zelt
Diomedes tritt auf.
DIOMEDES
Heida! Seid ihr noch wach hier? Holla! Sprecht!
KALCHAS
drinnen. Wer ruft hier?
DIOMEDES
Diomed.
's ist Kalchas, denk ich. Wo ist Eure Tochter?
KALCHAS
drinnen. Sie kommt zu Euch. Troilus und Ulysses kommen and stellen sich in den Hintergrund des Zelts; nach ihnen Thersites.
ULYSSES
Bleibt stehn, daß uns die Fackel nicht verrate.
Cressida tritt auf.
TROILUS
Was, Cressida, die zu ihm kommt?
DIOMEDES
Wie gehts, mein Mündel?
CRESSIDA
Lieber Vormund, hört,
Ein Wort mit Euch.
Sie spricht leise mit Diomedes.
TROILUS
Und so vertraulich?
ULYSSES
Sie spielt Euch jedem auf, beim ersten Anblick.
THERSITES
Und jeder spielt sie vom Blatt, wenn er den Schlüssel weiß; sie ist notiert.
DIOMEDES
Willst du dran denken?
CRESSIDA
Dran denken? Ja!
DIOMEDES
Nun gut, vergiß es nicht,
Und laß die Tat zu deinen Worten stimmen.
TROILUS
Was soll sie nicht vergessen?
ULYSSES
Lauscht!
CRESSIDA
Nicht weiter
Verlocke mich zur Torheit, süßer Grieche!
THERSITES
O ihr Gesindel!
DIOMEDES
Nun denn –
CRESSIDA
Hör mich an!
DIOMEDES
Nichts, nichts da; Kinderei! Du hältst nicht Wort!
CRESSIDA
Wirklich, es geht nicht. Was verlangst du denn?
THERSITES
'nen Diebesdietrich für geheime Fächer.
DIOMEDES
Was hast du zugesagt? Was schwurst du mir?
CRESSIDA
Ich bitte dich, besteh nicht auf dem Schwur;
Nur das begehre nicht, mein süßer Grieche!
DIOMEDES
Gut Nacht!
TROILUS
O Wut!
ULYSSES
Still, Troer!
CRESSIDA
Diomed –
DIOMEDES
Nein, nicht gut Nacht; ich bin dein Narr nicht länger.
TROILUS
Dein Beßrer muß es sein!
CRESSIDA
Ein Wort ins Ohr!
TROILUS
O Tod und Wahnsinn!
ULYSSES
Ihr seid bewegt, Prinz; laßt uns fort, ich bitt Euch,
Daß Euer Schmerz sich nicht entladen möge
Zu wütger Tat. Der Ort hier ist gefährlich,
Die Zeit todbringend; ich beschwör Euch, kommt!
TROILUS
Seht nur, o seht!
ULYSSES
Entfernt Euch, werter Prinz,
Ihr seid dem Wahnsinn nah; kommt, lieber Herr!
TROILUS
Ich bitt Euch, bleibt!
ULYSSES
Ihr habt nicht Fassung, kommt!
TROILUS
Ich bitt Euch, bleibt. Bei Höll und Höllenqual,
Ich rede nicht ein Wort.
DIOMEDES
Nun denn, gut Nacht!
CRESSIDA
Du gehst doch nicht in Zorn?
TROILUS
Das kümmert dich?
Verwelkte Treu!
ULYSSES
Still, Prinz!
TROILUS
Beim Jupiter,
Ich schweige!
CRESSIDA
Mein Beschützer – lieber Grieche –
DIOMEDES
Pah, pah! Lebt wohl! Ihr habt mich nur zum besten!
CRESSIDA
Nein, ganz gewiß nicht! Kommt noch einmal her!
ULYSSES
Ihr schreckt zusammen, Prinz – wollt Ihr nun gehn?
Ihr brecht noch los!
TROILUS
Sie streicht die Wang ihm!
ULYSSES
Kommt!
TROILUS
Nein, bleibt! Beim Zeus, ich rede nicht ein Wort!
Geduld hält Wache zwischen meinem Willen
Und aller Kränkung. Bleibt nur noch ein wenig!
THERSITES
Wie der Unzuchtteutel mit dem feisten Bauch und dem Kartoffelfinger die zwei zusammenkitzelt! Siede, Liederlichkeit, siede!
DIOMEDES
So willst du wirklich?
CRESSIDA
Nun ja, ich will, sonst trau mir niemals wieder!
DIOMEDES
Gib mir zur Sicherheit ein Unterpfand!
CRESSIDA
Ich hole dirs.
Cressida geht ab.
ULYSSES
Ihr schwurt Geduld!
TROILUS
Seid unbesorgt! Ich will
Ich selbst nicht sein, will mir bewußt nicht werden,
Was ich empfinde; ich bin ganz Geduld.
Cressida kommt zurück.
THERSITES
Nun kommt das Pfand; jetzt, jetzt, jetzt!
CRESSIDA
Hier, Diomedes, trag die Ärmelkrause!
TROILUS
O Schönheit! Wo ist deine Treu?
ULYSSES
Mein Prinz –
TROILUS
Ich will ja ruhig sein; von außen will ichs.
CRESSIDA
Ihr seht die Kraus' Euch an; beschaut sie wohl!
Er liebte mich! O Falsche! – Gebt sie wieder!
DIOMEDES
Wes war sie?
CRESSIDA
Gleichviel wes! Ich hab sie wieder.
Ich werd Euch nicht erwarten morgen nacht;
Ich bitt dich, Diomed, besuch mich nicht!
THERSITES
Nun wetzt sie; recht so, Schleifstein!
DIOMEDES
Ich muß sie haben.
CRESSIDA
Was?
DIOMEDES
Nun, diese da!
CRESSIDA
O Götter! O du liebes, liebes Pfand!
Dein Herr liegt jetzt im Bett und denkt gewiß
An dich und mich und seufzt; nimmt meinen Handschuh
Und gibt ihm manchen süßen Kuß gedenksam,
So wie ich dir. Nein, reiß sie mir nicht weg;
Wer diese nimmt, muß auch mein Herz mitnehmen.
DIOMEDES
Dein Herz war mein schon; dieses folgt ihm nach!
TROILUS
Ich schwur Geduld!
CRESSIDA
Dies kriegst du nicht, nein, wahrlich, Diomed!
Ich geb dir etwas andres.
DIOMEDES
Ich will dies Pfand; wes wars?
CRESSIDA
Das gilt ja gleich.
DIOMEDES
Komm, sag, von wem dirs kam?
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