BITTERN
ARTISCHOCKEN(-BLÄTTER)haben eine dezente Bitterkeit, die besonders in Vorspeisen und Aperitifs beliebt ist. Der geschmacksbestimmende Bitterstoff ist das Cynaropicrin. Man beachte den darin versteckten Begriff „Cynar“: So heißt ein in Italien beliebter leichter Bitterlikör, dessen Hauptbestandteil Artischocken sind.
BITTERSALZEwie Calciumchlorid und Magnesiumchlorid wirken bei nicht ausgewogener Dosierung eher plump und isoliert. Bei sogenannten Diätsalzen, die man einsetzt, wenn aus medizinischen Gründen für bestimmte Personen Natriumchlorid nicht konsumierbar ist, werden deshalb oft Mischungen aus Kaliumchlorid, Calciumchlorid und Glutamat angeboten. Dabei wird die Wechselwirkung der Geschmacksrezeptoren für salzig, bitter und umami-Geschmack sichtbar: Je mehr verschiedene Rezeptoren angesprochen werden, desto „breiter“ ist die Wirkung, der reduzierte Kochsalz-Eindruck vermindert sich dadurch.
BOCKSHORNKLEESAMENsind ein idealer Bittergeber. Sie werden dazu mit kochendem Wasser übergossen und nach dem Abkühlen abgeseiht. Das bittere Wasser kann noch als Würzfond im Kartoffelpüree oder im Bohnenpüree verwendet werden. Gibt man einen Teelöffel eingeweichter Früchte in frischen Ziegen- oder Kuhkäse und lässt diesen mindestens einen Tag lang aromatisieren, geben die nussigen Bitternoten dem Frischkäse ein ganz besonderes Aroma. So öffnet sich der Käse plötzlich reifen alten Weißweinen, oxidierten Juraweinen oder weißen jungen Sherries. Bitternoten in bester Mariage!
CHICORÉE UND RADICCHIOsind beliebte Bitterwürzer: Roh unter Salate gemischt, ergänzen ihre bitteren Noten sehr angenehm etwa eine säuerlich-süße Salatvinaigrette. Ihr Bitterstoff Lactucin ist auch in Kopfsalaten enthalten. Pürees von Kopfsalaten oder gebratene Kopfsalatherzen weisen daher eine ähnliche Bitterkeit auf. Roher Radicchio, unter ein cremiges Kartoffelpüree gemischt, wird sehr gut von den grün-bitteren Noten eines fruchtigen Olivenöls ergänzt.
GRÜNER TEE UND MATCHAerhalten ihre Bitterkeit über Koffein und und Polyphenole, etwa Catechin. Die Polyphenole und Bitterstoffe lösen sich besser bei hoher Temperatur, weshalb zu heiß aufgebrühter grüner Tee sehr bitter wirkt. Oft wird daher eine Brühtemperatur von nur 75 °C empfohlen. Aber auch bei diesen Temperaturen lösen sich desto mehr Bitterstoffe, je länger der Tee zieht. Sud aus grünem Tee eignet sich zum Pochieren von Geflügel oder Fisch. Die Bittertöne ergeben eine zarte Würzung des hellen Fleischs. Auch Meeresfrüchte- oder Gemüserisotti mit grünem Tee angegossen sind wunderbar. Matchateepulver fügt Vinaigrettes aus Balsamico Bitterkomponenten bei: Die süß-sauer-bittere Mischung würzt Gemüse, aber auch Huhn, Fisch oder Schwein.
KOFFEIN UND TEEINist derselbe Stoff: In Kaffee und (schwarzem wie grünem) Tee regt er nicht nur an, er schmeckt auch bitter. Die Bittertöne in
Kaffee wirken wegen der geringen Wasserlöslichkeit des Koffeins und der karamellig süßlichen Röstaromen eher dezent. Die Aminosäurenderivate Theobromin und Theophyllin bestimmen den bitteren Geschmack von Kaffee und Tees.
LAKRITZ („BÄRENDRECK“)spielt mit der Kombination bitter-süß. Das Glycyrrhizin aus dem
Süßholz hat eine circa fünfzigmal höhere Süßkraft als Saccharose, aber auch einen leichten Bitterton. Dieser wird durch die Zugabe von Bittersalzen verstärkt. Gleichzeitig wird oft außerdem Ammoniumchlorid (Salmiak) dazugegeben, das den Lakritzschnecken und Süßigkeiten seine typische Note verleiht.
ROSMARIN UND SALBEIgeben an Speisen nicht nur ihre Aromen ab, sondern auch Bitternoten. Der Bitterstoff dieser Kräuter ist das Carnosol. Aus den Stängeln des Rosmarins löst er sich durch langes Mitkochen, aus Salbei durch kurzes Anbraten. Langes Ziehen der Blätter im Wasser lässt Salbeitee dagegen oft zu bitter geraten.
TONIC WATERerhält seine angenehme Bitterkeit von Chinin, das aus der Rinde des Chinabaums gewonnen wird. Ein Schuss Tonic Water in einem frischen Rohkostsalat, zusammen mit etwas Olivenöl, verleiht ihm eine fruchtige Bitterkeit, die ein Menü schmackhaft einleiten kann.
ZITRUSFRÜCHTEwie
Orangen und
Zitronen tragen Bitterstoffe in der weißen Membran zwischen Schale und Fruchtfleisch. Meist verwendet man diese Membran nicht. Kocht man die Schalen mit diesen weißen, faserigen Teilen mit, lassen sich jedoch deren Bitternoten neben den ätherischen Bestandteilen der Orangenbeziehungsweise Zitronenschale gezielt in die Gerichte hineintragen.
WEITERE MÖGLICHKEITEN FÜR BITTERTÖNEliefern bittere Alkohole, zum Beispiel
Angostura,
Bier und
Campari, aber auch
Olivenöl. Weil sie statt reiner Bitternoten auch viele ihrer typischen Aromen in die Speisen hineintragen, werden sie als flüssige Würzen im hinteren Teil des Buches ausführlicher besprochen.
MASKIEREN UNERWÜNSCHTER BITTERNOTEN:Stark reduzierte Saucen aus dunklem Bratenfond wirken neben ihrer Herzhaftigkeit häufig etwas bitter. Natürlich können diese Töne durch weniger starkes Anrösten vermieden werden, aber auch die sukzessive Beigabe von Kräutern wie
Rosmarin hilft, das Ausbilden und Einschwemmen von Bitterstoffen zu vermeiden. Man gibt es erst zum Schluss dazu, lässt es nicht mitkochen und lässt vor allem seine polyphenolreichen, bitteren Stängel draußen, dann dominieren die Terpene. Alternativ funktionieren florale Noten – oder einfach etwas in die Speise gegebener Zucker beziehungsweise Trehalose.
Viele Kräuter und Gewürze maskieren ihre Bitterstoffe, wie etwa
Safran. Das bitter wirkende PICROCROCINspaltet sich bei der Trocknung der Safranfäden in das erdige SAFRANALund süße Glucose. Auf der Duftebene unterstützen beerige, zitrusartige und warmkampferigen Aromen diesen maskierenden Effekt. Eine andere Möglichkeit der Maskierung ist Läuterzucker: Eine sehr kleine Menge wirkt Wunder – maximal ein halber Teelöffel sollte genügen. Weitere einfache und effektive Bittermaskierer sind die Zucker Trehalose und Isomalt (
Abschmecken: süß, Seite 36). Sie haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie viel weniger süß sind als Haushalts- und Läuterzucker.
BITTERSTOFFE MIT DAZUGEHÖRIGEN BITTERWERTEN
Bitterstoff |
Bitterwert |
Bemerkungen |
Chininhydrochlorid aus Chinarinde |
200 000 |
Alkaloid |
Absinthin im Wermut |
3 000 000 |
Bitterstoff |
Quassin im Bitterholzbaum |
13 000 000 |
Bitterstoff |
Amarogentin in Enzian-Arten |
58 000 000 |
Bitterstoff |
Denatoniumbenzoat |
>100 000 000 bekannte |
bitterste Substanz |
BITTERWERTE EINIGER LEBENSMITTEL
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