Unter ihren Fingerspitzen spürte sie seine warme Haut und die festen Muskeln. In ihren Ohren konnte sie ihren eigenen Herzschlag dröhnen hören und auf ihrer Zunge konnte sie ihn schmecken.
Er schmeckte fantastisch – geradezu süchtig machend nach mehr. Und das zeigte sie ihm, indem sie sich an ihn presste und ihre Finger in seine Schultern bohrte.
Leise stöhnte sie auf, denn dieser Kuss war so heiß und so prickelnd, dass Holly nicht mehr wusste, was sie hier eigentlich tat.
Dieser lustvolle Schwebezustand fand erst ein Ende, als sich Cole langsam von ihr löste.
Wie in Trance öffnete sie die Augen und sah, dass er ebenso schwer atmete wie sie und dass sich seine Wangen gerötet hatten. Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, dass er nicht gerade unbeteiligt wirkte. Wenn sie nur einen halben Schritt nach vorn gemacht und sich an ihn geschmiegt hätte, dann – Holly war sich sicher – hätte sie gespürt, dass ihm nicht der Sinn danach stand, allein auf der Couch zu schlafen.
Während ihr Herz raste, erklärte sie mit heiserer Stimme: „Ich dachte, du wolltest auf der Couch schlafen.“
„Ja, das werde ich auch“, entgegnete er ebenso heiser wie sie. „Nur wollte ich mir die Nacht auf einer harten und vermutlich viel zu kurzen Couch ein bisschen mit einem Kuss versüßen.“
„Ah.“ Wahrscheinlich hätte sie ein wenig beleidigt sein sollen, aber irgendwie fand sie seine Antwort niedlich.
Cole leckte sich über seine Unterlippe. „Willst du immer noch, dass ich auf der Couch schlafe?“
Geradezu fasziniert betrachtete sie seinen Mund und spürte ein sehnsüchtiges Ziehen tief in ihrer Mitte. Es wäre so einfach, ihn mit ins Zimmer zu nehmen und heißen, verschwitzten Sex zu haben. Cole war anscheinend der Typ für bedeutungslosen, großartigen Sex – ein Musiker, der seinen Charme spielen ließ, toll aussah und herumvögelte. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie mit einem Mann seiner Sorte etwas anfing.
Als sie lächelte, konnte sie an seiner Miene ablesen, dass er davon ausging, die Nacht mit ihr zu verbringen. Aber das hatte Holly nicht vor. „Nimm dir einfach das Kissen und die Decke aus meinem Zimmer. Gute Nacht.“
Ohne ihn zu Wort kommen zu lassen, öffnete sie die Tür und schlüpfte ins Zimmer. Bevor sie Cole die Tür vor der Nase zuschlug, bemerkte sie seine verdutzte Miene.
Fast hätte er ihr leidgetan.
Fast.
Cole hatte keine Ahnung, was ihn geweckt hatte, aber das Räuspern ganz in seiner Nähe war nicht zu überhören und ließ ihn den Kopf heben.
Gähnend rollte er sich auf den Rücken und wäre dabei fast von der Couch gefallen, auf der er eine ziemlich gemütliche Nacht verbracht hatte, wie er zugeben musste.
Normalerweise schlief er auf sehr viel kleineren, schmaleren und weniger gut gepolsterten Sofas, wenn er unterwegs war und hie und da bei Kumpels unterkam. Die meisten seiner Freunde waren ebenfalls Musiker, was in fast allen Fällen bedeutete, dass sie froh sein konnten, jeden Monat genug Geld für die Miete zusammenkratzen zu können. Daher blieb kaum Kohle für eine bequeme, große Couch übrig, auf der man sich nicht den Rücken verrenkte. Tatsächlich war Cole schon öfter morgens auf einer Couch aufgewacht, die ihm ein Freund oder ein Bekannter überlassen hatte, und hatte geglaubt, nachts verprügelt worden zu sein, weil ihm jeder Knochen im Leib wehgetan hatte.
Bei dieser Couch bestand solch eine Gefahr nicht. Aber Alexis war auch keine arme Künstlerin, die Gelegenheitsjobs nötig hatte, um zu überleben. Die Freundin seines Kumpels war eine der am besten bezahlten Musikerinnen des Landes – unter diesen Umständen war es kein Wunder, dass ihre Couch bequemer als manche Hotelbetten war.
Während er sich mit einer Hand übers Gesicht fuhr, sagte er sich, dass er langsam zu alt dafür wurde, auf Sofas anderer Leute zu schlafen.
Eigentlich hatte es ihm nie etwas ausgemacht, aus dem Koffer zu leben und durch die Lande zu tingeln. Bei seinen Jobs war es völlig normal, alle Wochen in eine andere Stadt, einen anderen Bundesstaat oder sogar in ein anderes Land zu kommen und dort seine Zelte aufzuschlagen. Seine letzte eigene Wohnung in San Diego hatte er irgendwann aufgelöst, weil er dort kaum noch gewesen war. Jetzt war er in Los Angeles und hatte in nächster Zeit ein paar Gigs auf dem Terminkalender, jedoch auch einige Angebote in anderen Städten sowie ein Festival in Europa, bei dem er als DJ auftreten sollte. Für eine feste Wohnsituation waren das keine optimalen Voraussetzungen.
Wie es aussah, würde er auch in den kommenden Monaten aus dem Koffer leben. Dabei war Cole an einem Punkt angelangt, an dem er gerne einen Rückzugsort hätte – seine eigenen vier Wände, in denen er entspannen und er selbst sein konnte. Mittlerweile war er vierunddreißig Jahre alt und begann es sattzuhaben, immer unterwegs zu sein, in einem unpersönlichen Hotelzimmer zu schlafen oder bei Freunden unterzukommen. Noch vor einigen Jahren war es aufregend gewesen, von einer Party auf die nächste zu kommen, ständig neue Leute kennenzulernen, regelmäßig in andere Länder zu reisen und nur so viel zu besitzen, wie man auch tragen konnte. Aber immer auf dem Sprung zu sein, passte zu jemandem in den Zwanzigern – mit Mitte dreißig machte Cole noch immer gerne Party und genoss seine Unabhängigkeit, dennoch wäre eine dauerhafte Bleibe nicht das Schlechteste.
Ein Ort, an dem er nicht von morgens bis abends den Entertainer spielen und ständig gute Laune haben musste.
Verdammt, der Job als DJ begann ihm unglaublich auf den Sack zu fallen! Er konnte nur hoffen, dass aus dem Revival von SpringBreak, von dessen Idee ihm Taylor gestern erzählt hatte, etwas wurde. Cole war nämlich Musiker und nicht der Typ hinter einem Mischpult, der die Zuschauer zum Feiern animieren sollte. Er wollte selbst Musik machen und nicht die Musik anderer auflegen ...
„Kaffee?“
Er hatte völlig vergessen, dass ihn jemand geweckt hatte, und setzte sich nun langsam auf, bis er aufrecht in einem Gewühl aus Decken und Kissen auf dem Sofa saß und zu Holly aufsah, die vor seiner Schlafstätte stand und zwei Tassen Kaffee in den Händen hielt.
Abwägend schaute sie ihn aus dunkelbraunen Augen an, und Cole erinnerte sich daran, wie weich der Ausdruck ihrer Augen geworden war, als er sie gestern geküsst hatte.
Woher das Bedürfnis gekommen war, sie zu küssen, wusste er nicht. Er wusste nur, dass sie ihm gefallen hatte – trotz der albernen Unterwäsche und trotz der Tatsache, dass sie ihn aus seinem Bett geworfen hatte. Er mochte streitbare Frauen. Mit ihnen wurde es nie langweilig.
Gestern Nacht war er unterwegs gewesen, hatte sich in einem Club eine Band angehört und hatte das Angebot zweier Mädels abgelehnt, mit ihm eine Privatparty zu veranstalten. Zum einen hatte Cole nicht Alexis’ Gastfreundschaft ausreizen wollen, indem er zwei völlig fremde und leicht angetrunkene Tussis in ihr Haus brachte, und zum anderen war er aus dem Alter raus, jedes Angebot auf Sex anzunehmen. Und Dreier hatten schon vor langer Zeit ihren Reiz verloren.
Wenn man bereits als Teenager so ziemlich alles ausprobierte, was in einem Bett passieren konnte, dann musste man mit Mitte dreißig nicht alles annehmen, was einem angeboten wurde. Außerdem war er ziemlich erledigt gewesen. Zu erledigt für ein Schäferstündchen mit zwei Mädels, deren Volljährigkeit vermutlich noch nicht lange zurücklag.
Daher hatte er auch geschlafen, als sich jemand zu ihm ins Zimmer geschlichen hatte. Erst weil ihm jemand die Bettdecke wegzog, war er wach geworden und hatte angenommen, dass es Taylor war, der sich – warum auch immer – in sein Bett verirrt hatte.
Umso überraschter und erfreuter war er gewesen, als sich herausgestellt hatte, dass sich Holly in sein Bett verirrt hatte. Er war zwar ein wenig verschlafen gewesen, hatte das Rededuell mit ihr jedoch genossen und sich fabelhaft amüsiert. Und ihr entsetzter Blick war einfach zu komisch gewesen, als er behauptet hatte, Taylor und Alexis beim Sex zu stören und sie zu bitten, leiser zu sein.
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