Jetzt brachte Marion de Clermont ihren Vorschlag. Sie wollte dem Direktor das Sommergartens von Hildes Spiel erzählen und ihn bitten, sie Probe spielen zu lassen. Vielleicht — nein sicher, engagierte er sie, „und dann werden Sie ein berühmter Varietéstern,“ freute sich Marion.
„Nein, nein, dazu eigene ich mich nicht, vor vielen Menschen öffentlich spielen — ich könnte das nicht,“ wehrte Hilde ab. Ihrem soliden Kleinstadtsinn widerstand alles, was mit der grossen Öffentlichkeit zusammenhing.
„Das gibt sich schon,“ redete die Sängerin zu, „die Hauptsache ist, dass Sie der Direktor hört, da Sie zudem noch très jolie sind, ja, sehr hübsch, glaube ich sicher, er engagiert Sie, weil Sie eine aparte Nummer sind.“
„Was bin ich?“ fragte Hilde.
„Eine aparte Nummer, un numéro extraordinaire,“ lächelte Marion leichthin. „Im Varietéprogramm sind wir alle eine Nummer. Das, was wir dem Publikum bieten, ist unsre Arbeit, unsre Nummer.“
Sie fasste Hilde um die Taille und wirbelte mit ihr im Zimmer herum. „Hei donc, hopp, le numéro extraordinarie, die aparte Nummer soll leben!“
Hilde hatte Mühe Geige und Bogen festzuhalten bei diesem Herumschwenken. Atemlos fiel sie endlich auf einen Stuhl.
„Eh bein, als Exzentrique habe ich von Ihnen keine Konkurrenz zu befürchten,“ lachte Marion, „und nun will ich Ihnen etwas sagen. Der Plan, Sie dem Varieté zuzuführen, der erstand schon in mir, als ich mit Madame Jädicke von Ihnen sprach. Ihre Konzertstücke, die Sie mir vorhin spielten, konnten mich aber nicht befriedigen, oder sehr wenig. So was gibt’s en masse. Aber als Sie die Walzer spielten, die Walzer mit dem Lachen und Weinen, da wusst ich: solch Spiel gibt’s nicht en masse. Das ist rar, sehr rar. Maintenant, jetzt rede ich mit dem Direktor, er ist ein sehr liebenswürdiger Herr, den ich von Paris her gut kenne. Und dann war ich ja auch im vorigen Jahr schon einmal bei ihm im Sommergarten; er wird mir den Gefallen tun und Sie anhören. Dann aber, wenn es glückt und er sie auftreten lassen will, seien Sie nicht ängstlich, dann Courage, Courage! Wenn man was kann, braucht man keine Furcht zu haben. Und nun ziehen Sie sich schnell warm an, und seien Sie für heute mein Gast. Lassen Sie die Familie Jädicke ihren Sauerkohl und ihre Bratwurst selbst essen.“
Gehorsam wie ein Kind folgte Hilde der rasch gewonnenen Freundin, und bald sassen die beiden vergnügt in einer netten Ecke eines gemütlichen Weinlokals. Nach dem zweiten Gläschen Sekt erwachte in Hilde Tomiczek der Mut, wirklich „un numéro extraordinaire“ zu werden, wenn es der Direktor vom Sommergarten wollte. Und hoffentlich wollte er! Beim dritten Glas tranken Marion und Hilde auf Du und Du.
Hilde hätte es nie für möglich gehalten, dass sie sich so glücklich fühlen könnte. Nur, weil ein fremder Mensch so gut zu ihr war ...
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