„Stimmt!“ Motte musste lachen. Vater und Technik ... ein einziges Trauerspiel. Ihn mit dem Schraubenzieher in der Hand anzutreffen hieß, dass das Haus jetzt besser evakuiert werden sollte. Die Bohrmaschine hielt Mama unter Verschluss, seit er damit einmal die Gasleitung angebohrt hatte. Zu trauriger Berühmtheit hatte es auch die Sache mit dem Fernseher gebracht. Er hatte versucht, einen Videorecorder anzuschließen, worauf die Kiste in die Luft geflogen war. Selbst mit dem Telefonieren wollte es bei ihm nicht so recht klappen. Seit sie das schnurlose Telefon hatten, sah man ihn immer wieder mit der Fernbedienung des Fernsehers am Ohr.
Und seit zwei Monaten hatte er jetzt diesen Computer. Er war zu der Anschaffung mehr oder weniger genötigt worden, nachdem die ganze Bibliothek auf Computertechnik umgestellt hatte. Im Grunde trauerte er immer noch seiner alten Schreibmaschine nach.
Während MM die Tasten bearbeitete, herrschte atemlose Stille.
Es dauerte nicht lange, bis von MM ein erlösendes „O.K.“ kam. „Ich bin drin!“ Nach ein paar weiteren Klicks sagte sie: „Das Stichwort „Peter“ kommt in zwei Dateien vor. Die erste ist eine E-Mail von Mottes Vater an Peter ... Hier, schaut euch das mal an!“
Ich brauche dir nicht zu sagen, was ich von dir halte. Du weißt, was das alles für mich bedeutet – und für meine Familie. Natürlich hast du mich in der Hand. Aber ich kann nur darauf hoffen, dass du einen Funken Ehrgefühl in dir hast und es dir noch mal überlegst. Peter, wenn du Geldsorgen hast, können wir uns doch zusammensetzen und gemeinsam eine Lösung finden.
Motte hatte kaum zu Ende gelesen, als MM schon den nächsten Brief auf den Bildschirm zauberte.
„Von Peter an deinen Vater ... Das muss die E-Mail sein, von der in dem Telefonat die Rede war.“
Es ist zwecklos. Mit der Mitleidsmasche verschwendest du nur deine Zeit. Ich brauche das Geld bis spätestens in vier Wochen und Punkt. Wann genau und wie du es mir zu übergeben hast, teile ich dir noch mit. Aber eins ist klar: Ich habe keinen Bock mehr, mich von dir hinhalten zu lassen. Du weißt, dass es alte Chevys nun mal nicht umsonst gibt. Und noch mal zur Erinnerung: Lass die Bullen aus dem Spiel. Wenn ich nur den leisesten Verdacht habe, dass du falsch spielst, lass ich alles auffliegen.
Peter.
Lange Zeit sagte keiner ein Wort. Motte ballte die Fäuste vor ohnmächtiger Wut.
„So ein Fiesling“, sagte MM mit zitternder Stimme.
JoJo sagte zunächst gar nichts. Er ging im Zimmer auf und ab, ganz in seine Gedanken versunken. „Da soll mal einer draus schlau werden“, murmelte er. Dann setzte er sich plötzlich wieder hin. „Lasst uns mal alle Fakten zusammentragen. Brainstorming nennt man das bei den Profis.“ – Er blickte in die Runde, ganz begeistert von seinem Vorschlag. „Also gut, was wissen wir?“
„Wir wissen, dass wir nichts wissen“, gab Motte zurück, etwas genervt von JoJos Großspurigkeit.
MM schien das „Brainstorming“ ernster zu nehmen. „Also, klar ist schon mal, dass Mottes Vater erpresst wird ...“
„... von einem Typ, der Peter heißt ...“, machte JoJo weiter.
„... und eine Million von ihm will“, kam es von Simon.
„... und zwar bis zum ersten September“, beteiligte sich jetzt auch Motte.
„Und dieser Typ ist mit deinem Vater offenbar per Du“, sagte JoJo. „Er muss ihn also ganz gut kennen. Ein Freund vielleicht.“
„Wenn du jemanden einen Freund nennst, der dir eine Million wegnehmen will“, warf MM trocken ein.
„Gut, ein Ex-Freund ...“
„Und zwar einer, der scharf auf „alte Chevys“ ist. Was immer das sein mag“, sagte Motte.
JoJo schaute ihn entgeistert an: „Noch nie was von Chevys gehört? Damit sind Chevrolets gemeint!“
„Chevrolets?“, fragte MM.
Jetzt schien JoJo vollends die Fassung zu verlieren. „Sag bloß, du weißt nicht, was ein Chevrolet ist?“
„Nein, weiß ich tatsächlich nicht“, gab sie zurück. „Muss ich mich jetzt schämen?“
JoJo bemühte sich demonstrativ um Fassung und erklärte ihr betont umständlich, dass Chevrolet eine amerikanische Automarke sei, und dass alte Chevys bei Oldtimer-Fans hoch im Kurs stünden. „Sieht ganz so aus, als ob er die Dinger sammelt.“
Es entstand eine längere Pause, während der JoJo ungeduldig auf der Matsch-Maschine herumklopfte.
„Die ganze Sache ist ziemlich merkwürdig“, begann er. „Normalerweise tun Erpresser alles, damit bloß nicht herauskommt, wer sie sind. Sie geben sich die größte Mühe, keine Spuren zu hinterlassen. Dieser Peter scheint jedoch nicht das geringste Problem damit zu haben, dass dein Vater weiß, wer er ist.“
„Und scheint nicht einmal Angst zu haben, dass Mottes Vater zur Polizei geht“, sagte MM.
„Und dafür muss er einen Grund haben. Und zwar einen ziemlich triftigen“, sagte JoJo.
„Ja, da liegt das eigentliche Rätsel“, sagte Motte beklommen. Er hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl im Bauch. Irgendetwas stimmte an der ganzen Sache nicht. Warum ging Papa nicht einfach zur Polizei und zeigte diesen Peter an? Hatte er am Ende etwa selbst Angst vor der Polizei?
„Wenn dein Vater nicht zahlt, will Peter „alles auffliegen lassen“, wie er schreibt“, hörte er MM sagen.
„Hmmm ... Aber was soll er denn auffliegen lassen?“ fragte Simon.
„Ich weiß auch nicht“, sagte JoJo, „dieser Peter muss einen Trumpf in der Hand haben. Offenbar kennt er irgendein Geheimnis ... irgendwas, was auf keinen Fall rauskommen darf, um keinen Preis, auch nicht um den Preis von einer Million.“
So sehr sie sich auch anstrengten, sie kamen einfach nicht weiter. Jede Frage führte nur zu noch mehr Fragen.
Schweigend saßen sie da, jeder in seine Gedanken versunken.
„Wie ist denn seine E-Mail-Adresse?“, fragte JoJo in die Stille.
„572391250@hotmail.com“, las MM vor.
„Hmm ... auch nicht gerade aufschlussreich.“
Motte musste schlucken. Jetzt hatten sie zwar eine Spur, aber sie führte schlichtweg ins Nirgendwo. Nicht einmal den Nachnamen des Erpressers kannten sie. Was nutzte es ihnen, dass sie seinen Brief aufgespürt hatten, wenn sie nicht an ihn selber rankommen konnten?
Alle starrten vor sich hin, während es vor dem Fenster leise vor sich hin tröpfelte.
Plötzlich sprang JoJo auf: „Ich weiß, wie wir ihn kriegen!“
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