Jenny Schuckardt - Einsatz über den Wolken

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Gerhard Thybens Leidenschaft für das Fliegen wurde schon im Kindesalter geweckt, als ihm sein Vater eines Tages einen Bauplan für ein Modellsegelflugzeug schenkte. Die ersten Erfahrungen in der Luft machte er in der Flieger–HJ, bevor er für die Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde. Es folgten eine Jagdfliegerausbildung in Paris und eine Versetzung in den Osten. Durch viel Glück und großes Talent schaffte er es, zu den besten Jagdfliegern zu gehören und diese gefährliche Zeit zu überleben.

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Ganz besonderer Dank geht an Rob van den Niewendijik Holland und Andrew Arthy - фото 1

Ganz besonderer Dank geht an Rob van den Niewendijik (Holland) und Andrew Arthy (Australien), zwei Historiker, die sich mit dem Leben und Wirken von Gerhard Thyben intensiv beschäftigt und mit ihren Informationen zur sorgfältigen Aufstellung der Fakten beigetragen haben.

Vollständige E-Book-Ausgabe der in der Edition Förg erschienenen Originalausgabe 2021

© 2021 Edition Förg GmbH, Rosenheim

www.rosenheimer.com

Bildnachweis: Alle Bilder innen und auf dem Umschlag stammen aus dem Privatarchiv von Gerhard Thyben.

Lektorat und Satz: Dr. Helmut Neuberger, Ostermünchen

eISBN 978-3-96600-020-8 (epub)

Worum geht es im Buch?

Jenny Schuckardt

Einsatz über den Wolken

Gerhard Thybens Leidenschaft für das Fliegen wurde schon im Kindesalter geweckt, als ihm sein Vater eines Tages einen Bauplan für ein Modellsegelflugzeug schenkte. Die ersten Erfahrungen in der Luft machte er in der Flieger-HJ, bevor er für die Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg eingezogen wurde. Es folgten eine Jagdfliegerausbildung in Paris und eine Versetzung in den Osten. Durch viel Glück und großes Talent schaffte er es, zu den besten Jagdfliegern zu gehören und diese gefährliche Zeit zu überleben.

Inhalt

»Schneller, Pappel, schneller!«

Endlich Herr der Lüfte!

Dank Zahnschmerzen überlebt

Warten auf den ersten Einsatz

Erster Luftsieg gegen einen feindlichen Jäger

Verlegungen immer weiter nach Westen

Gefährlicher Crash auf der Hallig

Permanente Alarmbereitschaft

Auszeichung und Strafpredigt von Göring

Gerade noch mal davongekommen

Ein Hoch auf meine Blähungen

Liebe auf den ersten Blick

Die hellen Nächte von Finnland

Das Missgeschick mit dem rostigen Fernrohr

Verlegung nach Kurland

Verleihung des Ritterkreuzes

Von Erfolg zu Erfolg

Urlaub auf Ehrenwort

Flug zur Kapitulation

In britischer Kriegsgefangenschaft

Zurück an Vaters Tisch

Ein tollkühner Plan

Aufbruch in eine ungewisse Zukunft

Zu Fuß über die Pyrenäen

Beklemmende Erfahrungen in Barcelona

Reise über den Ozean

Eine Arbeit und suchen, seufzen, leiden

»Darf ich bitten?«

Magdas traurige Lebensgeschichte

Die Vergangenheit holt mich ein

Auf dem Weg in das unbekannte Kolumbien

Die ersten Rückschläge

Schädlingsbekämpfung im Tiefflug

Der Verlust des Ritterkreuzes

Mein Abschied von der Fliegerei

»Schneller, Pappel, schneller!«

Mein Vater Fritz Thyben stammte aus der Danziger Niederung aus dem Hof eines Domänen-Pächters der Stadt Danzig und war Prokurist bei der Firma Johansen & Schmielau in Kiel. Meine Mutter Lisbeth, geb. Ebelmann, stammte aus Bingen am Rhein und war Hausfrau – eine hübsche junge Frau mit dunklen Haaren und ebenmäßigen Gesichtszügen, die für das Theater schwärmte und nach gesellschaftlichem Aufstieg strebte. Zu gerne hätte sie aus mir, ihrem einzigen Sohn, einen Künstler gemacht. Ich erinnere mich mit Schaudern daran, dass sie mich eines Tages in einen Matrosenanzug steckte und ins Theater schleifte, da man dort auf der Suche nach einem dunkelhaarigen Jungen war, der einen Italiener spielen sollte.

»Gerdchen«, beschwor sie mich vor meinem Auftritt, »zeig ihnen, was du kannst, geh aus dir heraus!«

Genau das tat ich nicht. Es war mir einfach nur peinlich. Möglicherweise standen aber auch meine abstehenden Ohren einer künftigen Bühnenkarriere im Weg. Jedenfalls wurde ich zu meiner großen Erleichterung und ihrer maßlosen Enttäuschung nicht für die Rolle ausgewählt. Bis heute hält sich meine Begeisterung für das Theater in Grenzen.

Meine Kindheit in Kiel in unserem schmucken ockerfarbenen Reihenhäuschen mit etwas Garten und einem kleinen Kräuterbeet in der Graf-Spee-Straße 14 war unbeschwert und glücklich. Unsere Urlaube verbrachten wir abwechselnd auf dem wunderschönen weitläufigen Gut meines Onkels Karl Thyben in Ostpreußen oder in Bingen. Während meine Mutter zum Glück irgendwann ihre Träume von einer Schauspielerlaufbahn ihres Sohn begrub, schwebte meinem Vater, meinem »Pappel«, wie ich ihn nannte, vor, dass ich einen anständigen handwerklichen Beruf erlernen sollte, denn von meiner Mutter hatte ich eine ausgeprägte handwerkliche Begabung geerbt. Sie bastelte selbst noch im hohen Alter mit wenig Mitteln wunderschönen Weihnachtsschmuck.

Im elterlichen Wohnzimmer 1932 mit Mutter Elisabeth Großmutter Maria geb Rahn - фото 2

Im elterlichen Wohnzimmer 1932 mit Mutter Elisabeth, Großmutter Maria geb. Rahn und dem Vater Fritz Thyben

Um dies zu fördern, brachte mir mein Vater eines Tages einen Bauplan für ein Segelflugmodell mit. Er erinnerte an ein Schnittmuster für Bekleidung. »Sieh mal, mein Junge, du musst jedes Teil einzeln mit einer Laubsäge ausschneiden und dann mit etwas Leim verkleben«, erklärte mein Vater und demonstrierte mir dann auch noch, wie man diesen Kleister aus Wasser, Zucker und Mehl anrührte. Unsere gemeinsamen Bastelstunden fanden in der Küche statt, was meiner Mutter ganz und gar nicht gefiel.

Der Bastler mit seinen Segelflugmodellen im Garten des Elternhauses in Kiel - фото 3

Der Bastler mit seinen Segelflugmodellen im Garten des Elternhauses in Kiel

»Kann der Junge nicht einfach Fußball spielen wie alle anderen auch«, seufzte sie so manches Mal, halb im Scherz, halb im Ernst.

Fußball fand ich langweilig. Während die anderen Jungs auf dem Sportplatz miteinander wetteiferten, gefiel es mir, stundenlang bei meiner Mutter in der Küche zu sitzen und an den Segelfliegern zu basteln, während sie die Pellkartoffeln zu den Matjesheringen kochte, meinem Lieblingsessen. Wenn dann mein Vater von der Arbeit heimkam, zogen wir zusammen los, um die selbstgebastelten Modelle fliegen zu lassen. Mit dem Fahrrad, er vorne, ich hinten drauf, manchmal begleitet von einer drolligen Dohle, die beschlossen hatte, bei uns als Haustier zu leben, radelten wir zu einer Wiese in der Nähe und starteten die Segelflieger, die eine Spannweite bis zu 2,5 Meter aufwiesen, mit einem langen Gummiband.

»Schneller Pappel, schneller!« Glucksend vor Glück rannte ich los, um die nach dem Flug sanft in der Wiese landenden Segler wieder zu holen, mein Vater hinterher. »Gemach, mein Junge, ein alter Mann ist kein D-Zug«, kokettierte er, war aber beinahe so schnell wie ich.

Die Zeit mit meinem Vater zu verbringen und meine Flugmodelle majestätisch durch die Luft gleiten zu sehen, war für mich das Schönste, was ich mir vorstellen konnte. Doch diese unbeschwerte Zeit zu zweit wurde bald schon knapp bemessen.

Seit Hitlers Machtübernahme als Reichskanzler am 30. Januar 1933 lief eine gewaltige Werbekampagne, um die Jugendlichen zum Eintritt in die »Hitlerjugend« zu bewegen, eine Jugendorganisation der NSDAP, die ideologische Indoktrinierung mit attraktiven Freizeitangeboten verband. Für jeden Geschmack wurde eine HJ angeboten: Es gab eine Reiter-, Motor-, Flieger-, Marine- oder Nachrichten-HJ für technisch begabte und sportliche Jugendliche, für künstlerisch Begabte gab es Fanfarenzüge und Spielscharen. Feiern, Ausflüge oder Zeltlager sollten für ein Zusammengehörigkeitsgefühl sorgen. Im Grunde aber wurden die Jugendlichen zu Parteisoldaten erzogen, denen beigebracht wurde, Befehlen zu gehorchen, ohne lange nachzudenken. Einmal in der Woche waren Treffen angesetzt, dafür gab es sogar schulfrei. Weigerte man sich, der Hitlerjugend beizutreten, wurde man automatisch zum Außenseiter und konnte sogar Probleme in der Schule mit linientreuen Lehrern bekommen.

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