Er grinste und griff unter den Tresen. »Ja, natürlich«, erwiderte er und reichte es mir unauffällig.
»Wie viel bin ich dir dafür schuldig?«, fragte ich ihn.
»Das hier ist gratis«, erwiderte er. »Nimm es mit Empfehlung des Hauses.«
»Sehr gut. Danke!«, sagte ich.
Das Mädchen drehte sich unruhig auf der Sklavenmatte hin und her, dann lag es wieder auf der Seite. Ihre Beine waren angezogen und sie stöhnte leise. Ich sah, wie die grazilen Finger ihrer rechten Hand die Matte berührten. Ihre Fingerspitzen lagen nun auf der rauen Faser. Auf ihren Beinen zeichnete sich die Sklavenmatte ab.
Ich sparte das Stück Brot auf, an dem ich gerade aß.
Sie bewegte sich unruhig und gab leise Geräusche von sich. Sie spürte wohl instinktiv, dass es bald Morgen wurde.
Ich sah mich um. Die Taverne war nun verlassen und zeigte Anzeichen dafür, dass sie hastig evakuiert worden war. Tarnreiter aus Ar, so wurde gemunkelt, würden sich schon bald auf den Weg nach Lara machen. Die Evakuierung der Taverne war ein Teil der Evakuierung der gesamten Stadt gewesen. Draußen waren die Straßen leer und still. Es waren nur wenige Menschen in Lara zurückgeblieben, vermutete ich. Natürlich waren auch ich und das Mädchen noch hier.
Sie rollte sich jetzt auf der Matte auf den Bauch und lag mit der linken Seite ihres Gesichts auf dem Stoff, während sich ihre zarten Hände seitlich neben dem Kopf befanden.
Dann plötzlich sah ich, wie ihre Fingerspitzen sich gegen die Sklavenmatte pressten und sich ihre Fingernägel verängstigt darin vergruben. Ihr gesamter Körper spannte sich auf einmal an.
»Du bist also wach«, stellte ich fest.
»Worauf befinde ich mich hier?«, fragte sie verängstigt.
»Ist das nicht offensichtlich?«, antwortete ich ihr. »Dies ist eine Sklavenmatte.«
»Wo bin ich?«, wollte sie verwirrt wissen und hob ihren Kopf.
»Im Hauptraum der Taverne von Strobius in der Stadt Lara«, erwiderte ich.
Sie begab sich auf alle viere, und ich bemerkte, dass ihre Brüste unter dem Fetzen, den sie jetzt trug, liebreizend aussahen.
»Was ist passiert?«, fragte sie entsetzt.
»Du wurdest betäubt«, erwiderte ich knapp.
Benommen schüttelte sie den Kopf und sah mich verwirrt an. Ich glaubte nicht, dass sie sich jetzt schon auf mich konzentrieren konnte.
»Du hättest meinen Wein nicht trinken sollen«, sagte ich.
»Wo sind meine Kleider?«, fragte sie schockiert.
»Ich habe sie dir ausgezogen, verbrannt, dein Gepäck und deine Sachen zerstört«, erwiderte ich. »Alles, mit Ausnahme dessen, was du jetzt trägst: eine Ta-Teera und einen Halsreif.«
»Ich trage einen Halsreif?«, flüsterte sie zweifelnd und tastete vorsichtig nach dem Stahl.
»Er ist gut verschlossen«, versicherte ich ihr.
Ich sah, wie ihre Hand unmerklich und verstohlen die Seite ihrer Ta-Teera betastete.
»Der Schlüssel befindet sich nicht mehr dort«, informierte ich sie. »Außerdem habe ich die kleine Tasche, die dort eingenäht wurde, herausgerissen und weggeworfen. Sklavinnen ist es nicht gestattet, Dinge in ihrer Ta-Teera herumzutragen. Bestimmt ist dir das bewusst.«
»Wo ist der Schlüssel jetzt?«, flüsterte sie.
»Ich habe ihn weggeworfen«, teilte ich ihr mit.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich an dich«, meinte sie jetzt. »Du hast meine Übernachtung bezahlt und mir Wein gegeben.«
»Ja, das stimmt«, gab ich zu.
»Aber ich wurde betäubt«, sagte sie fassungslos.
»Auch das stimmt«, erwiderte ich.
»Gib mir den Schlüssel zu diesem Halsreif!«, schrie sie nun plötzlich, sprang auf ihre Füße und zerrte mit den Händen fest daran.
»Bleib auf der Sklavenmatte«, warnte ich sie. »Ich habe den Schlüssel weggeworfen«, erinnerte ich sie.
»Weggeworfen?«, fragte sie entsetzt.
»Ja«, bestätigte ich.
»Aber es ist doch ein echter Halsreif«, stellte sie fest. »Diesen kann ich ohne Schlüssel nicht entfernen.«
»Nein, er ist nicht dazu geschaffen, um von einer Sklavin entfernt zu werden«, gab ich ihr recht.
Entsetzt sah sie mich an.
»Bleib auf der Matte!«, befahl ich ihr wieder.
Sie wich einen Schritt zurück.
»Knie nieder!«
Sie kniete sich nieder, die Beine eng aneinandergepresst.
»Ich habe beides, die Ta-Teera und auch den Halsreif unter deinen Sachen gefunden«, erklärte ich ihr. »Das sind ungewöhnliche Gegenstände, die man normalerweise nicht bei einer freien Frau findet.«
Sie erwiderte nichts.
»Vielleicht bist du ja in Wirklichkeit nur eine entflohene Sklavin«, mutmaßte ich.
»Nein!«, schrie sie empört. »Ich bin keine Sklavin! Ich habe kein Brandzeichen!«
»Dann zeig mir deinen Oberschenkel«, forderte ich sie auf, »damit ich sehen kann, ob du gebrandmarkt bist oder nicht.«
»Nein«, rief sie, doch dann fragte sie wütend: »Warst du es, der mich in die Ta-Teera gesteckt hat?«
»Ja«, gab ich freimütig zu.
»Dann weißt du doch schon ganz genau, dass ich nicht gebrandmarkt bin!«
»Das ist wahr«, erwiderte ich lächelnd.
»Du Tier!«
»Du siehst ziemlich hinreißend darin aus«, meinte ich.
»Es ist doch nur ein Fetzen!«, rief sie empört.
»Ich habe einen Grund dafür, dass ich dir erlaube ihn zu tragen«, erklärte ich. »Denn andernfalls würdest du nur den Stahl um deinen Hals tragen und sonst nichts.«
»Ich verstehe dich nicht!«
»Vielleicht wirst du es später verstehen.«
»Warum tust du mir das an?«, wollte sie wissen. »Wer bist du? Ist das vielleicht alles nur ein bizarrer Scherz?«
»Nein«, entgegnete ich. »Es ist kein Scherz.«
»Lass mich gehen«, flüsterte sie ganz fahl im Gesicht.
»Hast du Hunger?«, fragte ich sie.
»Ja, furchtbaren«, gab sie unsicher zu.
Ich warf ihr die Kruste des Brotes zu, die vor ihr auf der Sklavenmatte landete.
»Du wirfst mir Essen zu?«, fragte sie fassungslos.
»Ja«, sagte ich.
Dennoch griff sie danach.
»Benutze nicht deine Hände!«, befahl ich ihr.
»Aber ich bin eine freie Frau«, erwiderte sie entrüstet.
»Leg deine Handflächen auf die Matte, neige deinen Kopf und iss!«, forderte ich.
»Aber ich bin eine freie Frau«, wiederholte sie.
»Iss!«, befahl ich erneut.
Sie aß, wie ich es ihr aufgetragen hatte, ohne ihre Hände zu benutzen. Anschließend stellte ich eine Schale Wasser in ihre Reichweite.
»Trink!« Sie trank, genauso wie sie gegessen hatte, ohne ihre Hände zu benutzen. Dann nahm ich ihr die Schale mit dem Wasser wieder ab, leerte das restliche Wasser aus und stellte das Gefäß beiseite. Nun drehte ich mich wieder zu meinem Platz um und setzte mich im Schneidersitz hinter den kleinen Tisch. Unsicher sah sie mich an. Ich denke nicht, dass sie unzufrieden damit war, gegessen und getrunken zu haben.
»Was willst du von mir?«, fragte sie nach einer Weile. »Wer bist du?«
»Spreize deine Knie!«, wies ich sie an.
Wütend tat sie es.
»Wie kommt es, dass eine freie Frau eine Ta-Teera und einen Halsreif mit sich herumträgt?«, wollte ich von ihr wissen.
»Im Hause von Tima habe ich es mit freien Sklavenhändlerinnen zu tun«, antwortete sie. »Ich habe solche Dinge während meiner Arbeit regelmäßig verwendet.«
»Ich verstehe«, sagte ich nun.
»Kenne ich dich?«, wollte sie erneut wissen.
»Tust du es?«, fragte ich zurück.
»Du bist maskiert«, erklärte sie. »Du hast mir also etwas voraus.«
»Es ist wahr, dass du ganz und gar bloßgestellt vor mir bist«, erwiderte ich.
Da wurde sie rot.
»Kennst du mich von irgendwoher?«
»Ja«, erwiderte ich.
»Von wo?«, frage sie neugierig.
»Aus Vonda«, erwiderte ich.
Verärgert zuckte sie mit den Schultern. »Dann könntest du einer von tausend sein«, sagte sie frustriert.
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