Arbeitsrecht für ErzieherInnen in 100 Stichworten
von
Tanja von Langen
Rechtsanwältin
2. Auflage
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© 2012 Kommunal- und Schul-Verlag GmbH & Co. KG · Wiesbaden
2. Auflage 2020
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Satz: metiTec Satzsystem, me-ti GmbH · Berlin
ISBN 978-3-8293-1529-6
eISBN 978-3-8293-1634-7
Vorwort Vorwort Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fehlen in Deutschland mehr als 100 000 Erzieher/-innen. Die bereits vorhandenen 400 000 sind mehr denn je betroffen von arbeitsrechtlichen „Dauerbrennern“ wie Teilzeit und Befristung, Betriebsübergang, Erhöhung von Arbeitsstunden, Änderung von Arbeitsbedingungen, Direktionsrecht des Arbeitgebers etc. Themen wie Mutterschutz, Beschäftigungsverbot, Elterngeld usw. haben darüber hinaus ohnehin besondere Bedeutung im Arbeitsleben von Erzieherinnen. In aller Regel obliegt ihnen auch die Pflege von Familienangehörigen und Kindern, oft leisten sie Sonn- und Feiertagsarbeit. Es ist daher für Erzieherinnen und pädagogische Fachkräfte unabdingbar, die Materie Arbeitsrecht, die so nachhaltigen Einfluss auf ihr Leben nimmt, zu kennen, mit ihr umzugehen und auch hier auf dem Laufenden zu bleiben. In der nun vorliegenden komplett überarbeiteten Fassung dieses Ratgebers wurden daher die zahllosen Fragen von Erzieherinnen, die ich immer wieder in Aus- und Fortbildung von ihnen höre, gebündelt und leicht fasslich in 100 Stichworten zusammengestellt. Auch steuerliche und versicherungsrechtliche Aspekte sind berücksichtigt. Demgegenüber wurden Fragen der Darlegungs- und Beweislast sowie prozesstaktische Überlegungen, die nur für Juristen interessant sein dürften, weitgehend ausgeklammert. Die Tipps und Ratschläge in diesem Buch dienen lediglich als erste Hinweise. Sie können und sollen eine individuelle Beratung durch eine Anwältin nicht ersetzen. Der besseren Lesbarkeit wegen werden durchgängig weibliche Bezeichnungen, z. B. „Erzieherin“, verwendet. Selbstverständlich sind aber auch immer die männlichen Vertreter des Berufsstandes gemeint. München, im März 2020 Tanja von Langen
Abkürzungsverzeichnis
1.Abfindung nach § 1a KSchG 1.Abfindung nach § 1a KSchG Fallbeispiel: Gabriele N. ist als Kindergartenhelferin in der Einrichtung „St. Theresia“ beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag enthält eine Vereinbarung, nach der „die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien, Dienst- und Vergütungsordnungen (in Kraft gesetzte Beschlüsse der Bistums-KODA) des Bistums Fulda“ in ihrer jeweils geltenden Fassung Bestandteil des Vertrages werden. Der Träger kündigt das Arbeitsverhältnis zum 30. 6. 2008 mit dem Hinweis auf betriebsbedingte Gründe, weil er die Trägerschaft für den Kindergarten endgültig aufgibt und die Einrichtung schließt. Gabriele N. erhebt hierauf Kündigungsschutzklage. Im erstinstanzlichen Verfahren erweitert sie ihren Klageantrag auf hilfsweise Verurteilung des Trägers zur Zahlung einer Abfindung. Sie beruft sich auf § 9 der „Ordnung über den Rationalisierungsschutz im Bistum Fulda“ (RaSchO), der Regelungen über Abfindungen enthält. Der Träger beantragt die Abweisung der Klage, da er der Auffassung ist, dass § 9 Abs. 8 RaSchO entgegensteht. Darin heißt es: „Erhebt der/die Mitarbeiter/in Kündigungsschutzklage, so ist ein Anspruch auf Abfindung ausgeschlossen.“ (Fall nach BAG, Urt. vom 3. 5. 2006 – 4 AZR 189/05 –)
2.Abmahnung 2.Abmahnung Fallbeispiel: Simone L. ist Zweitkraft in der Kindertageseinrichtung „Wolkenreiter“ in P. Die in kommunaler Trägerschaft stehende viergruppige Einrichtung mit angeschlossener Krippe und Hort hat 18 Mitarbeiterinnen. Heute übergibt Leiterin Kerstin A. ihr ein mit „Abmahnung“ betiteltes Schreiben, das Gesa O., Gruppenleiterin und Vorgesetzte von Simone L., aufgesetzt und unterschrieben hat. Darin wird sie abgemahnt, weil sie wiederholt, die genauen Daten werden aufgelistet, während der Arbeitszeit private Telefonate auf ihrem Handy empfangen und geführt hat. Außerdem sei sie, die Daten werden ebenfalls akribisch aufgeführt, wiederholt zu spät zur Arbeit erschienen. Es folgt der Satz: „Derartige arbeitsvertragliche Verstöße haben in Zukunft zu unterbleiben, worauf wir ausdrücklich hinweisen.“ Das Schreiben trägt die Unterschriften von Gesa O. und Kerstin A.
3.AGB 3.AGB Fallbeispiel: Lydia M., Leiterin der Einrichtung „Farbklecks“ ist aufgebracht: Obwohl ihr Träger ihr in den vergangenen zwei Jahren Weihnachtsgeld gezahlt hatte, ist eine Zahlung in diesem Jahr ausgeblieben. Auf ihre Nachfrage, wo denn ihr Geld bleibe, antwortet der Träger lapidar: Die Zahlung in den vergangenen Jahren war freiwillig und widerruflich, sie könne dies in ihrem Arbeitsvertrag nachlesen.
4.Arbeitslosengeld I 4.Arbeitslosengeld I Fallbeispiel: Die 27jährige Zweitkraft Gesine B. hält heute ihre Kündiung in der Hand. Die alleinerziehende Mutter eines dreijährigen Sohnes fragt sich, was jetzt auf sie zukommt. Immerhin war sie noch nie arbeitslos und möchte unbedingt in ihrem Beruf weiterarbeiten.
5.ArbeitslosengeldII 5.Arbeitslosengeld II Fallbeispiel: Gerdi S., Gruppenleiterin in der Einrichtung „Max und Moritz“ ist nach Kündigung im Juni 2003 beim AG ausgeschieden. Seither ist sie arbeitslos. Der Kündigungsschutzprozess endete im April 2005 mit einem gerichtlichen Vergleich. Der AG verpflichtete sich darin, eine Abfindung in Höhe von 6.500 Euro zu zahlen. Seit Juni 2005 bezieht Gerdi S. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (sog. ALG II). Da der AG die geschuldete Abfindung nicht zahlt, betreibt Gerdi S. die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich. Daraufhin zahlt der AG im Oktober und November 2006 zwei Teilbeträge über 1.750 und 2.000 Euro. Der Grundsicherungsträger hebt daher die Leistungsbewilligung für Oktober und November wieder auf und fordert von Gerdi S. Rückzahlung der in dieser Zeit geleisteten Beträge. (Fall nach BSG, Urt. vom 3. 3. 2009 – B 4 AS 47/08 R –)
6.Altersteilzeit 6.Altersteilzeit Fallbeispiel: Gerlinde W. hat von ihrem Träger angeboten bekommen, in Altersteilzeit zu gehen. Eigentlich wäre es ihr tatsächlich lieber, nicht mehr so viel zu arbeiten, andererseits fürchtet sie, ihrer Rente verlustig zu gehen. Heute hat sie einen Termin bei einer Rentenberaterin, um mit ihr einmal durchzurechnen, ob sie durch diese Maßnahme nicht zu viel von ihrem Rentenanspruch einbüßt.
7.Änderung von Arbeitsbedingungen, einseitige 7.Änderung von Arbeitsbedingungen, einseitige Fallbeispiel: Dina M. ist Ergänzungskraft im Kindergarten „Kokopelli“, einer Einrichtung in Trägerschaft einer großen freigemeinnützigen Wohlfahrtsorganisation in Berlin. Als die Neuanmeldungen für ihre Einrichtung stark rückläufig sind, erhält sie ein Schreiben ihres Trägers. Ab dem nächsten Kindergartenjahr wird sie zu unveränderten Bedingungen in eine andere Einrichtung im angrenzenden Stadtteil versetzt.
8.Anerkennung von Berufsnachweisen ausländischer AN 8.Anerkennung von Berufsnachweisen ausländischer AN Fallbeispiel: Solveig T. ist Erzieherin mit schweizerischer Staatsbürgerschaft. Als sie wegen ihrer Heirat mit einem Deutschen nach Deutschland zuwandert und hier eine Stelle in ihrem Beruf sucht, muss sie bestürzt feststellen, dass ihr schweizerischer Berufsabschluss zur Erzieherin in Deutschland nicht anerkannt wird.
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