• Äußerlich attraktivere (junge) Patientinnen und/oder Patienten mit innerhalb der eigenen Berufsgruppe »angesagteren« Störungsbildern wie Trauma und Borderline bieten Psychotherapeuten mehr Möglichkeiten der eigenen narzisstischen Aufwertung.
Einschätzungen älterer Patientinnen als »schwierig« liegen demnach maßgeblich auch eigene, durch sowohl individuell-biografische als auch gesellschaftliche Bedingungen geprägte Projektionen von Psychotherapeuten zugrunde. Diesen – keineswegs immer bewusst wahrgenommenen – negativen Einstellungen gegenüber Psychotherapie im Alter stehen folgende Argumente entgegen:
• In einer demografisch stetig wachsenden »Gesellschaft des längeren Lebens« wird der Bedarf an Psychotherapeutinnen, die ältere Patienten behandeln, weiter zunehmen. Die Babyboomer-Generation, die in Kürze das Rentenalter erreicht, wird diesen Trend insofern verstärken, als dass sie aufgrund ihrer besonderen Sozialisation und ihrer eigenen (vielmals positiven) Erfahrungen mit Psychotherapie eine solche auch weiterhin stärker nachfragen wird (Peters und Lindner 2019).
• Psychotherapie im Alter ist ein Forschungs- und Versorgungsfeld, das sich aktuell dynamisch entwickelt und in dem viele neue Erkenntnisse gesammelt werden (Knight 1986) (
Kap. 2.4). Hinzu kommt, dass sich die Lebensphase Alter selbst sehr stark kulturell weiterentwickelt, etwa im Zuge technischer Innovationen (Stichwort »ambient assisted living«) (Wahl et al. 2012).
• In der Entwicklung psychotherapeutischer Ansätze für ältere Menschen hat es beträchtliche Fortschritte gegeben: Es liegen unter anderem mittlerweile gut evaluierte Behandlungsansätze vor, die Psychotherapeuten handlungsleitendes Wissen vermitteln (
Kap. 8).
• Es bieten sich Chancen der interprofessionellen Zusammenarbeit in der Versorgung im Sinne des biopsychosozialen Modells, weil ältere Patienten in der Regel umfassender versorgt werden (müssen) (
Kap. 6.6.2).
• Der berufliche Kontakt zu alten Patientinnen bietet die bereichernde Möglichkeit, zeitgeschichtliches Wissen unmittelbar zu erfahren, da ältere Menschen Zeitzeugen einer Vergangenheit sind, die Psychotherapeuten in der Regel nicht selbst erlebt haben (
Kap. 6.5).
• Psychotherapeutisches Arbeiten mit alten Menschen eröffnet die Chance, sich mit einer Lebensphase zu beschäftigen, die einem in der Zukunft selbst bevorsteht (
Kap. 6.5). Dies kann zu einer aktiven Planung des eigenen Alterns anregen.
• Die Tätigkeit mit sehr alten, multimorbiden Patientinnen ermöglicht häufig sinnstiftende Einblicke in existenzielle Fragen und Grenzsituationen des menschlichen Lebens (Conditio humana) im Zusammenhang mit Leiden, Tod und Vergänglichkeit.
• Ältere Patienten verfügen aufgrund ihrer längeren Lebensdauer im Idealfall über mehr Erfahrungswissen, das in der Therapie nutzbar gemacht werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Bewältigungswissen im Zusammenhang mit früheren Krankheitsphasen für den Umgang mit einer aktuellen Krisensituation genutzt werden kann (
Kap. 7.4.2).
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