Er würde doch nicht wirklich ...
Holly sprang aus dem Bett und rannte ihm nach, wobei sie nicht einmal daran dachte, dass sie dieses scheußliche Höschen trug. Unter keinen Umständen wollte sie, dass er Alexis und Loverboy ihretwegen störte. Der Abend war bereits peinlich genug.
Sobald sie den hell erleuchteten Flur erreichte, sah sie, wie Cole am anderen Ende vor Alexis’ Schlafzimmertür stehen blieb und an der Tür lauschte. Bevor er so verrückt sein konnte, an die Tür zu klopfen, eilte Holly zu ihm und schüttelte hektisch den Kopf. Reflexartig griff sie nach seiner Hand und wollte ihn wegziehen. Leider war er größer und schwerer als sie und ließ sich keinen Zentimeter bewegen.
Um diese Situation noch merkwürdiger zu gestalten, drang in diesem Moment lautes Stöhnen durch die Tür.
Von wegen Taylor sei zu alt für stundenlangen Sex!
„Entweder wird dort drinnen eine Katze gequält oder mein Kumpel läuft auf seine alten Tage zur Hochform auf.“ Cole war die Selbstgefälligkeit in Person. Jedenfalls ließ sein breites Grinsen darauf schließen. „Sieht so aus, als käme deine Schwester auf ihre Kosten.“
„Pst“, ermahnte sie ihn empört und versetzte ihm einen Schubs gegen die Schulter. „Sie werden dich noch hören“, flüsterte sie.
Wieder erklang ein Stöhnen, das ziemlich gut zu hören war. Keine Frage – im Schlafzimmer ihrer Schwester ging es gerade heiß her.
„Ich glaube nicht, dass sie uns hören. Die beiden sind mit anderen Dingen beschäftigt“, kommentierte Cole wie die Ruhe selbst.
Holly spitzte ungewollt die Ohren und sagte sich, dass sie eigentlich so schnell wie möglich verschwinden sollte. Es gehörte sich einfach nicht, hier zu stehen und zu lauschen. Und sicherlich gehörte es sich nicht, plötzlich an Sex zu denken. An heißen, verschwitzten Sex mit einem Typen, dessen Hand sie noch immer in ihrer hielt und den sie überhaupt nicht kannte ...
„Ich wusste gar nicht, dass es Taylor heutzutage noch so sehr krachen lässt“, verkündete Cole mit einem Anflug von Stolz, als laut und deutlich zu hören war, wie ihre Schwester Taylors Namen stöhnte.
„Gott, Alexis ... Baby ... Baby ... bitte, hör jetzt nicht auf!“
Es war albern und kindisch und irgendwie auch völlig deplatziert, aber Holly konnte sich ein selbstgefälliges Lächeln nicht verkneifen, als sie beinahe triumphierend erwiderte: „Ich glaube, dass viel eher dein Freund auf seine Kosten kommt.“
Cole erweckte nicht den Anschein, endlich gehen zu wollen, sondern lauschte weiter den Stimmen aus dem Inneren des Zimmers. Dabei presste er sein Ohr gegen die Tür, zog die Augenbrauen in die Höhe und schaute Holly an. Sie konnte nicht glauben, dass sie beide wirklich hier standen und zuhörten, wie Alexis und der Mann, den sie einen Loverboy nannte, um ihn damit aufzuziehen, miteinander schliefen.
Sie starrte ihn an und merkte, dass sie eine trockene Kehle bekam. Obwohl es ihre eigene Schwester war, die in dem sprichwörtlichen Live-Porno mitspielte, wurde Holly langsam etwas unruhig . Die Geräusche, Coles Nähe, ihr dürftig bekleideter Zustand ...
„Lass uns gehen“, flüsterte sie ihm beschwörend zu, bevor sie noch etwas Dummes tat. In letzter Zeit hatte sie genügend dumme Dinge getan. Mit einem fremden Mann im Haus ihrer Schwester Sex zu haben, wäre der Gipfel aller Dummheiten!
„Warte ... vielleicht kann ich noch etwas lernen.“ Cole zwinkerte ihr zu und sprach nicht gerade leise. „Das klingt sehr interessant, was dort gerade ...“
„Sch! Ich will nicht, dass sie uns hören“, unterbrach sie ihn grob und umfasste seine Hand noch stärker als zuvor.
„Autsch!“
Holly ignorierte ihn und zog ihn hinter sich her – froh darüber, als die Sexgeräusche aus dem Schlafzimmer ihrer Schwester mit jedem Schritt in die andere Richtung leiser und leiser wurden. Ihr Nacken brannte förmlich, und sie war sich bewusst, dass sie dieses schreckliche Höschen trug und noch immer Gedanken hatte, die ganz eindeutig nicht jugendfrei waren.
„Du bist ziemlich ungeduldig, wieder ins Schlafzimmer zu kommen“, hörte sie seine Stimme hinter sich. „Ehrlich, es ist lange her, dass mich eine Frau förmlich ins Bett gezerrt hat. Dieser Erfolgsdruck macht mir echt zu schaffen.“
Holly blieb so abrupt stehen, dass er sie fast umgerannt hätte. Sie drehte sich zu ihm um. „Ich will dich nicht ins Bett zerren.“
„Sondern?“ Grinsend zog er eine Augenbraue in die Höhe und deutete auf ihre beiden Hände.
Hastig ließ Holly seine Hand los und machte einen Schritt zurück. „Eigentlich wollte ich dich nur davon abbringen, die beiden zu stören.“ Sie reckte das Kinn ein bisschen in die Höhe und bemühte sich um eine gespielt lässige Miene. „Es wäre verdammt peinlich geworden, wenn du an die Tür geklopft und die zwei unterbrochen hättest.“
„Peinlicher als mitten in der Nacht einen fremden Mann im Schlafzimmer zu überfallen und ihn aus seinem Bett vertreiben zu wollen?“
„Sehr viel peinlicher“, bekräftigte Holly und nickte würdevoll.
Er lachte leise und trat dicht an sie heran. Automatisch machte Holly einen Schritt zurück und spürte die schwere Holztür in ihrem Rücken. Gleichzeitig hoffte sie, dass Cole keine Gedanken lesen konnte.
Dass er so dicht vor ihr stand, kaum etwas anhatte und sie aus eisblauen Augen intensiv ansah, machte sie nervös. In ihrem Magen rumorte es bereits. Sie schluckte schwer und fragte sich, warum sie derart auf ihn reagierte. Sie war schließlich kein hormonbeflügelter Teenager, der sich von einem gut aussehenden Mann aus dem Konzept bringen ließ. Mit neunundzwanzig sollte sie aus dem Alter heraus sein, in dem ein heißer Kerl sie nur anlächeln musste, damit sie darüber nachdachte, mit ihm in die Kiste zu hüpfen.
„Was wird das?“, wollte sie von ihm wissen und hörte selbst, wie hoch ihre Stimme klang. Hoch und nervös.
Cole stützte sich mit einer Hand neben ihrem Kopf an der Tür ab und war plötzlich so nah, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. Währenddessen nahm sie seinen Geruch wahr – eine Mischung aus frisch geduschter Haut, würzigem Duschgel und verlockendem Mann.
„Willst du mich wirklich heute Nacht auf der Couch schlafen lassen?“
Vielleicht war es die abstruse Situation oder die Frustration der letzten Zeit, aber Holly dachte tatsächlich ein paar Sekunden darüber nach, das so offensichtliche Angebot anzunehmen. Sie war sich sicher, dass sie mit Cole viel Spaß haben könnte. Wie sie aus eigener Erfahrung wusste, war Sex ohne Gefühle und ohne Verpflichtungen nicht die schlechteste Methode, um den Kopf frei zu bekommen.
Und dann fiel ihr wieder ein, dass unbedachter Sex sie in ihre jetzige Situation gebracht hatte. „Ja, das will ich. Du schläfst auf der Couch.“
Er seufzte schwer und verzog den Mund. „Okay, wenn du darauf bestehst, spiele ich den Gentleman und überlasse dir das Schlafzimmer.“
„Danke.“ Holly atmete aus und war erleichtert und enttäuscht zugleich.
Offenbar war er doch kein Gentleman, denn er beugte den Kopf ein Stück nach unten und küsste sie.
Augenblicklich wurde ihr heiß und schwindelig und ihre Knie wurden weich. Der Kuss war intensiv und feucht. Und voller prickelnder Lust, die ihr eine Gänsehaut bescherte.
Diese Lust schoss in Rekordgeschwindigkeit durch ihre Adern und sammelte sich in ihrer Mitte. Winzige leidenschaftliche Schauer zogen sich durch Hollys Körper und ließen jede einzelne Nervenzelle auf und ab springen. Sie hatte das Gefühl, als würde sie schweben.
Holly erwiderte den tiefen Kuss und öffnete den Mund, als Cole ihre Lippen mit seinen gefangen nahm. Erst glitten seine Lippen zärtlich über ihre, bevor seine Zunge folgte. Kühn verschlang er ihren Mund mit seinem und sandte heißkalte Schauer über ihren Körper. Sie musste sich an ihm festhalten, weil sie befürchtete, umzufallen. Währenddessen saugte er an ihrer Unterlippe. Er saugte, leckte, knabberte und schob seine Zunge zwischen ihre Lippen, und Holly konnte gar nicht anders, als den Kuss zu erwidern.
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