Unni Drougge - Hella Hell

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Hella hat ein Problem: Die 40-Jährige steht auf junge Männer – viel zu junge Männer. DIese Leidenschaft wird ihr zum Verhängnis und sie wird zu acht Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis beginnt Hella Hell ihre Memoiren, ihre Geständnisse, wie sie selbst sagt, aufzuschreiben. Einst war sie eine efolgreiche Unternehmerin in der Werbebranche. Ihre Ehe ging in die Brüche. Seitdem lebte sie mit ihrer 14-jährigen Tochter Lola weitgehend alleine. So weit so gut, wäre da nicht ihre erotische Schwäche für blutjunge Männer. Sie verliebt sich in Jocke, den Sohn ihrer Freundin Regina, mit dem sie den Sommer in Frankreich verbringt. Es folgt eine Reise durch die mondänen Szenetreffs von Frankreich und Spanien, mit Orgien, Drogen, Transvestiten, bis mitten ins schöne Dasein die Nachricht über Reginas Tod hereinbricht. Um ihrem jungen Geliebten den Schmerz über den Verlust der Mutter zu erleichtern, stürzt sich Hella von nun an erst recht ins süße Leben. Dabei merkt sie nie, daß Jocke ein verzogener, quengeliger Bengel ist. «Hella Hell» ist eine tragische Geschichte, zugleich aber voller Situationskomik.-

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Unni Drougge

Hella Hell

Roman

Saga

Mein Dank gilt

Ann-Marie Skarp. Mit Herz, Intelligenz, Humor, Enthusiasmus, Großzügigkeit und Klugheit hast du mir den Weg gewiesen. Deine Stärke hat mich nicht nur beim Schreiben inspiriert, sondern auch beim Leben. Wenn ich doch eines Tages so sein könnte wie du!

Anne Ralf. Wie eine wahre Schönheitschirurgin hast du Defekte ausgebessert, wie eine raffinierte Kosmetikerin der Sache ihren besonderen Pfiff gegeben, und wie eine hellhörige Seelsorgerin den Kern der Geschichte bloßgelegt. Du bist eine wahre Lektoratsdämonin!

Niclas. Meiner wirklichen Stütze. Du warst immer da. Sogar dann, wenn Hella Hell in mir aufs Schlimmste ihr Unwesen trieb.

Nonno. Geliebte Teenietochter! Du bist in jeder Hinsicht besser als ich, du mein zähes kleines Wuschel.

Erster Teil

1

Jo. Jojo. Jocke. Jukka. Juck. Jucken. Ficken ... du hast meine verkohlte Seele zum Glühen gebracht. Wie eine brennende Zündschnur streckte ich mich zu dir hin. Du warst der Schatz am Ende des Regenbogens, den ich endlich mit meinen sehnsüchtigen Händen umschloß.

Jojo. Dieser Kosename, den ich dir gegeben habe, streichelt meinen Gaumen wie eine warme Sommerbrise. Ich spreche ihn noch einmal aus, jetzt gewürzt mit dem Zischlaut meines Leidens.

Muß das Bild festhalten ... das Salz der beiden Meere, die einander an Jütlands nördlichstem Zipfel begegnen ... die Wärme in der Kuhle im weißen Sand ... das Schimmern von Skagens berühmtem Licht ..., damit ich niemals dieses vollendete Kunstwerk vergessen kann, bis du ...

Liebe Leute, die Ihr dies hier lest: Könnt Ihr nicht versuchen, zu verstehen, ehe Ihr verurteilt?

Die Begegnung der beiden Meere verursacht lebensgefährliche Strömungen. Und in der sonnigen Grube strecktest du, mein Jo, deine wohlgeformten Arme nach mir aus. Deine Arme mit dem dunklen Flaum, der deinen köstlichen Fohlenspeck bedeckte. Ich öffnete die Tuborg-Flasche mit den Zähnen, ein Trick, den ich schon als Kind gelernt hatte, und den du witzig fandest. Und du lachtest, als du den Flaschenhals an deine geöffneten Lippen hieltst, die zu zwei glänzenden dicken Schnecken wurden. Mich traf ein kurzes Funkeln deiner in Metall gefaßten Dolce-e-Gabbana-Sonnenbrille, die ich dir gekauft hatte, und in der ich mein eigenes Spiegelbild erahnen konnte, hingerissen angesichts dieses weizenblonden Knabenwesens ohne auch nur einem einzigen Haar auf der Brust (die drei, die sich hervorgewagt hatten, hatte ich dir mit meinen silberfarbenen Fingernägeln ausgerissen). Ich weiß noch genau, wie ich meinen Blick über einen betörend glatten Bauch und dann weiter hinunter zu den nur angedeuteten dunklen Schamhaaren wandern ließ, die den Rahmen bildeten um das herrlichste ... ach, wenn irgendjemand das alles doch verstehen könnte! Mein Joy Boy !

Die wirbelnden Ströme der Anziehung zogen mich hinab in die tiefste Finsternis der Einsamkeit, und ich werde nach besten Kräften versuchen, unsere Geschichte zu erzählen und mein trauriges Schicksal offenzulegen, meine quälende Sehnsucht nach diesen Johnnies , die alle nur Vorübungen für die Begegnung mit Jocke waren, meinem Smash -Hit.

Oder hatte es eine Vorlage gegeben, vielleicht sogar ein Original? Ich muß nachdenken.

2

Am letzten Tag im März des Jahres 1958 schnitt die Hebamme in Lund meine Nabelschnur durch. Ich wurde mit einer Glückshaube und einem triumphierenden Schrei geboren. Mein Vater war während der letzten Stunden der Wehen auf dem Krankenhausflur hin- und hergelaufen und hatte dabei eine hochgradig krebserregende John Silver ohne Filter nach der anderen geraucht. Wie die meisten Ärzte dachte er nur an Komplikationen und pathologische Zustände und hatte sich bereits grauenhafte Kreißsaal-Dramen ausgemalt, zum Beispiel Ersticken, Nabelschnurriß und Schädigungen des zentralen Nervensystems (damals waren vorgeburtliche Diagnosetechniken und Ultraschall noch nicht erfunden). Als er dann meinen roten kleinen Kopf sah, den die Gebärmutter länglich und spitz zurechtgeformt hatte, rief er: »Ah! Eine kleine Nofretete!«

Von diesem Moment an war ich Papas Augenstern und genoß eine ruhige und harmonische Kindheit im behüteten Stadtviertel Professorstaden, das, anders als andere Vororte mit schönen Namen, wirklich hielt, was dieser Name versprach. Ich wuchs also im geborgenen Kultureservat der Gelehrten heran, und sowohl auf mütterlicher als auch auf väterlicher Seite streckten sich prachtvolle Verästelungen akademischer Meriten und Erfolge aus.

Daß mein Vater sehr früh an Lungenkrebs starb, kann als Erklärung für meine seelische Disharmonie nicht ausreichen. Da ich doch immerhin bei seinem Tod schon sechs Jahre zählte, war ich nach allgemein akzeptierter psychologischer Auffassung bereits ein fertiger Mensch, dessen grundlegende Bedürfnisse befriedigt worden waren. Während der folgenden Jahre wurde ich von mir selbst und von meiner Umgebung als offenes und tatkräftiges Mädchen mit jungenhaften Interessen betrachtet. Zu diesen Interessen gehörten beispielsweise Bogenschießen, später Projektionslehre (was mir sowohl in Zeichnen als auch in Mathematik Spitzennoten einbrachte) und eifriges Engagement in einem Hundeliebhaberverein, wo die Dressur von Spürhunden zu meiner Spezialität wurde (meine Mutter hatte, wie viele Nachbarn auch, einen Labrador angeschafft).

Meine Pubertät fiel in eine Zeit, in der die sexuelle Freiheit energisch auf den Schild gehoben wurde. Inges und Stens sexualtherapeutische Kolumnen in der Boulevardpresse wurden in munterer Gesellschaft laut vorgelesen und verbreiteten sich wie erogene Ringe durch die bürgerlichen Stadtviertel Lunds, in denen das Fremdgehen wütete wie ein Lauffeuer. Der Orgasmus wurde wie ein Niesen beschrieben, nur eben am anderen Ende. Natürlich und gesund, aber ansonsten kein Grund zur Aufregung. Natürlich war dabei reichlich Heuchelei mit ihm Spiel, aber diese Haltungen standen der akademischen Bohème ebenso gut wie Isländerpullover, Bart oder Das Kapital .

Nein, die erste Etappe auf meinem Weg zum Erwachsenenleben konnte ich unter einem zumeist pastellgetönten Himmel zurücklegen. Bis ich dann mit fünfzehn Jahren über die Ziellinie stolperte, und zwar in doppelter Hinsicht. Das Streben nach Gleichberechtigung hatte bei den freisinnigen Intellektuellen von Lund Wurzeln geschlagen, weshalb der oberste Wunsch auf meinem Wunschzettel erfüllt wurde und außerdem allgemeinen Beifall fand: ein Moped. Eine Puch Dakota. Und damals trug niemand einen Helm.

Ich fuhr auch nicht in den Straßengraben. Aber mitten auf der friedlichen Wohnstraße lag ein dicker Stein. Ein Wackerstein, den nur das Schicksal dort hingelegt haben konnte, und zwar gleich hinter einer Kurve. Es kam, wie es kommen mußte. Das Schicksal oder der Stein eröffneten meine Zukunft. Ich kollidierte mit diesem Brocken, fiel vom Moped und wurde mit vorübergehender Amnesie ins Krankenhaus gebracht. Als ich wieder zu mir kam und in das verängstigte Gesicht meiner Mutter blickte (ich war ihr einziges Kind), nannte ich sie zum ersten und letzten Mal »miese Fotze«. Meine rational gesonnene Mama betrachtete das als Beweis dafür, daß ich vorübergehend den Verstand verloren hätte und beschloß sofort, einzugreifen und das Sommerhaus in Åhus zu kaufen, auf das sie schon länger ein Auge geworfen hatte. Ich brauchte Ruhe und Klimawechsel und sie brauchte Urlaub von ihren Krebskranken (ich habe wohl noch nicht erwähnt, daß sie Professorin für Onkologie war).

Und in Åhus stolperte ich dann im auf diese Episode folgenden Sommer über Hiob. Ich stolperte im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hatte mir nicht nur eine kräftige Gehirnerschütterung zugezogen, ich hatte mir außerdem den Fuß gebrochen und mußte mich auf Krücken dahinschleppen. Auf dem weißen Sandstrand, den eiskalte Wellen mit höhnischem Glucksen beleckten, traf ich mit der Krücke ein im Sand vergrabenes Jungenbein. Erschrocken trat ich auf meinen gebrochenen Fuß und kippte um. Das Bein, das ich mit der Krücke getroffen hatte, gehörte Hiob. Er öffnete seine vollen Lippen und sagte: »Huch!« Das war vorläufig alles, aber seine Augen glitzerten wie das Meer vor uns, und das Schicksal wollte, daß wir uns gleich am selben Abend wieder begegneten. Am selben Strand, den wir beide intuitiv aufgesucht hatten. Der Blitz schlug zwischen mir und Hiob

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