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Die Sonderstellung des Maklervertragsrechts zu den sonstigen gegenseitigen schuldrechtlichen Vertragstypen beruht ferner auf dem Umstand, dass es sich um ein Drei-Personen-Verhältnis handelt, bei dem der Makler gegen Entgelt zwischen zwei anderen Personen einen Vertragsabschluss (sog. Hauptvertrag ) herbeiführen soll. Hierbei steht der Makler in der Mitte, so dass demnach anderweitige Pflichtenstrukturen bestehen, als in einem rein zweiseitigen Austauschverhältnis.14 Hinzu kommt, dass der Makler sich vielfach als Doppelmakler betätigen will, dies aber dem potenziellen Maklerkunden mitunter nicht hinreichend deutlich zu erkennen gibt, so dass für den Kunden möglicherweise der Eindruck entsteht, die Gegenseite (des Hauptvertrages) habe die Provision zu entrichten.
b) Aufgabenstellung des Maklerrechtssenats des Bundesgerichtshofs
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Die richterrechtlich geprägte Rechtsmaterie wird in erster Linie durch die Rechtsprechung des Maklerrechtssenats des Bundesgerichtshofs gestaltet. Aufgabe des Maklerrechtssenats ist es, für die Wahrung der Rechtseinheit in der instanzgerichtlichen Judikatur zu sorgen, grundsätzliche Rechtsfragen zu klären und eine zeitgemäße Fortbildung des Maklerrechts in Deutschland zu gewährleisten.15 Das Maklerrecht macht bekanntlich nur etwa 10–15 % des Geschäftsanfalls eines Zivilsenats aus.16 Damit eignet es sich als Ausgleichsmasse, um einer Überlastung eines besonders stark betroffenen Zivilsenats im Bundesgerichtshof zu begegnen. Daher wurden für das Maklerrecht im Laufe der Jahrzehnte immer wieder andere Zivilsenate zuständig.17
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Unmittelbar nach Errichtung des Bundesgerichtshofs zum 1.10.1950 wurde der erste Geschäftsverteilungsplan, in starker Anlehnung an den des Reichsgerichts, beschlossen.18 Das Maklerrecht wurde dem II. Zivilsenat zugewiesen.19 Dieser Senat war seit jeher für bedeutsame Bereiche des privaten Wirtschaftsrechts zuständig.20 Er wird als handels- und gesellschaftsrechtlicher Senat bezeichnet und befindet sich, jedenfalls teilweise, in der Nachfolge des am 5.8.1870 in Leipzig eröffneten Bundes- später Reichsoberhandelsgericht und nach Errichtung des Reichsgerichts zum 1.10.1879 zu dessen I. Zivilsenat, später II. Zivilsenat.21 Die Zuordnung des Maklerrechts zum II. Zivilsenat kennzeichnete dessen Bedeutung als Teil des Wirtschaftsrechts. 1959 wurden die Maklersachen an den zum 1.10.1956 errichteten VII. Zivilsenat abgegeben, der traditionell für das (Bau-)Werkvertragsrecht zuständig ist. Bereits zum 1.1.1962 trat ein neuer Zuständigkeitswechsel ein. Der ebenfalls zum 1.10.1956 errichtete VIII. Zivilsenat, der seitdem schwerpunktmäßig für das Kaufvertragsrecht zuständig ist, erhielt zusätzlich die Maklerrechtssachen. Sechs Jahre später, zum 1.12.1968, übernahm der IV. Zivilsenat das Maklerrecht in seinen Zuständigkeitsbereich.22 In diesem Senat verblieb es mehrere Jahrzehnte. Erst 1995 wechselten die Maklersachen zum III. Zivilsenat, der nicht nur für das Staatshaftungsrecht zuständig ist, sondern auch das gewichtige Geschäftsbesorgungsrecht betreut. Mit Wirkung zum 1.1.201423 ist die Zuständigkeit – bezogen auf Neueingänge – nunmehr auf den I. Zivilsenat übergegangen, der im Bundesgerichtshof für das Wettbewerbs- und Urheberrecht zuständig ist, aber mit dem Transportrecht auch wirtschaftsrechtliche Bezüge aufweist.24 Wie die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen belegen, wurde auch dieser Zuständigkeitswechsel im Sinne der Kontinuität der höchstrichterlichen Rechtsprechung vollzogen.25
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Zum Maklerrecht zählen neben dem gewichtigen Immobilienmaklerrecht auch die Randgebiete, wie etwa das Recht des Versicherungsmaklers, das Ehe- und Partnervermittlungsrecht und die Arbeitsvermittlung. Entscheidungen zum Versicherungsmaklerrecht können auch für das Immobilienmaklerrecht von Bedeutung sein, wenn sie allgemeinmaklerrechtliche Fragen betreffen und die entwickelten Grundsätze auch auf andere Bereiche des Maklerrechts übertragbar sind.26 So haben etwa die Grundsatzentscheidungen zur Höhe des bei Widerruf des Maklervertrages geschuldeten Wertersatzes27 und zur Frage der Verwirkung des Maklerlohns bei Verwendung unzulässiger Allgemeiner Geschäftsbedingungen28 zur Fortentwicklung des gesamten Maklerrechts beigetragen.29
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Der größere Teil der Entscheidungen bezieht sich auf Nichtzulassungsbeschwerden, die keinen Erfolg haben. Diese Beschlüsse müssen nach § 544 Abs. 4 Satz 2 2. HS ZPO nicht begründet werden.30 Von dieser Befugnis macht auch der Maklerrechtssenat regelmäßig Gebrauch. Die mit den Nichtzulassungsbeschwerden angegriffenen Berufungsurteile weisen vielfach nur einzelfallbezogene tatrichterliche Bewertungen auf, die regelmäßig keinen Grund für die Zulassung der Revision geben können.31 Ob die für den Provisionsanspruch erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, hängt in erster Linie von den Umständen des Einzelfalls ab, deren Gewichtung und Würdigung dem Tatrichter obliegt und die nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfbarkeit durch den Bundesgerichtshof zugänglich sind. Hierin zeigt sich die Verantwortung und Beurteilungskompetenz des Tatrichters.32 Der Anteil mit Gründen versehener maklerrechtlicher Entscheidungen ist daher ausgesprochen gering.33
c) Reform des Maklerrechts
aa) Allgemeine Erwägungen
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Die Frage nach einer Reform des Maklerrechts wird in letzter Zeit wieder öfter gestellt. So wird beispielsweise die Forderung nach Einführung des Schriftform-34 oder des Textformerfordernisses35 für den Immobilienmaklervertrag erhoben. Für das Verbraucherrecht ist dies zu begrüßen, für den Rechtsverkehr zwischen Unternehmen, der schnell und ohne formbedingte Hemmnisse handeln und entscheiden muss (vgl. § 350 HGB), dagegen nicht.36 In der rechtspolitischen Diskussion wird ferner erörtert, dass der Makler nur tätig sein darf, wenn er hierzu auch „beauftragt“ ist.37 In diesem Zusammenhang ist an eine Regelung gedacht, wie sie bereits seit Langem im Wohnungsvermittlungsrecht (§ 6 WoVermittG) gilt. Auch eine Abschaffung der Tätigkeit als Doppelmakler wird gelegentlich befürwortet.
bb) Bestellerprinzip im Wohnungsvermittlungsrecht
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Das Bestellerprinzip ist im Immobilienmaklerrecht eine neue Rechtsfigur, die erstmals beschränkt auf das im WoVermittG kodifizierte Wohnungsvermittlungsrecht zum 1.6.2015 eingeführt wurde.38 Sie bedeutet eine deutliche Einschränkung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit.39 Danach soll derjenige die Vergütung des Maklers tragen, der ihn als ersten „bestellt“ hat. Dass die Formulierung „bestellen“ mit der im Maklerrecht vielfach üblichen Bezeichnung „beauftragen“ – so wird der vertraglich gebundene Maklerkunde in der Praxis unter Anlehnung an das Auftragsrecht (§§ 662, 675 BGB) als Auftraggeber bezeichnet40 – nicht gleichzustellen ist, ergibt sich aus dem Bestreben, mit dem Bestellerprinzip einen neuen Ansatz für die Tragung der Maklerkosten zu finden. Mit den allgemeinen Grundsätzen der Vertragslehre, wie sie im BGB seit je her niedergelegt sind, lässt sich das Bestellerprinzip nicht ohne Weiteres vereinbaren. Das BGB spricht aus guten Gründen nicht von einer Bestellung oder von einem Besteller, wenn es um Vertragsanträge geht. Dies gilt insbesondere für die Inanspruchnahme provisionspflichtiger Maklerdienstleistungen. Den Begriff Besteller kennt das BGB bislang nur im Werkvertragsrecht und im neuen Bauvertragsrecht. Er bezeichnet konkret denjenigen, der die Werkleistung in Auftrag gibt (§ 631 Abs. 1 BGB). Deshalb wird im aktuellen maklerrechtlichen Schrifttum die Bezeichnung Bestellerprinzip von nicht wenigen Autoren in Anführungszeichen gesetzt.41 Nach dem im § 2 Abs. 1a WoVermittG eingeführten Bestellerprinzip darf der Mieter die Maklerprovision nur noch dann tragen, wenn er selbst einen Makler mit der Wohnungssuche beauftragt hat und dieser ausschließlich nach außen suchend tätig wird. Abreden, durch die der Wohnungssuchende verpflichtet wird, eine vom Vermieter oder einem anderen Berechtigten geschuldete Maklerprovision zu zahlen, sind unwirksam.42
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