„Du hast gut gesprochen“, rief Mosailama begeistert aus. „Bei Gott, dein Rat ist gut und gut durchdacht.“ Und sogleich gab er Anweisung, den Plan auszuführen.
Nachdem alles seinen Wünschen gemäß geschehen war und er sah, daß das Duftgemisch stark genug war, um das Wasser in dem Zelt zu sättigen, setzte er sich auf seinen Thron und ließ die Prophetin rufen. Er begann, mit ihr zu sprechen, und während er sprach, bemerkte er, wie sie allmählich an Geistesgegenwart verlor und ihre Aufmerksamkeit nachließ; sie schien verwirrt und benommen.
Da wußte er, daß sie den Beischlaf begehrte, und er sagte:
„Komm, erhebe dich und laß mich dich besitzen; dieser Ort wurde eigens für diesen Zweck vorbereitet. Wenn du willst, kannst du dich auf den Rücken legen oder auf allen Vieren hinhocken oder knien wie beim Gebet, ein Dreifuß, mit deiner Stirn am Boden und deinem Gesäß in der Luft. 9Welche Stellung du auch immer begehrst, sprich, und du sollst erhört werden.“
„Ich will es auf jede Weise“, antwortete die Prophetin. „Laß die Offenbarung Gottes in mich eindringen, o Prophet des Allmächtigen!“
Er stürzte sich auf sie und erfreute sich an ihr, wie es ihm gefiel. Danach sagte sie zu ihm: „Ich werde diesen Ort jetzt verlassen. Komm später zu mir und erbitte mich von meiner Gefolgschaft als deine Frau.“
Als ihre Schüler, die in einiger Entfernung von dem Zelt auf sie gewartet hatten, sie nach dem Ergebnis der Beratung fragten, antwortete sie ihnen: „Mosailama hat mir alles gezeigt, was ihm offenbart worden ist, und ich weiß, daß es die Wahrheit ist: Gehorcht ihm!“
Später ging Mosailama zu ihr und erbat sie von ihrer Gefolgschaft als Frau, was ihm gewährt wurde. Als die Gefolgschaft ihn nach der Morgengabe für seine zukünftige Braut fragte, antwortete er ihnen:
„Ich erlasse euch die Verrichtung des Nachmittagsgebetes.“
Seit damals beten die Beni-Temin nicht mehr um diese Stunde. Und wenn man sie nach dem Grund dafür fragt, antworten sie: „Die Weisung unserer Prophetin ist der Grund dafür; sie allein kennt den Weg der Wahrheit.“ Denn sie haben nie einen anderen als ihren Propheten akzeptiert. Darauf bezieht sich auch der Dichter, wenn er sagt:
Uns war eine Frau als Prophetin gegeben;
und wir halten ihre Worte hoch .
Allen anderen Menschen jedoch
bestimmen die Gesetze
männlicher Propheten das Leben .
Der Tod Mosailamas war durch den Propheten Abou Beker 10(möge ihm Gott wohlgesinnt sein!) vorausgesagt worden. Einige glauben, daß ein Mann namens Zeidben Khettab ihn getötet hat, andere behaupten, er sei von Ouhsha, einem seiner Schüler, ermordet worden. Nur Gott weiß, ob Ouhsha wirklich der Mörder war. Die Leute glauben es, weil von ihm folgende Worte überliefert sind: „In meiner Unwissenheit habe ich den besten aller Männer getötet, Haman ben Abd el Mosaleb, und auch den schlechtesten, Mosailama. Ich hoffe, daß Gott mir eine dieser Taten in Anrechnung der anderen vergeben wird.“ 11
Sheja aber bereute, bekehrte sich zum islamischen Glauben und heiratete einen Nachkommen des Propheten (möge der Herr mit Wohlgefallen auf ihren Mann blicken!).
Und hier endet diese Geschichte.
Nur ein Mann, der sich bemüht, den Frauen zu gefallen, ist ihrer Gunst auch wert – behaupten zumindest die Frauen.
Er sollte ein gutes Auftreten haben, in seinem Erscheinungsbild gepflegt sein und die Leute, mit denen er sich umgibt, an Schönheit überragen. Seine körperliche Verfassung sollte gut und sein Körper wohlproportioniert sein; er sollte aufrichtig und ernsthaft sein, auch im Gespräch mit Frauen; des weiteren großzügig, tapfer, kein Prahlhans und ein amüsanter Unterhalter. Sklave seines Wortes muß er ein gegebenes Wort immer halten, stets die Wahrheit sagen, seine Vorhaben ausführen und immer tun, was er gesagt hat.
Ein Mann aber, der mit seinen Erfolgen bei Frauen oder ihrer Geneigtheit zu ihm prahlt, ist ein Geck. Von solchen Männern wird im nächsten Kapitel die Rede sein.
Zuvor, und um dieses Kapitel abzuschließen, erzähle ich noch die Geschichte von Bahloul, dem Hofnarren, und der Tochter des Königs.
Es lebte einmal ein König mit Namen Mamoun. 12Der hatte einen Hofnarren, Bahloul genannt, um seine Prinzen und Wesire zu unterhalten.
Eines Tages erschien nun dieser Possenreißer wieder bei Hofe, als sich der König gerade amüsierte. Er gestattete ihm, sich zu setzen, und fragte ihn, wobei er sich von ihm abwandte: „Warum bist du gekommen, o du Sohn einer bösen Frau?“
„Ich bin gekommen, um zu sehen, was es bei unserem Herrn, den Gott immer siegreich machen möge, Neues gibt.“
„Und was gibt es bei dir Neues?“, fragte der König. „Und wie geht es dir mit deinen zwei Frauen, der neuen und der alten?“ Bahloul hatte sich nämlich, unzufrieden mit seiner Frau, mit einer zweiten Frau verheiratet.
„Ich bin nicht glücklich“, antwortete Bahloul. „Weder mit der alten noch mit der neuen; und zudem bedrückt mich Armut.“
„Kannst du zu dem Thema irgendwelche Verse vortragen?“
Bahloul bejahte, und der König forderte ihn auf, die Verse vorzutragen. Bahloul begann:
Die Armut hält mich in Ketten; das Elend peinigt mich
ohne Unterlaß ,
ich werde von Schicksalsschlägen gegeißelt ,
ein Unstern hat mich in Bedrängnis gebracht
und mir die Verachtung der Menschen zugezogen .
Nein, Gott schätzt eine Armut wie die meine nicht;
mein Zustand ist in jedermanns Augen eine Schmach .
Unglück und Elend halten mich seit langer Zeit umarmt;
und es besteht kein Zweifel daran ,
daß mich auch mein Wohnhaus schon bald nicht mehr kennen wird .
Darauf sagte Mamoun zu ihm: „Wohin also wirst du gehen, in deiner Not?“
„Zu Gott und seinem Propheten, o Prinz der Gläubigen.“
„Das ist gut“, sagte der König. „Jene, die ihre Zuflucht bei Gott und seinem Propheten suchen und danach bei uns, werden willkommen sein. Aber kannst du mir nun noch einige Verse über deine zwei Frauen vortragen und darüber, wie du mit ihnen zurechtkommst?“
„Gern“, antwortete Bahloul.
„Dann laß uns hören, was du zu sagen hast!“
Bahloul begann:
Aus Unwissenheit habe ich zwei Frauen geheiratet –
und warum beklagst du dich, Ehemann von zwei Frauen?
Sagte ich nicht zu mir selbst: Ich werde zwischen
ihnen liegen wie ein Lamm?
Und werde meine Freude haben an den Busen meiner beiden Schafe ,
aber ich wurde ein Zicklein zwischen zwei Schakalinnen ,
Tag für Tag, Stunde für Stunde beuge ich mich unter ihr Joch .
Bin ich zu der einen nett, quält mich die andere ,
sodaß ich niemals Ruhe habe .
Darum: Wenn du gut leben willst, mit einem freien Herzen
und freier Hand, dann heirate nicht .
Wenn du aber heiraten mußt, heirate nur eine Frau:
Denn ein einziges Weib genügt, um zwei Armeen zu befriedigen .
Mamoun mußte über diese Verse so sehr lachen, daß er beinahe von seinem Sitzkissen fiel. Als Beweis seiner Gunst schenkte er Bahloul seine goldene Robe, ein außerordentlich schönes und kostbares Kleidungsstück.
In bester Laune machte sich Bahloul nach dem Besuch beim König wieder auf den Weg. Als er gerade am Wohnhaus des Großwesirs vorbeikam, erblickte ihn Hamdouna vom Dach ihres Palastes aus.
„Bei dem Gott des Tempels in Mekka! Schau, wer da kommt!“, sagte sie zu ihrer Negerin. „Ist das nicht Bahloul, der Narr des Königs? Und ist er nicht selbst gekleidet wie ein König, in einer schönen, golddurchwirkten Robe? O, könnte ich nur in den Besitz dieser Robe gelangen.“
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