»Einverstanden!« erwiderten die Kameraden.
»Ganz recht«, fuhr Waren fort, »denn wenn wir dergestalt arbeiten und das Schiff mit den Armen fortziehen müssen, so bin ich der Meinung, dass wir rückwärts ziehen.«
»Bis Sonntag wird sich das zeigen«, sagte Wolsten.
»Auf Befehl«, fuhr Brunton fort, »sind meine Öfen bald geheizt.«
»Ei!« versetzte Clifton. »Die werden wir schon selbst heizen.«
»Wenn von den Offizieren einer«, erwiderte Pen, »sich das Vergnügen machen will, hier Winterquartier zu nehmen, steht es ihm frei; man wird ihn ruhig hierlassen, niemand wird ihn hindern, sich eine Schneehütte zu bauen, um als echter Eskimo darin zu leben.«
»Nichts von dem, Pen«, entgegnete Brunton, »wir dürfen keinen im Stich lassen, versteht ihr wohl, ihr anderen? Ich glaube übrigens, dass der Kommandant nicht schwer zu bestimmen sein wird; er sieht mir schon sehr beunruhigt aus, und wenn man ihm die Sache glimpflich beibringt …«
»Wohl zu verstehen«, fuhr Plover fort, »Richard Shandon ist ein harter und mitunter starrköpfiger Mann; man müsste ihm geschickt beikommen.«
»Wenn ich denke«, versetzte Bolton mit sehnsüchtigem Seufzen, »dass wir binnen einem Monat wieder in Liverpool sein können! Über die Linie der Eisblöcke im Süden werden wir rasch hinaus sein! Zu Anfang Juni wird die Davis-Straße frei zu passieren sein, und dann brauchen wir uns nur ins Atlantische Meer treiben zu lassen!«
»Dazu kommt noch«, erwiderte der kluge Clifton, »dass wir, wenn wir unter der Verantwortlichkeit des Kommandanten zurückkehren, unsere Anteile und Vergütungen ungeschmälert behalten; kämen wir aber allein heim, so wären wir derselben nicht ganz sicher.«
»Gut ausgeklügelt«, sagte Plover; »dieser verteufelte Clifton spricht wie ein Finanzmann. Nehmen wir uns in acht, dass wir nichts mit den Herren von der Admiralität auseinanderzusetzen haben; das ist sicherer, und lassen wir niemand im Stich.«
»Aber wenn die Offiziere sich weigern, sich uns anzuschließen?« versetzte Pen, der seine Kameraden zum Äußersten drängen wollte.
Eine so direkt gestellte Frage setzte etwas in Verlegenheit.
»Das werden wir sehen, wenn die rechte Zeit dafür sein wird«, versetzte Bolton. »Übrigens wird es hinreichen, Shandon für unsere Sache zu gewinnen, und ich denke, das wird nicht schwer sein.«
»Doch gibt es einen, den möcht’ ich hier lassen«, sagte Pen fluchend, »und sollte er mir auch einen Arm fressen.«
»Ah! Den Hund«, sagte Plover.
»Ja, den Hund, und ich werde bald mit ihm fertig sein!«
»Umso lieber«, versetzte Clifton mit Beziehung auf sein Lieblingsthema, »als der Hund an all’ unserm Unglück schuld ist.«
»Er hat uns behext«, sagte Plover.
»Er hat uns in das Eis hineingeschleppt«, erwiderte Gripper.
»Er hat uns«, entgegnete Wolsten, »mehr Eisblöcke in den Weg geschafft, als man je zu dieser Zeit gesehen hat?«
»Er hat mir die Augen krank gemacht«, sagte Brunton.
»Er hat uns den Gin und Branntwein entzogen«, versetzte Pen.
»Er ist an allem schuld«, riefen sie alle zusammen.
»Und dazu noch«, erwiderte Clifton, »ist er der Kapitän.«
»Jawohl, Unglückskapitän«, schrie Pen, dessen unsinniger Zorn sich durch die eigenen Worte steigerte, »du hast gerne hierher gewollt, sollst auch hier bleiben!«
»Aber wie fangen wir ihn?« sagte Plover.
»Ei! Nun ist gute Gelegenheit dafür«, erwiderte Clifton, »der Kommandant ist nicht an Bord, der Lieutenant schläft in seiner Kabine; der Nebel ist dicht genug, dass Johnson uns nicht wahrnehmen kann …«
»Aber der Hund?« schrie Pen.
»Der schläft oben neben der Kohlenkammer«, erwiderte Clifton, »und wenn man Lust hat …«
»Ich übernehme es«, versetzte Pen wütend.
»Nimm dich in acht, Pen, er hat Zähne, die können Eisenstangen zerbeißen!«
»Rührt er sich, so steche ich ihn in den Bauch«, entgegnete Pen und zückte sein Messer. Und er stürzte in das Zwischendeck, Waren ihm nach, um ihm dabei zu helfen.
Bald kamen sie miteinander zurück und schleppten das Tier in den Armen, die Schnauze und Pfoten geknebelt; sie hatten ihn im Schlaf überrascht, und der unglückliche Hund konnte ihnen nicht mehr entrinnen.
»Hurra für Pen!« rief Plover.
»Und jetzt, was willst du mit ihm anfangen?« fragte Clifton.
»Ins Wasser werfen, und wenn er je wiederkommt …« versetzte Pen mit wüstem Lachen der Befriedigung.
Zweihundert Schritte vom Schiff entfernt war ein Robbenloch, eine kreisrunde Öffnung, wie sie diese Tiere mit ihren Zähnen machen und stets von innen aus nagend offen halten; durch dieselbe ist die Robbe imstande, an der Oberfläche Luft zu schöpfen; aber sie muss sorgfältig verhindern, dass dieselbe nicht oben wieder zufriert, denn die Beschaffenheit ihrer Kinnlade macht ihr unmöglich, das Loch von außen nach innen zu erneuern, und im Moment der Gefahr könnte sie ihren Feinden nicht entrinnen.
Pen und Waren gingen mit dem Hund zu dieser Öffnung und warfen ihn, so arg er zappelte und dagegen wehrte, unbarmherzig ins Meer; darauf wälzten sie einen gewaltigen Eisblock über das Loch, um dem Tier den Ausgang zu schließen, dass es nimmer wiederkomme.
»Gute Reise, Kapitän!« rief der brutale Matrose.
Gleich darauf kehrten Pen und Waren wieder an Bord zurück. Johnson hatte gar nichts davon gemerkt; der Nebel um das Schiff herum ward dichter, und es begann wieder heftig zu schneien.
Eine Stunde nachher erschienen auch Richard Shandon, der Doktor und Garry wieder auf der Forward.
Shandon hatte in nordöstlicher Richtung ein Fahrwasser bemerkt, welches er zu benutzen beschloss. Demnach erteilte er seine Befehle; die Mannschaft gehorchte mit einer gewissen Rührigkeit; sie wollte Shandon die Unmöglichkeit weiterzudringen begreiflich machen, und zudem hielt sie sich noch drei Tage zum Gehorsam verbunden.
Während eines Teiles der Nacht und des folgenden Tages wurde die Sägearbeit und das Ziehen des Schiffes eifrig fortgesetzt; der Forward kam ungefähr zwei Meilen weiter nordwärts. Am 18. befand er sich in der Nähe des Landes, fünf bis sechs Kabellängen von einem sonderbar gestalteten Pic, dem man seiner auffallenden Form wegen den Namen »Teufelsdaumen« gegeben hatte.
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