Bild 14: Beispiel einer Variantenplanung für Sach- und Detailentscheidungen
Aus rein sachlicher Sicht lässt sich dieser Sachverhalt kaum befriedigend lösen: Das LF 10 in der SOLL-Variante 3 ist größer dimensioniert als für diesen Ortsteil zwingend notwendig und im Anschaffungspreis rund doppelt so teuer wie ein TSF-W. Zudem fallen Kosten für Neu- oder Umbaumaßnahmen zur Unterstellung des LF 10 an. Es würde jedoch den Anforderungen zum Transport einer Mannschaft in Gruppenstärke mit nur einem Fahrzeug gerecht werden und damit den Fahrzeugpark quantitativ nicht »aufblähen« (Betriebskosten für nur ein Fahrzeug in SOLL-Variante 3 statt für zwei Fahrzeuge in SOLL-Variante 2). Aus einsatztaktischer Sicht wäre die Beschaffung von einem TSF-W und einem MTF die beste Lösung (SOLL-Variante 2), welche jedoch ebenfalls Neu- oder Anbaukosten mit sich bringt. Die »kostengünstigste« Variante, nur die Ersatzbeschaffung eines TSF-W vorzunehmen (SOLL-Variante 1), stößt möglicherweise auf Unzufriedenheit der Mitglieder der Ortsfeuerwehr. An dieser Stelle werden die im Kapitel 2.2 beschriebenen Wechselbeziehungen zwischen Personal-, Fahrzeug- und Standortplanung besonders deutlich.
Kann im Rahmen der Arbeitsgruppe zum Feuerwehrbedarfsplan keine Lösung für die dargestellte Beispiel-Situation gefunden werden, müssen diese Varianten politisch durch die Lenkungsgruppe oder gar durch den zuständigen Gemeindeausschuss bzw. den Gemeinderat beschieden werden, die zwischen finanziellen Zwängen und politischer Bekenntnis zum Dienstfrieden der Feuerwehr zu entscheiden hat. Da sich alle Varianten im bedarfsplanerischen Gestaltungskorridor befinden, kann diese Entscheidung unterschiedlich ausfallen.
Manche Entscheidungen können auch gänzlich außerhalb des Feuerwehrbedarfsplans gelöst werden. Ergibt sich beispielsweise aus der Bedarfsplanung die Notwendigkeit für einen neuen Feuerwehrstandort, reicht diese Feststellung im Feuerwehrbedarfsplan in einigen Fällen bereits aus, damit mit dessen Verabschiedung im Rat der Stadt oder Gemeinde der politische Wille zum Neubau des Standorts gesichert ist. Gegebenenfalls ist im Bedarfsplan ein geografischer Bereich einzugrenzen, in dem der neue Standort idealerweise liegen sollte. Die konkrete Grundstücksuche kann separat im Nachgang an den Bedarfsplanprozess durch eine Projektgruppe, die Verwaltung oder einen externen Sachverständigen ermittelt werden.
3.5 Zuständigkeiten bei der Feuerwehrbedarfsplanung
Die Zuständigkeit für die Aufstellung und Fortschreibung eines Feuerwehrbedarfsplans liegt bei der Gemeinde als Träger der Feuerwehr. So gilt beispielsweise in Nordrhein-Westfalen:
»Die Gemeinden haben unter Beteiligung ihrer Feuerwehr Brandschutzbedarfspläne und Pläne für den Einsatz der öffentlichen Feuerwehr aufzustellen, umzusetzen und spätestens alle fünf Jahre fortzuschreiben.« (§ 3 Abs. 3 BHKG)
Dass die Feuerwehr zu beteiligen ist, bedeutet gleichsam, dass sie nicht selbst die Aufstellung und Fortschreibung durchzuführen hat, ihr diese Aufgabe jedoch – unter Berücksichtigung der hiermit verbundenen Arbeitsbelastung, insbesondere im Ehrenamt – übertragen werden kann. Damit steht vielmehr die Gemeindeverwaltung in der Pflicht, für die Feuerwehrbedarfsplanung Sorge zu tragen.
Aus den Feuerwehrgesetzen der Länder geht nicht konkret hervor, ob der Feuerwehrbedarfsplan einer Gemeinde auch eines Ratsbeschlusses bedarf. Die Zuständigkeit des Rates ergibt sich jedoch aus den Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen der Länder. So ist beispielsweise der Rat in Nordrhein-Westfalen gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 GO für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit die GO nichts anderes bestimmt. Hierunter fällt auch die Festlegung strategischer Ziele unter Berücksichtigung vorhandener Ressourcen und damit auch die Feuerwehrbedarfsplanung. Auch Schütte (2000) hebt hervor, dass wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Feuerwehrbedarfsplans für die Sicherheitsarchitektur in der Gemeinde dieser durch Ratsbeschluss festzustellen ist.
Der Rechtscharakter eines Feuerwehrbedarfsplans ist in der Literatur und in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Er hat in jedem Fall unmittelbar nur eine verwaltungsinterne Rechtswirkung, Dritte können keine Ansprüche erheben. Der Feuerwehrbedarfsplan stellt jedoch nicht etwa nur eine unverbindliche Absichtserklärung des Rates der Stadt oder Gemeinde dar, sondern erfährt mit seinem politischen Beschluss eine Selbstbindungspflicht (ähnlich der Wirkung eines Bebauungsplans). Die im Bedarfsplan beschlossenen Maßnahmen sind also – wie andere Ratsbeschlüsse auch – durch den Bürgermeister, die Verwaltung und die Feuerwehr umzusetzen (vgl. z. B. § 62 Abs. 2 Satz 1 GO NRW).
Auch an dieser Stelle wird die Relevanz der Regelungstiefe eines Feuerwehrbedarfsplans deutlich (vgl. Kapitel 3.2). Der Bedarfsplan darf nicht so detailtief ausgeführt sein, dass der Leiter der Feuerwehr seinen Dienstbetrieb nicht umorganisieren kann, da es sonst formell jedes Mal eine Änderung des Feuerwehrbedarfsplans bedürfte.
3.6 Akteure, Beteiligte und Interessenvertreter (Stakeholder)
Neben der originären Zuständigkeit der Gemeinde für die Aufstellung und Fortschreibung des Feuerwehrbedarfsplans gibt es noch eine Reihe anderer Akteure, Beteiligter und Interessentenvertreter (Stakeholder), die am Prozess und Ergebnis der Bedarfsplanung Interesse haben (vgl. Bild 15).
Bild 15: Beteiligte und Interessenträger bei der Feuerwehrbedarfsplanung
Die wesentlichen Akteure sind am Prozess der Bedarfsplanung aktiv beteiligt und bilden entweder die Projektleitung, die Arbeitsgruppe oder die Lenkungsgruppe.
Wie in jedem Projekt bedarf auch die Aufstellung oder Fortschreibung eines Feuerwehrbedarfsplans eine für den Prozess verantwortliche Projektleitung. Die Aufgabe des Projektleiters ist es, Zeitplan und Budget einzuhalten, Projekt- und Lenkungsgruppensitzungen zu terminieren, Arbeitspakete zu verteilen und für die notwendige Zuarbeit zu sorgen. Zudem fungiert er als zentraler Ansprechpartner für alle Beteiligten.
Der Projektleiter muss nicht automatisch auch der maßgebliche Entscheidungsträger sein, den es in Form einer Einzelperson ohnehin nur in seltenen Fällen gibt. In der Praxis fungiert in kleinen Kommunen der für die Feuerwehr zuständige Leiter oder Sachbearbeiter des Ordnungsamtes, dem die Feuerwehr in der Verwaltungsorganisation untergliedert ist, als Projektleiter. In großen Kommunen, in denen die Feuerwehr ein eigenes Amt mit hauptamtlichen Kräften darstellt, wird als Projektleiter häufig ein Mitarbeiter der Feuerwehr bestellt.
Wird die Bedarfsplanung von einem externen Beratungsunternehmen (vgl. Kapitel 3.8) begleitet oder komplett durchgeführt, stellen sowohl das Beratungsunternehmen als auch die Gemeinde jeweils einen gegenseitigen Ansprechpartner, durch die die Kommunikation und Datenaustausch kanalisiert werden. In der Regel übernehmen die Beratungsunternehmen die eigentliche Arbeitsleistung (Datenauswertung, Berichtslegung, Erstellen des Dokuments).
Die eigentliche Arbeit erfolgt in der Arbeitsgruppe, die in der Regel aus Vertretern der Verwaltung, der Feuerwehr und gegebenenfalls externer Sachverständiger besteht. Je nach Größe der Feuerwehr und des Bedarfsplanprojekts können als ständige Projektgruppenmitglieder auch Vertreter der Personalabteilung, der Kämmerei, der städtischen Liegenschaften und des Personalrats sinnvoll sein. Wie in allen Projektgruppen gilt auch hier der Grundsatz: So viele Gruppenmitglieder wie nötig, so wenig wie möglich. Die Projektgruppe übernimmt die operative Projektsteuerung und -bearbeitung. Sie sorgt für die Entscheidungsvorbereitung für die Lenkungsgruppe.
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