GUANYLAToder Guanosinmonophosphat ist chemisch sehr nah mit Inosinat verwandt und hat eine ähnliche Wirkung und Funktion. Beide haben eine etwa zehnmal höhere Wirkung als die Glutaminsäure, wenn sie zusammen mit dieser verwendet werden. Auch wenn die Namen schrecklich klingen: Diese beiden Moleküle sind ebenso verträglich und natürlich wie die freie Glutaminsäure.
INOSINAToder Inosinmonophosphat ist eine Würzflüssigkeit, die einen sehr angenehm fleischigen, herzhaften Geschmack aufweist. Dieses Molekül war auch Bestandteil des „Fleischextrakts“ von Justus von Liebig, dem Chemiker, dem es schon 1847 gelungen war, Würzmittel mit fleischig-herzhaftem Grundgeschmack aus Lebensmitteln zu extrahieren (
Geschichte des Würzens, Seite 83).
GESCHWÄRZTE ZWIEBELNin Consommés, Fonds und Schmorgerichten liefern nicht nur Bräunungs- und Röststoffe über die Maillard-Reaktion (
Würzpraxis Rösten, Seite 53), sondern auch nicht zu vernachlässigende Mengen freier Glutaminsäure. Wie bei lange gekochten Fonds zerfallen ihre Proteine und setzen dabei Glutamat frei. Bei der Bräunungsreaktion entsteht allerdings auch der Schadstoff Acrylamid. Die Mengen sind zwar zu vernachlässigen, wer aber darauf verzichten möchte, lässt die geschwärzte Zwiebel einfach weg. Man verzichtet damit allerdings gleichzeitig auf deren „umamisierende“ sowie farbgebende Wirkung.
SELBST HERGESTELLTE UMAMI-WÜRZPASTE
Getrocknete Tomaten werden mit Olivenöl püriert. Geröstete Nüsse oder Pinienkerne sorgen für Röstaromen, dazu gibt man noch etwas sehr reifen und sehr harten Ziegenkäse. Sie kann in Saucen eingerührt oder auf Rohkostteller getupft werden, was gerade rohem Gemüse ganz neue Nuancen verleiht.
UMAMI-GEHALT IN VERSCHIEDENEN LEBENSMITTELN
LEBENSMITTEL |
FREIE GLUTAMINSÄURE (MG/100 G) |
GEBUNDENE GLUTAMINSÄURE(MG/100 G) |
Parmesankäse |
1200 |
9800 |
Bohnen |
200 |
5600 |
Tomaten |
140 |
2400 |
Mais |
130 |
1800 |
Kartoffeln |
100 |
270 |
Spinat |
40 |
290 |
Hühnerfleisch |
45 |
3300 |
Karotten |
35 |
200 |
Rindfleisch |
35 |
2800 |
Makrelen |
35 |
2400 |
Schweinefleisch |
25 |
2300 |
Eier |
25 |
1600 |
Zwiebeln |
20 |
210 |
Lammfleisch |
20 |
2700 |
Lachs |
20 |
2200 |
Kabeljau |
10 |
2100 |
TOMATENCOULISstellt man her, indem man frische, sehr reife Tomaten im Mixer, ohne Rücksicht auf Kerne oder Schalen, püriert. Den Brei durch ein Sieb passieren, sodass eine schaumige Tomatenflüssigkeit übrig bleibt, die so lange unter Rühren gekocht wird, bis aller Schaum verschwunden ist und sich im Topf ein intensives Tomatenaroma entwickelt. Den Coulis dann in sterile Gläser füllen und bis zu seiner Verwendung im Keller lagern. Das längere Kochen zerstört die Tomate kaum, im Gegenteil: Der „Radikalenfänger“ Lycopin ist aus gekochten Tomaten weitaus besser verfügbar als aus rohen, kann also leichter vom Körper aufgenommen werden.
FETTSÄUREN
VERWENDUNG VON FETT
Fett wurde von der Ernährungswissenschaft lange – wie man heute weiß: zu Unrecht – verteufelt, denn zum Kochen und Abschmecken ist es unersetzlich. Sogar die gesättigten Fettsäuren sind keinesfalls schädlich. Im Gegenteil, sie erfüllen eine ganze Reihe biologischer Aufgaben, zum Beispiel in den Zellmembranen. Was wäre eine schmackhafte Sauce ohne Butter, ein mediterranes Gericht ohne reichlich Olivenöl oder ein südindisches Curry ohne schmackhaftes Kokosfett (
Fette, Seite 476)? Und wem schmeckt nicht das köstlichste aller Fette: Schokolade – also Kakaobutter (
Kakao)? Nicht zuletzt ist Fett ein gutes Lösungsmittel für eine ganze Reihe von Aromasubstanzen (
Flüchtigkeit und Löslichkeit, Seite 28). Aus molekularer Sicht sind Fettsäuren unterschiedlich lange Kohlenwasserstoffketten, die in unterschiedlicher Sättigung vorliegen. Eine der häufigsten Fettsäuren ist die Stearinsäure.
Stearinsäure (C 18:0, oben), Oleinsäure (C 18:1, unten). Da der„Knick“(die CIS-Doppelbindung) an der neunten Stelle erfolgt, wird der Code der Oleinsäure erweitert auf C 18:1,9.
GESÄTTIGTE UND UNGESÄTTIGTE FETTSÄUREN
Die Nomenklatur der Fettsäuren erklärt ihren Aufbau. Die abgebildete Stearinsäure besteht aus 18 Kohlenstoffatomen (Formelzeichen C), die in dieser Darstellung an der linken Spitze und an jedem „Eck“ sitzen – außer am rechten Ende (OH). In der Chemie wird diese Beschriftung meist weggelassen. Keines der 18 Kohlenstoffatome ist ungesättigt: Das würde durch einen „Knick“ und doppelte Striche zwischen zwei Kohlenstoffatomen (Doppelbindung) in der Kette dargestellt werden. Deswegen wird Stearinsäure mit C 18:0 bezeichnet.
Für eine einfach ungesättigte Fettsäure wie die Oleinsäure lautet der Code C 18:1. Nomen est omen: Die ungesättigten Enden einer Fettsäure streben nach Sättigung, sofern die Fette angebrochen und nicht gekühlt sind. Dieser Prozess wird Oxidation genannt: Durch die neuerfolgte Sättigung brechen die Fettsäuren auseinander und bilden Moleküle, die für den ranzigen Geruch verantwortlich sind. Je höher die Temperatur und je mehr ungesättigte Fettsäuren im Spiel sind, desto schneller geht dieser Prozess vonstatten. Im Falle der Brat- oder Frittierfette ist das kulinarisch alles andere als angenehm. Die gleichen Duftstoffe jedoch – zum Beispiel Buttersäure und Propansäure –, die isoliert und vermehrt auftretend schweißig, säuerlich, unangenehm riechen, tragen zu einem positiven Geruchsbild bei reifem Käse bei, da sie hier dezent vorkommen und in ein breites Aromenspektrum eingebettet sind (
Aromen beim Fettabbau, Seite 52).
Fette mit vielen gesättigten Fettsäuren wie Rindertalg, Lamm- oder Kokosfett werden dagegen kaum ranzig. Zum Braten oder gar Frittieren sollte man daher möglichst gesättigte Fette und Öle verwenden. Sind sie zusätzlich gefiltert, also raffiniert, enthalten sie auch weniger Feststoffe, die ihren Rauchpunkt herabsetzen würden: Ideal sind etwa Erdnussöl, Palmkernöl, Sojaöl oder Sonnenblumenkernöl, Butter eignet sich mit ihrem Rauchpunkt von knapp 180 °C ebenfalls zum Braten. Ungefilterte, unraffinierte und kaltgepresste Öle haben wegen der darin enthaltenen Feststoffe einen niedrigen Rauchpunkt, das bedeutet immer „Verbrennung“ – bei kalten Anwendungen aber auch deutlich mehr Aroma.
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