Die Autoren und Autorinnen wurden aus einem breiten kirchlichen Spektrum ausgewählt. Leider mussten einige angefragte Autoren, deren Kirche wir sehr gerne in unserem Buch aufgenommen hätten, aus verschiedenen Gründen absagen.
Die Texte laden zu einer inspirierenden Lektüre ein. Die Autoren und Autorinnen teilen ihre Leidenschaft Kirche mit ihren Leserinnen und Lesern. Sie laden ein, über die eigene lokale, konkrete Kirche nachzudenken. Warum nicht auch im Kirchenvorstand, Gemeinde- oder Brüderrat sich den Fragen stellen, welche unsere Autoren und Autorinnen aufgenommen haben? Wie sehen wir unsere Kirche in ihrem gesellschaftlichen Kontext? Welchen drei wichtigsten Herausforderungen stehen wir gegenüber? Wo stehen wir als Kirche in zehn Jahren? Die Fragen führen zu einer wohltuenden, zielführenden Diskussion über die eigene Kirche. Das vorliegende Buch fordert gerade zu diesen konkreten Fragen heraus.
Herzlichen Dank
Wir danken unseren Autoren und Autorinnen ganz herzlich für ihren Beitrag. Sie haben uns in ihre Kirche hineingenommen. Sie haben ihre Gedanken und Überlegungen bereitwillig mit uns geteilt. Das Autorenverzeichnis zeigt, wer alles in diesem Buch mitgeschrieben hat. Das Kirchenverzeichnis gibt einen knappen Überblick und die E-Mail- und Internet-Adressen laden zur Kontaktaufnahme oder zu einem Besuch auf der Homepage ein.
Persönlich bin ich fasziniert von der Kirche. Ich bin fasziniert von diesem vielfältigen Kirchenzeugnis. Dabei denken wir an die konkrete, sichtbare Kirche vor Ort. Eben gerade nicht an eine Utopie, sondern wir denken an die lokale Kirche, wo jeder von uns beheimatet ist. Bei mir ist es die Kirche Bplus in Burgdorf. Wenn ich von Kirche spreche, dann denke ich an meine Kirche, wo ich Teil einer wunderbaren Gemeinschaft, eines herausfordernden Dienstes, Teil einer hoffnungsvollen Bewegung bin.
Wir wünschen allen Lesern und Leserinnen eine spannende und gesegnete Lektüre.
Zürich, Juli 2016
BIOGRAFISCHES
Dr. theol. Fritz Peyer-Müller, Jahrgang 1952, verheiratet, ein Sohn. Berufslehre, Studium der Theologie am TSC, Kirchliche Matur, Theologiestudium in Basel, Zürich, Bern und Ungarn. Seit 1993 Mitarbeit bei IGW, zunächst als Studienleiter in Bern, seit 2003 als Rektor .
Kontakt: peyer@igw.edu.
EINFÜHRUNG
Kirche auf der Fährte des Galiläers
Roland Hardmeier
Einleitung
Die Welt verändert sich. Wie stark, das ist vielleicht gar nicht allen von uns bewusst. Als ich 1965 geboren wurde, holte die Polizei in Zürich noch Konkubinatspaare aus den Betten und zeigte sie wegen Sittenlosigkeit an. In der Welt von heute hat man dafür nur noch ein müdes Lächeln übrig.
Hat die Kirche in dieser Welt eine Zukunft? In Europa steigt die Zahl der Konfessionslosen stetig an. Die großen Landeskirchen verlieren Mitgliederzahlen. Viele Freikirchen stagnieren. Das Christentum wird als eine alt gewordene Religion empfunden, die nicht in unsere Welt der Toleranz passt. Die Kirche ist für die Kleidersammlung und fürs Kerzenziehen da. Kaum jemand traut ihr zu, einen Beitrag zu den großen Fragen der Gegenwart zu leisten.
Aber es gibt auch innovative Kirchen, die sich erfolgreich gegen den Ausverkauf des christlichen Glaubens zur Wehr setzen. Sie wachsen und sind für postmoderne Menschen attraktiv. Dieses Buch zeigt, was diese Kirchen richtig machen. Ihr Beispiel motiviert und regt zur Nachahmung an.
Zu den wichtigsten Fragen, welche die Kirche der Zukunft klären muss, gehört die Frage, in welchem Verhältnis sie zur Kultur steht, in der sie existiert. Muss sie sich kulturell anpassen, um gehört zu werden? Oder sollte sie eine Gegenkultur aufbauen? Oder die Gesellschaft mit christlichen Werten zu transformieren versuchen? Nicht umsonst sind diese und ähnliche Fragen in der Diskussion um die missionale Kirche zentral. An diesen Fragen entscheidet sich, ob die Kirche der Zukunft lebenstauglich ist oder nicht.
Natürlich weiß niemand, wie die Kirche der Zukunft aussieht. Aber erahnen kann man es. Die Kirchen, die in diesem Buch vorgestellt werden, verbinden gewisse Konstanten, die entscheidend dafür sind, dass sie ihren Auftrag erfolgreich gestalten. Es ist nicht erstaunlich, dass sich diese Konstanten schon im Neuen Testament finden. Auf den folgenden Seiten möchte ich die Herausforderungen der Zukunft mit Einsichten aus dem Neuen Testament in Verbindung bringen. Der Blick auf Jesus und die Urkirche soll helfen, herauszuarbeiten, welche Konstanten die Kirche lebenstauglich für die Zukunft machen.
Einladende Kirche
Ich bin überzeugt, dass die Kirche der Zukunft eine einladende Kirche ist, eine Kirche, die eine Willkommenskultur für postmoderne Skeptiker entwickelt und diese mit Überzeugung lebt. In einer einladenden Kirche spüren die Menschen, dass das Evangelium seinem Wesen nach keine Forderung, sondern eine Einladung ist – eine Einladung, am Fest teilzunehmen, das Gott ausrichtet (Mt 22,1ff), eine Einladung an die Mühseligen und Beladenen, bei Jesus zur Ruhe zu kommen (Mt 11,28–30) und ein Leben in Fülle zu finden (Joh 10,10). Wenn wir das Evangelium so präsentieren, wie Jesus es gegenüber den Sündern tat, wird sein gewinnender Charakter offenbar werden.
Einer der Vorwürfe, die am häufigsten gegen die Kirche erhoben werden, besteht darin, dass die Kirche verurteilend ist. Wir werden nicht selten an den Dingen erkannt, die wir ablehnen. Es entsteht der Eindruck, der christliche Glaube bestehe im Wesentlichen in der Ablehnung von Dingen, die dem postmodernen Menschen Spaß machen oder für ihn selbstverständlich sind. Es ist nicht möglich, mit der Botschaft des Evangeliums die Zustimmung aller zu gewinnen, aber es ist möglich, die Botschaft so zu leben, dass ihr gewinnender Charakter erkannt wird. Das gilt nicht nur für den einzelnen Christen, sondern auch für die Kirche und ihre soziale Gestalt, etwa den Gottesdienst.
Wie eine einladende Kirche konkret aussieht, wird je nach Kontext, in dem sie gebaut wird, anders aussehen. Hier gibt es viele ortsbedingte Variablen, die Gestaltungsspielraum eröffnen. Aber auch gewisse Konstanten verbinden einladende Kirchen miteinander. Eine der wichtigsten Konstanten einladender Kirchen ist, dass die kulturellen Hindernisse, die es zu überwinden gilt, um Teil von ihnen zu sein, gering sind.
Das beste neutestamentliche Beispiel für eine einladende Kirche ist die Gemeinde von Korinth. Wenn man 1Kor 11–14 liest, fällt auf, dass sich der gesamte Abschnitt um das Verhalten im Gottesdienst dreht und dass der Gottesdienst ähnlich verlief wie ein antikes Gastmahl.
Wann immer sich Menschen in der mediterranen Welt zu einem religiösen oder sozialen Anlass trafen, stand das Gemeinschaftsmahl im Mittelpunkt. Das Gastmahl war eine feste gesellschaftliche Einrichtung mit standardisierten Regeln und Abläufen. Es verlief durchweg zweiteilig: Der erste Teil bestand in der Deipnon genannten Sättigungsmahlzeit, bei der kräftig zugelangt wurde. Das Mahl endete mit einem den Göttern geweihten Trankopfer und einer gemeinsam gesungenen Hymne. Damit wurde zum zweiten Teil übergeleitet, dem Symposion . Jetzt wurde reichlich Wein getrunken, Trinksprüche gehalten, sich mit Würfelspielen unterhalten und über Gott und die Welt wortreich diskutiert. Jeder hatte etwas beizutragen und wurde in der Regel auch angehört. Dass es bei reichlich vorhandenem Wein nicht immer ordentlich zu- und herging, liegt auf der Hand. Zu diesem Zweck wurde das Symposion von einem Bankettmeister geleitet, dem Symposiarchen . Er legte Rederechte fest und sorgte dafür, dass der Anlass ordentlich verlief.
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